Das Leid des Minotaurus – Vom Design zum 3D Charakter

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Wenn ihr euch schon mal gefragt habt, was dieses Game Art Studium mit euch eigentlich vor hat, dann seid ihr hier genau richtig! Ich möchte euch nämlich davon erzählen, was ich so alles gelernt habe, und wie ich das Ganze schließlich in meiner Bachelorarbeit anwenden konnte.

Die allgegenwärtigen Designprinzipien

In meiner Bachelorarbeit ging es darum, den Minotaurus nicht als Monster, sondern als glaubwürdiges, vereinsamtes Wesen darzustellen. Und bei genau diesem Satz habt ihr trotzdem den typischen Stierkopf mit Menschenkörper im Gedanken, richtig? Wie schafft man es also, eine so eingefleischte Vorstellung eines mythologischen Wesens zu kippen? Ganz einfach: Die Designprinzipien.

Das mag nun erstmal ein sehr ominöses, großes Wort sein, ist jedoch einer er allerersten Studieninhalte, der im Game Art-Studium vermittelt wird. Denn auf eben diesen Designprinzipien fußt das gesamte Kunstverständnis und Ästhetik. Stichwörter sind hier Kontrast, Balance, Schwerpunkt, Bewegung, Wiederholung und Proportion. Zusätzlich lassen sich die sogenannten Elements of Design hinzuziehen: Formsprache, Line of Action und die Farbpsychologie. Jeder dieser Aspekte beschreibt, wodurch und wann eine Sache ansprechend ist. So zeigt die Wiederholung nicht nur kulturelle Zusammenhänge durch Symboliken, wie es beispielsweise das Kreuz im Christentum tut, sondern mit Zusammenspiel mit der Balance auch, ob ein sich wiederholendes Muster zu rauschend ist, oder einem Rhythmus folgt – und damit ästhetisch und lesbar für den Betrachter ist.

Solche komischen Musterspielereien haben durchaus eine große Rolle in der Entwicklung eines 3D Charakters. Zwar nicht schwarz auf weiß, jedoch stellt man sich eine bestimmte Frage: Wie soll mein 3D Charakter wirken?

Im Character Design spielt besonders die Formsprache eine riesige Rolle. So sind starke, ruhige Charaktere eher quadratisch, während Bösewichte eine dreieckige Form haben. Das muss sich nicht zwingend in ihrer Silhouette wiederspiegeln, oftmals spiegelt sich dies in der Kleidung wieder, mit ganz vielen Anhängseln oder Schmuck. So ein böser Magier wird im klassischen Bild oft in Lila und Grün gehalten – Lila mit seiner Wirkung als “mysteriös” und grün, welches wir direkt als “giftig” verstehen.

Die ersten Schritte zum Design eines 3D Charakters

Für das Design meines Minotaurus wollte ich nun aber Tragik, statt Blutrunst ausdrücken. So entschied ich mich für quadratische und runde Formen und ein weiß-blaues Farbschema. Stark, aber lieb. 

Um mich der gewünschten Wirkung anzunähern, folgten einige Skizzen, durch welche ich mit verschiedenen Designs herum probierte. Mal abgemagert und klapprig, mal sehr muskulös und mal mit viel Fell. Um der menschlichen Emotion des Charakters nahe zu kommen, wurde das finale Design letztenendes ein fast haarloser, hellhäutiger Halbbulle, der sich eher wie ein Gorilla fortbewegt. Klingt komisch, hat aber Sinn: Diese Körperhaltung entspricht der Mitte, zwischen Mensch und Bulle, und ist anhand von Menschenaffen auch realistisch umsetzbar. Der Fellmangel erklärt sich ebenfalls mit der Menschlichkeit – und den warmen Temperaturen auf Kreta. 

In einer wirklichen Spieleproduktion werden bei diesem Arbeitsschritt hunderte verschiedene Concept Art Entwürfe von den verschiedensten Artists angefertigt, von denen die meisten verworfen oder geändert werden, um den perfekten 3D Charakter zu entwerfen. Also – der Charakter, welchen man dann in der fertigen Produktion sieht, hat vorher unzählige verschiedene Stifte und Iterationen seines Designs durchlaufen.

Und so wird aus einem 2D Charakter ein 3D Design:

Da dies nun mein finales Design sein sollte, hatte ich freie Bahn das Wesen zu sculpten- prinzipiell ist das dasselbe, wie eine Statue aus Ton zu arbeiten, nur eben in digital. Hier musste ich mir, dank meiner Vorarbeit, keine weiteren Gedanken um die Optik machen – nur, wie ich sie bestmöglich umsetze.
Mein Ziel war es, den Mino als vollwertigen 3D Charakter für ein Videospiel fertigzustellen. Dabei gilt es solche Sachen wie die Animierfähigkeit zu beachten. Das heißt, die Geometrie (aus der ja alles im virtuellen Raum besteht), muss einen bestimmten Aufbau haben, damit sich Körperstellen ordentlich verformen können. Als Beispiel: Loops um Augen, Nasenlöcher und Mund, die den tatsächlichen Muskelringen folgen, um die Bewegungen der Wirklichkeit nachahmen zu können. Dafür wird eine zweite, weniger hochauflösende Version des Charakters erstellt, auf welche das Detail des Sculpts später projiziert wird; das nennt sich dann Baking. Ist das erledigt, kann das Objekt texturiert und in die Engine importiert werden, wo man es noch nett ausleuchten kann – oder eben in das Videospiel einbauen.

 

Wie der ganze Rest genau vonstatten geht, erfahrt ihr in meinen folgenden Einträgen. Nur Geduld 😉

 

Hier geht’s zu weiteren Infos zum Thema Creature Design und Designprinzipien:

 

https://www.gnomon.edu/blog/10-things-you-need-to-know-to-become-a-creature-designer

 

https://99designs.de/blog/design-tipps/design-prinzipien/

 

https://www.incredibleart.org/files/elements2.htm

 

Info über den Autor

Ein Portrait der Autorin

Schon immer hatte Germaine Pikard einen Stift in der Hand, mit welchem sie Charaktere und Welten entwarf. Nach ihrem Abitur 2018 war es also naheliegend, ein Studium im Bereich Game Art am SAE Institute Bochum anzufangen. Erfolgreich schloss sie dieses mit einem Medienprojekt, welches die Liebe zur Kunst und die Faszination der griechischen Mythologie verbindet, im März 2021 mit einem Bachelor of Arts ab. Des Weiteren arbeitet sie momentan an selbigen SAE-Standort als Fachbereichsassistentin Game Art.

 

Mehr zu Germaine und ihrer Arbeit könnt ihr online finden:

Germaine’s Artstation

Germaine’s Instagram

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