Music Business Student*innen gewinnen den “Best Film & TV Project 2021”-Award mit ihrem Musikvideo für “Baked Cat”

0

Herzlichen Glückwunsch an die Hamburger SAE Studenten- & Absolvent*innen Crew Annabelle Ahlers und Sophie Nedwidek (beide Music Business), die gemeinsam mit den Absolventen Daniel Uhle (Kamera) und Nelis Friedrichs (Regie) mit ihrem großartigen Musikvideo „Say“ der Band “Baked Cat”den SAE Award “Best Film & TV Project 2021” gewonnen haben!

Abbildung 1: Der Award für "SAE Award Best Film & TV Project 2021" vor der Übergabe an die Band und die "Macher*innen"

Abbildung 1: Der Award für “SAE Award Best Film & TV Project 2021” vor der Übergabe an die Band und die “Macher*innen”

Ähh, wie jetzt!? Warum, um alles in der Welt, gewinnt denn ein Music Business Team den Award eines anderen Fachbereichs? Kann ja nur ein Fehler sein. Ist aber wirklich alles korrekt so. Und vor allem: VERDIENT! Denn wenn man sich voll in ein Thema einarbeitet und massiv Zeit investiert, kann´s ja nur gut werden.

Abbildung 2: Regisseur Nelis Friedrichs, Band “Baked Cat”, Kameramann Daniel Uhle, Production Designerin Sophie Nedwidek

Abbildung 2: Regisseur Nelis Friedrichs, Band “Baked Cat”, Kameramann Daniel Uhle, Production Designerin Sophie Nedwidek. Annabelle Ahlers (Sängerin der Band Baked Cat / SAE Music Business Studentin / Verfasserin der Bachelor Arbeit zum Thema; siehe weiter unten hier im Text) hält den Award stellvertretend für das ganze Team in den Händen.

Aber wie kam es dazu und womit ging das Ganze eigentlich los? Alles fing mit der Bachelor Arbeit der Studentin Annabelle und ihrer Band “Baked Cat”, die komplett aus Frauen besteht, an. Female Power, super Musik und tolle Menschen mit 110% Bock auf das, was sie musikalisch, produktionstechnisch und politisch machen. Zu guter Musik gehört ein Musikvideo und da kam Annabelle die Idee, ein Video für einen Song zu produzieren und das Video am International Women Day zu veröffentlichen. Mit dem straighten Umsetzen ihrer Idee traf sie voll ins Schwarze. Aber warum und wie genau? Wir erklären es euch. Los geht´s:

Das Musikvideo wurde vom festen und gelebten Glauben der Band an Frauenrechte inspiriert. Leadsängerin und SAE Studentin (mittlerweile Absolventin) Annabelle hatte die Vision, gesellschaftliche Ideale und Geschlechterrollen in Frage zu stellen, mit dem Ziel, Frauen zu befähigen, ihr eigenes Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Das Video spielt in einem Puppenhaus und die Band wird als Puppen gezeigt, die vier verschiedene, aber typische Stereotypen von Frauen im Laufe der Jahrzehnte repräsentieren. Im Verlauf des Videos erlebt der Zuschauer, wie die Bandmitglieder als Puppen ihren eigenen, freien Willen entwickeln und die Power in sich finden, sich von den Grenzen des patriarchalen Systems, in dem wir als Gesellschaft leben, zu befreien. Aber seht und hört jetzt erstmal selber hinein:

Musikvideo von “Baked Cat” mit dem Titel “Say”

Hier der Link zum Musikvideo: https://youtu.be/jTOpsqvwZRE

Director: Nelis Friedrichs @nelis_friedrichs
Executive Producer: Annabelle Ahlers @annbelieveablez
Director of Photography: Daniel Uhle @danielelhu
Production Design: Sophie Nedwidek @rosefrombelow
Editor: Frithjof Petersen @miesepetersen
VFX Editor: Jonas Bruse @jonas_bruse
Written by : Nelis Friedrichs & Annabelle Ahlers

Baked Cat auf YouTube: https://www.youtube.com/channel/UCTF6…
Baked Cat bei Instagram: https://www.instagram.com/bakedcatofficial/
Baked Cat bei Facebook: https://www.facebook.com/BakedCatBand

Und da Annabelle das Thema Frauenrechte, gesellschaftliche Ideale und Geschlechterrollen mega interessiert, schrieb sie, daran angelehnt, ihre SAE Bachelor Arbeit darüber. Übrigens: Wer ab jetzt hier weiterliest, muss sich Zeit nehmen, bekommt aber dafür einen 110% deep Insight de luxe in ein brandaktuelles Thema unserer Gesellschaft, lernt sehr viel über recherchearbeit, das Planen und Realisieren eines heftigen Musikvideos und erfährt gleichzeit super viel darüber, wie man es schaffen kann, mit “einfachen Mitteln” (kleines Budget), eigener Motivation & Tatkraft und einem tollen Team eine echt oberheftige Medienproduktion realisieren kann.

Abbildung 2: Die Crew am "Baked Cat" Musikvideo Filmset im Einsatz

Abbildung 2: Die Crew am “Baked Cat” Musikvideo Filmset im Einsatz

Anmerkung der Redaktion: Wenn dich das Thema „Girl-Groups in Musikvideos“ ebenso wie jede(n) Einzelne(n) aus unserer SAE Community und die Band Baked Cat interessiert und wissen möchte, wie man (Frau!) das Ganze Thema “Music Business”-technisch am Besten umsetzen kann, sollte ab hier s.u. Annabelles SAE Bachelor Arbeit lesen. Es wird “Music-Business-technisch” ziemlich deep und heavy analysierend und es sind tatsächlich viele Worte, jedoch kannst du auch gleichzeitig erfahren, wie eine SAE Bachelor Arbeit mit einem Award-Winning-Musikvideo als Resultat aufgebaut ist. Also: Bleib ran, viel Spaß beim lesen und let´s go!

Major Project von Annabelle Katharina Ahlers, Bachelor of Arts (Hons.) Music Business

aus dem März 2021 zum Thema

„Girl-Groups in Musikvideos“ – Zur Musikvideo-Produktion im Spannungsfeld zwischen Aussage und Authentizität unter besonderer Berücksichtigung der Vermarktung von genderrelevanten Botschaften in der Pop- und Rock-Musik.“

1.1 Idee des Medienprojekts

„Die Pop-Kultur ist meist ein Abbild unseres soziopolitischen Klimas und wenn sie gut ist, kann sie sogar die Einstellungen der Menschen verändern“ (Lunetta 2020: 52.59).

Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaft, die noch immer von weißen Männern bestimmt wird. Solange in den Entscheidungsrängen kein Ausgleich von Mann und Frau herrscht, werden nicht alle Interessen einbezogen und somit können keine gerechten Entscheidungen getroffen werden.

Die Musikindustrie ist hiervon nicht auszuschließen. Noch bis Ende der 1990er-Jahre waren männlich dominierte Plattenfirmen für die Distribution und Vermarktung von MusikerInnen und Bands verantwortlich. Sie nahmen Einfluss auf die visuelle Darstellung der KünstlerInnen auf LPs, CDs und in Musikvideos, „die häufig stereotype Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit bedienten“ (Godlewsky 2017:49). Die weibliche Inszenierung wurde somit vor allem in der vorherrschenden Popmusik, die in dieser Arbeit im Fokus steht, von der männlichen Sicht geprägt.

Durch den Ausbau des Internets und die Verbreitung von sozialen Medien, können KünstlerInnen sich heute vermehrt selbst inszenieren und vermarkten (vgl. Godlewsky 2017:50) Mit dem Fokus auf Musikvideos, die die Musiker*innen über Plattformen wie YouTube verbreiten, werden visuelle Darstellungsmuster und Gestaltungsstrategien der Selbst- und Geschlechterinszenierung, sowie ästhetische Inspirationsquellen und Trends sichtbar. Die vorliegende Untersuchung nimmt explizit Musikerinnen in den Blick und geht deren Selbst- und Geschlechterinszenierungen in Musikvideos nach. Die Frage, wie sich die unterschiedlichen Darstellungsmuster vermarkten lassen und welche genderrelevanten Botschaften sie vermitteln, ist ein zentraler Bestandteil dieser Arbeit.

Die Idee meiner Honoursarbeit basiert auf der Produktion eines Musikvideoclips zu dem Song „Say“ von der Band Baked Cat. Die Band besteht mit mir als Sängerin aus drei weiteren, ebenfalls weiblichen Mitgliedern, die zudem teils homosexuell sind. Deshalb ist es aus unserer Sicht eine Pflicht, mit Musik zur Gleichberechtigung aufzurufen, Diversität immer als zentralen Bestandteil der Band aufzuzeigen und das Bild der Frau revolutionieren zu wollen.

Als heterosexuelle weiße Frau fühle mich verantwortlich, auch andere Kulturen und Lebenssituationen zu berücksichtigen und sie in mein Weltbild mit einzubeziehen. Das Musikvideo thematisiert allerdings nur die Unterdrückung der Frauen des globalen Nordens. Wir haben uns in diesem Musikvideo dazu entschieden, nur von Frauenbildern, Erfahrungen und Gefühlen zu erzählen, von denen wir selbst betroffen sind und auf die wir uns beziehen können. Ich selbst hatte immer das Gefühl gleichberechtigt zu sein. Den hierarchischen Unterschied in der Gesellschaft zwischen Männern und Frauen lernte ich erst kennen, als ich älter wurde. Für mich war es selbstverständlich das gleiche verdienen zu können wie Männer und die gleichen Möglichkeiten als Kreative, als Sängerin und Managerin zu haben. Meinen Eltern war immer am wichtigsten, dass ich mein Leben nicht nach einem Mann richte, meinen Weg selbstbestimmt gehe, das Leben genieße und meine Träume verfolge. Unabhängigkeit hatte in meiner Familie immer hohe Priorität. Als ich meine Band gründete, war für uns zunächst einmal die Intention Musik zu machen. Das Ziel berühmt zu werden, schob ich immer beiseite, denn es nimmt die Leichtigkeit der Kreativität. Gerade als Frau wird zuerst über dein Äußeres geurteilt und danach erst über die Musik. Ich will meine Musik nicht verteidigen müssen, sondern sie soll Spaß machen und zum Nachdenken anregen. Denn Musik gibt mir eine Stimme und der Fakt, dass wir vier Frauen in der Band sind, eine Position. Meiner Beobachtung nach ist besonders die visuelle Darstellung von Künstlerinnen durch eine lange Historie von stereotypen Geschlechterdarstellungen geprägt, die es zu überwinden gilt. Für uns als Band war klar, dass wir uns positionieren müssen.

In dem Musikvideo, das als Medienprojekt für diese Arbeit dient, habe ich versucht, die Kritik an der Sichtweise auf die Frau zwar offensichtlich und doch unterschwellig zu vermitteln. Das Musikvideo trägt die Botschaft „benutz mich nicht als deine Puppe“. Es zeigt die vier Musikerinnen als Puppen verkleidet und als Marionetten inszeniert. Klischees werden aufgegriffen und im nächsten Schritt durchbrochen. Wir zeigen, wie vier Marionetten die Macht über sich selbst zurückgewinnen und überwinden somit visuelle Hierarchien und stereotype Geschlechterrollen.

Der schriftliche Teil soll Bezug auf feministische Musikvideoclips von anderen Musikerinnen nehmen und diese analysieren in Hinblick auf ihre Inszenierung und Botschaft. Dadurch wird erkennbar, wie andere und auch ich als Sängerin das Problem lösen, als Frau einerseits eine Botschaft vermitteln zu wollen und andererseits als attraktiv wahrgenommen zu werden. Feministische Bewegungen wie die sogenannte Third Wave, Postfeminismus oder Popfeminismus sollen betrachtet werden und in die Analyse der Auswirkungen und Vermarktungsstrategien einbezogen werden. Biografien und Interviews oder Diskussionsrunden von und über Künstlerinnen bzw. weibliche Personen in der Öffentlichkeit, Artikel und Bücher über Themen wie Popkultur und Feminismus helfen mir, die Konfliktlinien zu verstehen. Außerdem habe ich zwei Musikvideo Analysen durchgeführt und Feedback zu meinem Musikvideo ausgewertet.

 

1.2 Zielsetzung

Das Ziel dieser Bachelor-Arbeit ist die Erstellung eines dreiminütigen Musikvideos, in dem eine Band, bestehend aus ausschließlich Musikerinnen, in Hinblick auf ihre Vermarktung, inszeniert wird. In diesem Prozess muss überprüft werden, wie Girl-Groups, die der Pop-Musik angehören, üblicherweise in Video-Clips präsentiert werden und welche genderrelevanten Botschaften dabei gesendet werden. Der schriftliche Teil soll in 7500 Wörtern Argumentationslinien in der ästhetischen Kritik aufzeigen und analytisch Musikvideos reflektieren. Die Zielgruppe sind hierbei vor allem Frauen aus dem globalen Norden zwischen 16 und 35 Jahren. Sie sind von dem hier diskutierten Frauenbild betroffen, setzen sich mit dem Thema Feminismus auseinander und sind aktive Nutzerinnen von Medien, Musik und Videos. Das Musikvideo und auch die schriftliche Arbeit sollen einen Beitrag zur feministischen Debatte und einen Schritt hin zur Gleichberechtigung bewirken und idealerweise andere Menschen inspirieren. Ich möchte darauf hinweisen, dass und inwiefern Frauen in Medien eingeschränkt dargestellt werden und wo diese Darstellungsformen ihren Ursprung haben. Deshalb sollen die Arbeit und das Medienprojekt nicht nur Lesern und Konsumenten auf Diploma SAE Niveau und aus dem Fachbereich Music Business zugänglich sein. Da das Musikvideo im Internet veröffentlicht ist, ist es der Allgemeinheit zugänglich und soll zur Bekanntheit der Band beitragen.

 

1.3 Verortung in der Industrie

Das Projekt untersucht die Inszenierung der Frau in Medien und nimmt Position zu weiblichen Geschlechterrollen im Musikbusiness und in der Kultur. Das Musikvideo findet in dem Genre Pop statt und dient den Marketing- Zwecken der Band. Durch seine Botschaft ist es Teil der Pop-Kultur und übt Kritik an der nicht vorhandenen Gleichstellung von Frauen. Das audiovisuelle Marketinginstrument kann den Bereichen der Video- und Musik- Industrie zugeordnet werden. Es wurde auf YouTube veröffentlicht und gilt in erster Linie der Promotion für den englischsprachigen Song „Say“ von der Newcomer Band Baked Cat. Somit ist es auch in den sozialen Netzwerken, wie Instagram, Facebook oder allgemein im Internet, wie auf unserer künftigen Band-Website zu finden, wodurch es weltweit zugänglich ist.

 

2 Theoretischer Teil

2.1 Trends und Strömungen in der Musikvermarktung

2020 zeigt umso deutlicher, dass eine enorme Entwicklung hin zur Digitalisierung und hierbei weiter zu crossmedialen Angeboten stattgefunden hat. Eine weltweite Pandemie beschränkte unseren Alltag und ließ uns fast ausschließlich nur noch online kommunizieren. Trotz des eingeschränkten persönlichen Kontakts entfachte gleichzeitig eine Bewegung gegen Rassismus und Polizeigewalt, ausgelöst von dem gewaltsamen Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyd, die weltweit Wellen geschlagen hat. Die Bewegung, die sich schon 2013 mit dem Slogan #BlackLivesMatter zusammengefunden hat, bekam eine „nie da gewesene Aufmerksamkeit“ (vgl. ZeitOnline o. J.).

Ein großer Teil unseres Lebens; Ereignisse, Trends, Bewegungen, Zusammenkünfte und vieles mehr finden in extremer Form virtuell statt und gehen längst über Landesgrenzen hinaus. Auch schon im Jahr 2017 hat sich eine feministische Bewegung unter dem Hashtag #metoo gebildet. Diese erlangte in kürzester Zeit weltweite Aufmerksamkeit, indem insbesondere prominente Frauen öffentlich über Sexismus und sexuelle Übergriffe sprachen und damit ihr Schweigen brachen (vgl. Maryville University 2019).

Doch verschwimmen bei allem Engagement und sozialen Verbindungen regelrecht die Grenzen zwischen sozialen und wirtschaftlichen Interessen. Im Jahr 2015 waren es laut dem Statista Research Department 2,08 Milliarden aktive Social Media NutzerInnen (vgl. Statista Research Department 2021). Im Jahr 2022 wird sich die Anzahl von Social Media NutzerInnen wahrscheinlich verdoppelt haben (vgl. Tjepkema 2019). Instagram und Co ist jedoch nicht nur im privaten Gebrauch etabliert. Eine Umfrage des Bitkom, die 2015 durchgeführt wurde, hat ergeben, dass 75% der deutschen Unternehmen Social Media nutzen (vgl. Bitkom 2015). Sie wollen mit ihren KäuferInnen interagieren und Markenbekanntheit aufbauen (vgl. melonmedia Team 2016). So setzt beispielsweise der Werbespot von Gillette auf die MeToo-Bewegung und wendet sich der „weichen“ Seite des Mannes zu, der im Zusammenhang mit der Sexismus-Debatte seine Sozialisierung hinterfragen solle (vgl. Gillette 2019: 1.48).

Die Musikbranche war als eine der ersten Branchen von der Digitalisierung betroffen. Die Umsatzanteile aus dem Musikverkauf des Digitalgeschäfts haben die von physischen Tonträgern längst übertroffen.

Im Jahr 2020 ist der digitale Marktanteil um 7,5% Prozent zum Vorjahr weiter angestiegen. Audio-Streaming steigerte den bereits hohen Anteil (55,5 % Marktanteil 2019) auf 63,4% am Gesamtmarkt. Dabei ist das zweitstärkste Format des deutschen physischen Marktes, die CD, deutlich zurückgegangen (-18 %). Nur der Umsatz mit Schallplatten hat um 0,7% zugenommen.

Die schnelle Zunahme des digitalen Marktes ist besonders durch die Pandemie vorangetrieben worden. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Gesamtumsatz um 9% gestiegen (vgl. Herrenbrück 2021). Musikfirmen müssen somit immer mehr auf den digitalen Markt setzen und die KünstlerInnen über verschiedene Plattformen vermarkten. Damit sich die „bereits etablierten Repräsentationsmöglichkeiten“ mit den hinzugekommenen Verkaufsplattformen ergänzen können, wird „ein wiedererkennbares, konsistentes Designkonzept immer wichtiger“ (Godlewsky 2017:50f). Da es immer weniger große Plattenfirmen und viel kleinere Budgets gibt, haben die MusikerInnen in Bezug auf den Vertrieb und die Vermarktung ihrer Musik heute eine größere Verantwortung, aber auch mehr Möglichkeiten der Selbstbestimmung (vgl. Godlewsky 2017:50f). Jedoch muss für die Kanäle ein hoher Aufwand betrieben werden, der alleine kaum zu bewältigen ist. Sie müssen Fotos, Illustrationen, Videos und Animationen herstellen und mit ihrem Publikum, das dieselben Plattformen nutzt, interagieren (vgl. Godlewsky 2017:50f).

Die Performance der Social Media Kanäle ist das Aushängeschild für den Erfolg der KünstlerInnen. So erhoffen sich KünstlerInnen und auch InfluencerInnen durch eine größere Reichweite bessere Karrierechancen; in anderen Worten umso höher die Anzahl ihrer Abonnenten, desto erfolgreicher sind sie. Doch um wahrgenommen zu werden und ihr Image allumfassend sichtbar zu machen, müssen KünstlerInnen auf verschiedenen Plattformen vertreten sein, wie Instagram, YouTube, TikTok und Twitter. Überall muss ihre Musik und ihre künstlerische Identität nach Außen kommuniziert und geteilt werden (vgl. Godlewsky 2017:50f). Videos sind dabei die beliebteste Beitragsform. In einem Report von Debra Aho Williamson heißt es, dass Videos, ob Kurzvideos als User Generated Content auf TikTok, Instagram Reels und Snapchat Spotlight, oder Livestream und Stories, der größte Social Media Trend 2021 sind und sich weiterhin durchsetzen werden (vgl. Williamson 2021).

Da enorm viele Content Creator um die begehrten Plätze auf den Social Media Plattformen konkurieren, und sie mehr Zeit haben, sich auf ein Interessensgebiet zu konzentrieren, können KünstlerInnen, die heutzutage mehrere Interessen gleichzeitig erfüllen müssen, kaum mithalten (vgl. Burstimo 2019: 25:50-26:03). Liberty Wilson, Senior Marketing Managerin bei Virgin EMI erklärt im Interview “It is hard for artists to understand how to sort of create the world around them but I think that it’s sort of completely necessary if you look at artists who are incredibly successful. They have created a world, regardless of what ever that world might be, whether you look at someone like Katy Perry who as created that world to the extreme of teenage dream or you look at someone like Luis who has created the world of being funny or humor, you know that’s his world.” (Burstimo 2019:22:10-27:00).

Die MaLisa Stiftung hat festgestellt, dass Online-Plattformen wie YouTube und Instagram jedem erstmal eine neue Chance bieten sich darzustellen (vgl. Furtwängler & Furtwängler 2019:2). KünstlerInnen werden immer häufiger und fast ausschließlich über das Internet entdeckt und berühmt, Beispiele sind Rita Ora oder Shawn Mendes, denen die Plattform YouTube zum Erfolg verholfen hat (vgl. IBB Redaktion o. J.).

Wie sich in der folgenden Abbildung erkennen lässt, sind unter den ersten zehn der meist genutzten YouTube- Videos aller Zeiten bis April 2020 ausschließlich Musikvideos aufgelistet. Keine andere Kategorie ist so begehrt bei den Endkonsumenten. Dabei sind Musikvideos immer wieder ein umstrittenes Medium, vor allem was die Übermittlung von Werten betrifft und die Zurschaustellung von Sex, Gewalt und Drogen.

Wie die vorangegangene Abbildung, als auch das Ergebnis einer Studie der MaLisa Stiftung zeigen, sind Frauen bei YouTube insgesamt unterrepräsentiert. 69% der HauptakteurInnen in Videos sind männlich, nur 29% sind weiblich und den geringsten Anteil machen mit 2% Inter-, trans- oder sonstigen AkteurInnen aus. Durch dieses Ungleichgewicht wird ein einseitiges Rollenverständnis transportiert.

Wenn Frauen als Hauptakteurinnen in Videos vorkommen, dann vor allem mit Tätigkeiten, wie nähen, basteln oder schminken (vgl. Furtwängler & Furtwängler 2019:2). Bei männlichen Akteuren ist es sehr viel häufiger die berufliche Tätigkeit, die thematisiert wird (vgl. Furtwängler & Furtwängler 2019:2). Der Content von Frauen ist meist dann erfolgreich, wenn sie einem Rollenbild entsprechen, das laut Maria und Elisabeth Furtwängler (2019: 2), die die Studie ins Leben gerufen hat, dem der 50er-Jahre entspricht.

Zudem schreibt sie, dass auch in Musikvideos, die mittlerweile hauptsächlich über YouTube konsumiert werden, Frauen noch immer sexy und passiv inszeniert werden. Sie entsprechen häufig dem normierten Schönheitsideal.

(vgl. Furtwängler & Furtwängler 2019:3). Diese Stereotypisierung hat wenig mit freier Wahl zu tun, wie die Studie ebenfalls zeigt. “Eine starke eigene Meinung schmälert deinen finanziellen Wert, weil sich dann bestimmte Firmen nicht mehr mit dir zeigen wollen”, sagte eine YouTuberin im Interview für die Studie (vgl. Furtwängler & Furtwängler 2019:12).

Vor allem jugendliche KonsumentInnen betrachten InfluencerInnen als Vorbilder und ahmen deren Posen und Aussehen nach (vgl. Furtwängler & Furtwängler 2019:3). Die Generation Z (1 Generation X (1966-1980), Generation Y (1981-1995), Generation Z (ab 1996)) ist für Werbetreibende deshalb besonders interessant. Sie sind „die neuen Kunden“, so Chefredakteur Frank Kemper (2019). Rund 90,7 Prozent der Generation Z nutzten laut einer Umfrage im Jahr 2020 mehrmals in der Woche die sozialen Medien, wie zum Beispiel Facebook, Twitter, Instagram oder WhatsApp. In der Generation Y waren es rund 81,7 Prozent. Von der Generation X nutzten rund 68,1 Prozent Social Media mehrmals wöchentlich (vgl. Pawlik 2021). Generation Z ist „die erste Generation, die ein Leben ohne Internet nicht mehr kennt“, schreibt Frank Kemper (2019) in seinem Artikel und stellt ihren enormen wirtschaftlichen Einfluss heraus. Nach Erhebungen des Performance-Marketing-Anbieters Criteo gibt ein typischer Vertreter diese Gruppe 389 US-Dollar im Quartal nur für Unterhaltungselektronik aus (vgl. Kemper 2019). Ungefähr 60 Prozent davon werden online verkauft. Da 12- bis 26-Jährige oft noch nicht finanziell eigenständig agieren, beeinflussen sie zudem ihre Eltern in Kaufentscheidungen (vgl. Kemper 2019).

Es sind also die jungen Leute, deren Interessen im Vordergrund stehen, die unser Miteinander, den Umgang mit Inhalten, Technologien und die Entwicklung unserer Kultur bestimmen. „Dabei ändern sich ihre Gewohnheiten genauso schnell wie ihre Stimmungen, Vorlieben und Momente“ (Ostroff 2020:2). Die Trend-App TikTok scheint die Interessen der Generation Z mit kurzen Videos und vielen Effektmöglichkeiten gebündelt zu haben. Sie ist vor WhatsApp, Facebook und Instagram die am Häufigsten heruntergeladene App. Im Februar 2020 hat TikTok einen Allzeitrekord erzielt mit 113 Millionen Downloads (vgl. Chapple 2020). Die NutzerInnen können kostenlos und ohne großen Aufwand bis zu 60 Sekunden lange Videos erstellen und teilen. Die App stellt eine große Auswahl an Hilfsmitteln und Sounds zur Verfügung: Von Filtern, Zeitraffern bis hin zu bekannten Musikstücken, kurzen Momenten aus TV-Shows oder YouTube-Videos ist so gut wie alles dabei. Dadurch bekommen nicht nur Video-Clips, sondern auch Musik eine neue Wertigkeit. Musikfans sind nicht mehr nur rein passive Konsumenten, sondern gestalten aktiv lippensynchrone Video-Clips zu ihren Lieblingssongs, Sketche mit Musik und nehmen an Tanzchallenges zu Liedern teil (vgl. Herbstreuth 2020). Sie inszenieren sich selber zu bestimmten Sounds. Dadurch hat die App TikTok einen enormen Einfluss auf die Musikindustrie. Viele Songs werden erst durch TikTok zum Hit. So zum Beispiel „Old Town Road“ von Lil Nas X, „Say So“ von Doja Cat oder „ily“ Surf Mesa, zu denen von Hunderttausenden UserInnen kleine Videos gepostet wurden.

Die App ist das aktuellste Beispiel davon, wie die Zusammenstellung der Charts erneut verändert wird. Dadurch ändern sich auch Vermarktungsstrategien, die Suche von A&R’s nach neuen KünstlerInnen, und die Gestaltung von Inhalten, die KünstlerInnen mit ihren Fans über die Plattform teilen. Die Interaktion mit den Fans ist intensiver, schneller und persönlicher geworden (vgl. Herbstreuth 2020). „It’s showing that people want to do more with music than just to listen to it, they want to interact with it; they want to touch it.” erklärt Nick Sylvester den Erfolg der Plattform (vgl. Harris 2020). Der Musikproduzent war bereits für verschiedene Erfolgssongs auf TikTok verantwortlich (vgl. Harris 2020).

Wie die genannten sozialen Bewegungen, die vor allem online stattgefunden haben, zeigen, wollen sich NutzerInnen nicht nur zur Musik selbst inszenieren, sie wollen sich selbst verwirklichen, mit dem Ziel Stellung zu beziehen, sich für etwas zu engagieren und andere zu inspirieren (vgl. Ostroff 2020:16).

 

2.2 Das Frauenbild der Postmoderne

2.2.1 Konfliktlinie in der (post-)feministischen Diskussion

Im Feminismus kommen viele verschiedene Bewegungen und Theorien zusammen, die unterschiedliche Themen hervorheben. Ihre Anliegen können sich zwar auch auseinandergehen, aber gemeinsam setzen sie sich für die Gleichstellung aller Menschen und gegen Sexismus und die Diskriminierung von Frauen ein. FeministInnen kritisieren, dass die meiste Macht bei den Männern liegt, wie beispielsweise der Zugang zu Geld, die Macht über Personen, wer als kompetent angesehen wird oder wem historische Bedeutung zugeschrieben wird (vgl. Genderdings o. J.). Es geht bei Feminismus nicht darum den Männern ihren Wert abzusprechen, sondern darum Gleichstellung zu erlangen und mehr Selbstbestimmung für alle zu erreichen. Feminismus, spezifischer der intersektionale Feminismus, versucht verschiedene Formen von Diskriminierung mitzudenken und unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen, wie die von schwarzen Frauen, armen und behinderten Frauen, queeren Frauen, inter* und trans*Personen (vgl. Genderdings o. J.).

Postfeminismus ist eine gegenwärtige Strömung des Feminismus, die vor allem in den USA oft auch unter dem Begriff „Third Wave Feminism“ zusammengefasst wird, um „eine neue Ära des Feminismus“ zu markieren (vgl. Gill & Scharff 2013:3). Der Unterschied zwischen Third Wave Feminism und Postfeminismus wird im Laufe des Kapitels deutlich. Postfeminismus bleibt jedoch zunächst unspezifisch und muss im Folgenden in einem größeren Kontext betrachtet werden.

Gill und Scharff haben vier verschiedene Weisen zusammengefasst, wie der Begriff Postfeminismus verstanden werden kann (vgl. Gill & Scharff 2013:3). Oft wird Postfeminismus in einen negativen Kontext gesetzt. Er sei „eine Gegenreaktion“ auf den Feminismus, der Frauen erst zu ihrem Unglück geführt habe (vgl. Gill & Scharff 2013:3).

Feminismus würde alle anderen Gruppierungen verurteilen und ausschließen und ein hysterisches Frauenbild abgeben. Gill und Scharff (2013:3) beziehen sich unter anderem auf Tasker und Negra (2007:1), die meinen, Postfeminismus markiere „die Vergangenheit von feministischem Aktivismus“ und dass angenommen wird, die Gleichstellung der Geschlechter sei erreicht. Gleichzeitig scheint er aber „eine weiterführende Transformation und Wandel“ des Feminismus zu sein, der einen „Bruch“ innerhalb des Feminismus und eine „Kreuzung“ mit anderen Bewegungen wie der Postmoderne, Poststrukturalismus und Postkolonialismus darstellt (vgl. Gill & Scharff 2013:3).

Rosalind Gill weist auf ihren Ansatz der „postfemnisitischen Sensibilität“ hin. Sie geht von einer „Verstrickung von feministischen und anti-feministischen Ideen“ aus (vgl. Gill & Scharff 2013:4). Sie bezieht sich auf die bekannte feministische Kulturtheoretikerin Angela McRobbie, die bereits hervorgehoben hat, dass in der postfeministischen Kultur „selektiv definierter Feminismus beides ist: berücksichtigt und abgelehnt“ (vgl. Gill & Scharff 2013:4).

Viele junge Frauen fordern zwar Gleichberechtigung, wenden sich aber gegen den Feminismus (vgl. Kühne 2010). In Folge 08 des Podcasts „Feminismus mit Vorsatz“ stellt die Sprecherin Laura Vorsatz (2020: 1:30-1:32). die Frage „Was hindert Dich daran Dich FeministIn zu nennen?“ und spielt daraufhin Sprachnachrichten von HörerInnen ab, die auf diese Frage per Messenger geantwortet haben. Die Antworten fasst sie anschließend wie folgt zusammen:

„Das Label Feminismus stellt das weibliche Geschlecht zu sehr in den Vordergrund, aber „Emanze“ ist ein Schimpfwort. Wenn dann haben andere Länder Probleme mit Gleichberechtigung; FeministInnen sind manchmal einfach zu kleinkariert und radikal und überhaupt es gibt Wichtigeres als Feminismus, zum Beispiel den Systemwechsel“ (Vorsatz 2020: 5:35-5:55).

Auch bekannte Persönlichkeiten und vor allem Politikerinnen wenden sich gegen das Label „FeministIn“. Anja Kühne (2010) verweist in ihrem Artikel „Aufstieg in High Heels“ auf die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin, die ‚gleiche Karrierechancen‘ für Frauen fordert, jedoch gleichzeitig die Frauenbewegung nieder macht, „die angeblich jeden Mann als Aggressor betrachte“. Auch die Grünen-Politikerin Tina Schulze, in ihrer Funktion als studentische Mitarbeiterin im Gleichstellungsbüro der Uni Wuppertal, wird in ihrer Aussage gegenüber dem Tagesspiegel von Anja Kühne (2010) wiedergegeben: „Bei den Feministinnen ‚alten Typs‘ handle es sich um ‚ungeschminkte Birkenstockträgerinnen‘, die der weiblichen Freiheit auf ‚knappes Outfit‘, ‚High Heels‘ und ‚Brustvergrößerung‘ im Wege stehen, und so fordert sie einen ‚neuen Feminismus‘.“

Dabei hat die Frauenbewegung die Machtstrukturen innerhalb der Gesellschaft mit Erfolg angegriffen und verändert und Frauen der neuen Generationen ein selbstbestimmteres Leben ermöglicht. Man spricht von Wellen des Feminismus, von denen bisher zwei erfolgreich stattgefunden haben. Die Entwicklungen in den USA und in Europa sind ähnlich verlaufen, weisen aber auch (zeitliche) Unterschiede auf. Im Verlauf dieses Kapitels werden die Unterschiedlichkeiten nicht beachtet.

Die erste Welle des Feminismus fand vom 19. bis ins 20. Jahrhundert statt und war stark von dem Ziel der Französischen Revolution, der Gleichheit aller Menschen, und den Ideen der Aufklärung geprägt (vgl. Von Bargen o. J.). Die feministische Bewegung kämpfte um das Frauenwahlrecht und gleiche Bildungschancen. „Nach einer langen, parlamentarisch erfolglosen Kampagne für das Frauenstimmrecht“, fand die erste Welle des Feminismus ihren Höhepunkt, als die britische Suffragettenbewegung hervorkam und internationales Aufsehen erregte (vgl. Günther 2018). Die Frauen erkämpften sich das Recht zu wählen, sich scheiden zu lassen, das Recht auf Bildung und auf Eigentum (vgl. Von Bargen o.J.). Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurde die Frauenbewegung der ersten Welle zurückgeworfen und zum Teil aufgelöst (vgl. Von Bargen o. J.).

Nach dem 2. Weltkrieg lebte in Deutschland die Frauenbewegung wieder auf (vgl. Von Bargen o. J.). Während den 1960ern entstand die zweite Welle des Feminismus, beeinflusst und inspiriert von der Bürgerrechtsbewegung in den USA. Die Bewegung fokussierte sich auf die Rechte der AfroamerikanerInnen, war gegen Rassismus und soziale Benachteiligung. So fühlten sich auch andere nationale oder ethische Minderheiten der USA aufgerufen ihre Stimme zu erheben. (vgl. Elliott 2017). Die mehrheitlich weiße Frauenbewegung begann in der zweiten Welle Themen wie Rassismus zu berücksichtigen (vgl. Von Bargen o. J.). Für Frauen stand Sexualität, Selbstbestimmungsrechte und Arbeitskonditionen im Fokus. Zu den vielen Erfolgen dieser Bewegung zählen Bildungsgleichheit, Legalisierung von Abtreibungen, Zulassung zu Militärakademien, gleiche Kreditwürdigkeit, und dass Vergewaltigungen in der Ehe zu einem Straftatbestand ernannt worden sind (vgl. Des Harris 2015: 3:22-4:25).

In den 1980ern wurde die Frauenbewegung vielfältiger (vgl. Von Bargen o. J.). Es entwickelten sich verschiedene Gruppen von Frauen (Mütter, Migrantinnen, Lesben, etc.) um die jeweiligen Interessen und Anliegen besser vertreten zu können (vgl. Von Bargen o. J.). Die dritte Welle des Feminismus bezeichnet sich deshalb als eine neue eigenständige Generation der Frauenbewegung. Rechtliche Gleichstellung von Frauen war durch die erste und zweite Welle erreicht worden. Die dritte Welle berücksichtigt den Feminismus zwar, will aber essenzielle Definitionen von Weiblichkeit vermeiden und sich für Kollektivrechte stark machen, für Diversität, queere und offene Konzepte von Geschlechtlichkeit (vgl. Schrupp o. J.). Antje Schrupp geht in ihrem Artikel „Third-Wave- Feminismus“ auf die bekannte afro-amerikanische Feminsitin Alice Walker ein und weist auf ihre Aufsatzsammlung „To be real. Telling the Truth and Changing the Face of Feminism” hin. In diesem Werk wurde sich mit der Frage beschäftigt, was denn eine „richtige“ Feministin sein, statt, wie noch in den siebziger Jahren, sich Frauen von Zuschreibungen und Zumutungen befreit haben, die eine „richtige“ Frau auf eine bestimmte Rolle festlegen wollten (vgl. Schrupp o. J.).

Es kam die Meinung auf „Frauen unterlägen keinerlei sozialen Ungerechtigkeiten oder Herrschaftsverhältnissen mehr, die sie behindern könnten. Ihr Leben (…) sei einzig und allein das Ergebnis ihrer eigenen Entscheidungen. Verbliebene Machtunterschiede zwischen Frauen und Männern werden allesamt als Resultat individueller Entscheidungen verstanden, nicht als das von kulturellen Kräften oder ungerechten soziopolitischen Systemen.“ (Gill 2018)

Als Ausläufer der zweiten Frauenbewegung entwickelte sich ein postmodernes Gesellschaftsbild, das vermittelte „jeder darf nach seiner Fasson glücklich werden“ (Schrupp o. J.). Vielen Frauen nahm das den Druck, einem bestimmten Rollenbild entsprechen zu müssen (vgl. Von Bargen o. J.).

Zeitgleich zur dritten Welle des Feminismus entwickelte sich also eine „postfeministische Sensiblität“ (Gill & Scharff 2013:4) Die poststrukturalistischen Gedanken „on examining one’s personal life, on exploring its many contradictions, desires, pleasures and fun marks one especially salient example of the overlaps and similarities between third-wave and postfeminisms“ (Braithwaite 2002:339). Beispiele für diese zwei ähnlichen und doch zwiespältigen Entwicklungen des Feminismus finden sich im Slogan „Girl Power“, der die weibliche Musikszene der 90er-Jahre dominierte.

In den 90er Jahren wurde Frauen deutlich gemacht, dass die Punk-Szene den Männern gehöre. Ihre Reaktion auf diese Missstände war die amerikanische Riot Grrrl Bewegung, die sich den „Third-Wavers“ zuordnen lässt (vgl. Volkmann 2011:244). Sie gründeten Punkrockbands und forderten Mädchen explizit dazu auf, sich bei ihren Konzerten in die erste Reihe zu stellen. Sie begannen sich aktiv in eine männlich dominierte Kultur einzumischen, gründeten Fanzines und berichteten über intime Themen wie sexuellen Missbrauch und Homophobie (vgl. Stein 2016). „Instead of retreating, they decided to re-create it as their own – infusioning it with new, girl-positive, feminist significance to combat the scenes’ apparently masculinists roots”, so Kathleen Hanna, eine der prominentesten Vertreterinnen der Bewegung und lange Zeit Mitglied der Bands Bikini Kill und Le Tigre (vgl. Original Garrison 2001:155, zit. n. Volkmann 2011:251).

Ebenfalls in den 90er Jahren entstand, als eine Folge der Riot Grrrl Bewegung, die Girlie-Bewegung. Zu eine der bekanntesten Vertreterinnen gehören die britische, kommerziell erfolgreiche Girl-Group Spice Girls. Sie nutzten „Girl Power“ als Verkaufsargument und Ideologie zugleich (vgl. Stein 2016). „Zur ‚Girl Power‘-Ideologie gehören weibliche Solidarität, Selbstermächtigung, ein gewisser Selbsthilfe-Ethos: Frau kann alles schaffen, wenn sie nur fest genug an sich glaubt“, erklärt Germanistin Dr. Maren Volkmann der Bild (vgl. Stein 2016). Das Problem liegt darin, dass den Fans vorgetäuscht würde, ‚Girl-Power‘ wäre käuflich. „Da die Spice Girls sie bereits besitzen, liegt es für Fans nahe, sie zu kopieren“ mit den Produkten, die sie herstellen oder die auch sie benutzen (vgl. Stein 2016). „Wer ‚Girl Power‘ will, wird automatisch zur Konsumentin. Und wer konsumiert, bleibt passiv“, so Volkmann (vgl. Stein 2016). Girl Power in postfeministischem Sinne wird als individuelle Macht verstanden. Werbekampagnen, die insbesondere auf junge Mädchen abzielen, versprechen, „dass es jede Frau mit ‚Girl Power‘ schaffen könne, ihre Ziele zu erreichen.“ (Volkmann 2011:244).

In Deutschland gelten die Bücher „Alpha-Mädchen“ oder „Neue F-Klasse“ als bekannte postfeministische Werke (vgl. Kühne 2010). Anja Kühne (2010) nimmt Bezug auf Jutta Limbach, die die Belange der „Alpha-Mädchen“ mit „persönliches Recht auf Spaß an beruflichem Erfolg, an Konsum und an gutem Sex“ beschreibt. In diversen Werken wird neben den Spice Girls auch die Serie „Sex and the City“ erwähnt, die „die vorherrschende Geschlechterlandschaft in der zeitgenössischen Kultur“ geprägt haben (vgl. Gill 2018). „Sie markieren eine Verlagerung von Masochismus in traditioneller patriarchalischer Struktur zu Selbstermächtigung in Form von Narzissmus und Hedonismus.“ (Marco Des Harris 2015:7:37-8:00). Das Zelebrieren von „Girlpower” und die neu gewonnene Freiheit von Frauen bringt neue Probleme hervor. „Frauen sehen sich nun erneut mit dem Zwang des Schönseins konfrontiert.“ (Haas 2006:10). Es ist als ob ihr Wert davon abhängen würde (vgl. Siebel 2011: 01.30.00).

„Das Stereotyp von der glücklichen Ehefrau wurde vom schlanken, jugendlichen Supermodel ersetzt. Mit dem Effekt, dass die Ernährungs- und Kosmetikindustrie die soziale Kontrolle darüber ausübt, wie Frauen sich zu verhalten haben. Der neurotische Versuch, dem Schönheitsideal zu entsprechen, mündet schlussendlich in einer selbstgewählten Abhängigkeit von äußeren Erscheinungsformen, die von kapitalistischen Strukturen diktiert ist.“, so Birgit Haas (2006:10).

Bei jedem Typ von Massenmedien sehen wir die weit verbreitete Akzeptanz von Frauen als Sexobjekte, „im Grunde nur schöne Hüllen“ (Siebel 2011: 01.30.00). „Freiheit ist nun die Freiheit zur Brustvergrößerung“ schreibt Anja Kühne (2010) in ihrem Artikel „Aufstieg in High Heels“ und weist auf Angela McRobbie hin, die beobachtet hat, dass „Frauen ihre ‚Feminität‘ dramatisch betonen, um dem eigenen Erfolg im neuen Arbeitsmarkt die Bedrohlichkeit zu nehmen.“ Weiter sagt McRobbie, dass starke Frauen leicht als unweiblich gelten. Beruflich erfolgreiche Frauen seien den herrschenden Normen nach „nichts anderes als ‚männliche‘ Frauen.“ (Kühne 2010). Die extreme Inszenierung ihrer Weiblichkeit beschreibt McRobbie als die „`postfeministische Maskerade‘, eine „Scheinemanzipation“ (vgl. Kühne 2010).

„Das eingeforderte „Unternehmertum” beschränkt sich nicht auf „Sexy-Sein” oder die Arbeit an der Aufwertung des Körpers oder seiner Vermarktung.“, so Rosalind Gill (2018). Es sei ein wesentlich umfassenderer Trend hin zum „unternehmerischen Selbst erkennbar, das eng mit dem Neoliberalismus verbunden ist“ (Gill 2018).

Elena Bütow und Mareen Heying (2021) schreiben in ihrem Artikel „Popfeminismus“, dass die neoliberale Gesellschaft suggeriere, Frauen müssen immer „gut aussehen, immer top gestylt sein, den eigenen Haushalt perfekt im Griff haben, einen tollen Beruf haben, in dem sie aufgehen und erfolgreich sind, eine gute Mutter sein, die in der Erziehung keine Fehler macht und sie müssen besonders viel und guten Sex haben mit einem Mann, der sie für ihre Multitasking-Fähigkeit bewundert.“

Das „idealtypische neoliberale Subjekt“ folgt den „Emotionsregeln des Postfeminismus“ (vgl. Gill 2018). Es zeigt sich belastbar, fröhlich, hat Mumm und Selbstvertrauen; Opfergefühle wie Groll und Wut werden in der postfeministischen Kultur unterdrückt (vgl. Gill 2018). Um als Frau „nach neoliberalem Denksystem“ gleichberechtigt zu sein, muss sie also all diesen Anforderungen entsprechen (vgl. Bütow & Heying 2021). „Wenn nicht, sind sie schwach und brauchen eine starke (männliche) Schulter zum Anlehnen und Stützen.“ (Bütow & Heying 2021).

Rosalind Gill (2018) nimmt später Bezug zu ihrer anfangs dargelegten These einer „postfeministischen Sensibilität” und sagt „Postfeminismus ist ebenso eine neoliberale Sensibilität wie eine durch das Verhältnis zum Feminismus definierte. Auffällig ist die Dynamik und Anpassungsfähigkeit der Sensibilität, ihre Fähigkeit, sich in Bezug auf neue Ideen zu verändern und zu mutieren. Dies zeigt sich anschaulich daran, dass postfeministische Logik gegenwärtig über das Zelebrieren (einer bestimmten Form) des Feminismus funktioniert und nicht, wie es zuvor der Fall war, über seine Ablehnung“.

 

2.2.2 Frauen in der Popkultur

„Mainstream-Pop ist ein Spiegel der generell vorherrschenden Geschlechterverhältnisse“ (Plesch 2013:47).

Feminismus hat in den vergangenen Jahren ein extrem hohes Maß an Aufmerksamkeit erlangt. “Feministische Bücher führen die Bestsellerlisten an, Hochglanzmagazine lancieren ‚Feminismusthemen‘. Musikerinnen, Models und andere Prominente betonen mit Stolz ihre feministische Identität” (Gill 2018), so auch Popikonen wie Lady Gaga oder Rihanna (vgl. Pieper 2017). Und spätestens seit Sängerin Beyoncé 2014 zum Höhepunkt ihres Auftritts bei den MTV Music Awards vor dem in Großbuchstaben aufleuchtenden Wort „Feminist“ zu einem Zitat von Chimamanda Ngozi Adichie aus ihrem Essay „We should all be Feminists“ posiert, ihren feministischen Song „Flawless“ präsentiert und ihr gesamtes Album zum „Meilenstein für den Feminismus“ in der Popkultur gekürt wird, ist Feminismus nicht mehr Out, sondern In (vgl. Verena Fücker 2018). Oder wie Diana Pieper (2017) sagt „‘massentauglich’, Feminismus ist wieder ‘sexy’, populär und wird für kapitalistische Zwecke genutzt. So beispielsweise das bekannte Luxuslabel Dior, das seit 2016 T-Shirts aus der Debütkollektion von Dior- Chefdesignerin Maria Grazia Chiuri für 620 Euro verkauft, mit dem Schriftzug „We should all be feminists!“ und sich dabei ebenfalls auf Adichies gleichnamiges Essay bezieht (Dior o. J.; vgl. Verena Fücker 2018). Mittlerweile gibt es T-Shirts mit plakativen, feministischen Schriftzügen auch bei allen Fast-Fashion-Ketten (vgl. Verena Fücker 2018).

Adchie wurde über Nacht durch „Beyoncés Feminismus“, der für „das neue Selbstbewusstsein von Feministinnen steht, die es sich nicht nehmen lassen wollen, sich zu schminken und freizügig anzuziehen“ (Pieper 2017) berühmt. Doch sie distanziert sich im Interview mit der niederländischen Tageszeitung de Volkskrant von dieser Art des Feminismus.

„Still, Beyoncés type of feminism is not mine, as it is the kind that, at the same time, gives quite a lot of space to the necessity of men. I think men are lovely, but I don’t think that women should relate everything they do to men: did he hurt me, do I forgive him, did he put a ring on my finger? We women are so conditioned to relate everything to men. Put a group of women together and the conversation will eventually be about men. Put a group of men together and they will not talk about women at all, they will just talk about their own stuff” (Original Kiene 2016, zit. n. Dandridge-Lemco 2016).

Allerdings lobt sie auch Beyonce’s politische Positionierung und sagt, dass sie eine bewundernswerte Frau sei, „who is in charge of her own destiny, who does her own thing” (Original Keine 2016, zit. n. Dandridge-Lemco 2016).

Es ist zunächst ein positiver Effekt, dass Feminismus populärer wird und eine neue Sichtbarkeit bekommt. Auch Adchie weist in ihrer Rede im New Yorker Strand Bookstore darauf hin, dass die Reichweite vom Feminismus als Teil der Popkultur erhöht würde (vgl. Merelli 2017). Sie erklärt, Feminismus müsse sich so weit wie möglich verbreiten, um effektiv zu sein: „The goal of feminism is to make itself redundant, and to get there it needs to be a mass movement” (Merelli 2017). Auch in der Dokumentation von Arte heißt es „Indem der Pop-Feminismus die Körper und die Macht aller Frauen in den Vordergrund gerückt hat, hat er dazu geführt, dass Feminismus als positive Bestärkung und nicht als Klage gesehen wird“ (Lunetta 2020). Die neue Generation von Frauen kämpfen darum, die Kontrolle über sich selbst zurück zu gewinnen. Sie wollen selbst Regie über ihr Leben führen, nutzen die Medien, um soziale Ungerechtigkeiten zu diskutieren und auch Randgruppen eine Stimme zu geben. Sie entwickeln neue und komplexere moralische Wertvorstellungen als die EntscheiderInnen in der Musikindustrie (vgl. Rudulph 2015). „The rise of Tumblr and SoundCloud put young artists in control of their own artistic identities, forging authentic fan relationships that labels couldn’t afford to mess with” (Snapes 2019).

Billie Eilish, eine der jüngsten und erfolgreichsten Sängerinnen der Postmoderne, „offers an of-the-moment role model for her vast young fan base“ (Margolis 2019). Sie entzieht sich der ‚hyper-sexualisierten‘ Vorstellung von Weiblichkeit, indem sie ‚oversized Streetwear‘ trägt und nicht unterscheidet zwischen weiblicher und männlicher Kleidung (vgl. Margolis 2019). „To me she represents the antithesis of the pop generation these kids have grown up with”, sagte ihre Stylistin Samantha Burkhart gegenüber Eleanor Margolis (2019) und spielt dabei auf Billie Eilish’s junge Fangemeinschaft an, die vor allem der Generation Z entspricht. Sie ist ein Popstar ohne sich den Konventionen unterzuordnen, um deren Einhaltung sich Management und Label bemühen, um marktfähig zu werden. Burkhart sagt „She invented the look for herself, largely because it’s comfortable and practical. In an age where women’s bodies are still the focus of intense scrutiny, dressing for comfort bang in the middle of the public eye is almost a revolutionary act” (Margolis 2019). Wenn sich ein weiblicher Popstar, wie Billie Eilish oder auch schon 1996 Fiona Apple mit ihrem Song „Criminal“, verweigert die eigene Sexualität zu nutzen, „it’s a powerful statement against the status quo.“ (Rudulph 2015).

Sie gestalten aktiv kreative Prozesse mit. Billie Eilish konzipiert ihre Videos selbst und gewann bereits 2019 bei den VMAs den Preis für „Best Editing“ ihres Songs „bad guy“ (vgl. IMDb 2019). Die aktive Mitgestaltung der Musik- und Jugendkultur wird von den jungen Frauen als Chance genutzt, die Themen in den Mittelpunkt zu stellen, „die sie sich in einer männlich dominierten Kultur – aus Scham oder schlichtweg auf Angst, ausgelacht zu werden – niemals getraut hätten, vorzubringen” (Volkmann 2011:258).

“Every young artist is tested, and the female ones are tested even more brutally” (Rudulph 2015).

Die Popikone Madonna, die sich schon seit den 1980ern standhaft in der Musikbranche hält, wurde 2016 bei den Billboard Music Awards zur „Woman of the Year“ gekürt. In ihrer Dankesrede thematisiert sie ihre Erfahrungen als Frau in der Musikindustrie „There are no rules if you’re a boy. If you’re a girl, you have to play the game. (…)

You are allowed to be pretty and cute and sexy. But don’t act too smart. Don’t have an opinion. Don’t have an opinion that is out of line with the status quo, at least” (Billboard & Madonna 2016:3:50-4:14). Anders als sie in ihrer Rede die Erwartungshaltung an weiblichen Künstlerinnen beschreibt, brach sie mit sämtlichen Konventionen, teilte ihre sexuellen Fantasien mit der Welt und präsentierte ihre Sexualität selbstbewusst und provokativ (vgl. Billboard & Madonna 2016). In dem Buch „Music Video and the Politics of Representation“ weisen Diane Railton und Paul Watson auf David Gauntlet hin, der argumentiert, dass Madonna es möglich gemacht hat, feministische Ideen auf eine zugängliche (und sexuell provokative) Art und Weise zu vermitteln (vgl. Railton & Watson 2011:18). Sie habe den Weg für eine jüngere Generation weiblicher Performer geebnet und sie ermächtigt (vgl. Railton & Watson 2011:18).

Auf Madonna folgten zahlreiche Künstlerinnen, die die Erwartungshaltung an Frauen herausforderten und öffentlich ihren Zusammenbruch als Konsequenz von Ausbeutung durch industrielle Machenschaften, sichtbar machten. So beispielsweise Britney Spears, die 2007 die Illusion eines perfekten Popstar-Lebens durchbrach, oder Amy Whinehouse‘s Drogenexzesse und ihr Tot im Jahr 2011 (vgl. Snapes 2019). Doch sie wurden dargestellt „as a victim of her own self-destruction“ (Snapes 2019). Die sichtbaren Exzesse lenkten von dem ab, was hinter den Kulissen passierte (vgl. Snapes 2019). Doch Künstlerinnen sprechen seitdem immer häufiger in den sozialen Medien über ihre Probleme, ihren Schmerz und auch ihre Konflikte mit der Musikindustrie und gelangen so ein gewisses Maß an Kontrolle zurück. So thematisiert Billie Eilish ihre Depressionen oder Miley Cyrus ihr von Druck gekennzeichnetes Aufwachsen in der Öffentlichkeit, Lizzo thematisiert Body Positivity, Sia und Tove Lo singen über Drogen, die ihnen den Schmerz nehmen und Taylor Swift macht ihren Labelstreit öffentlich (vgl. Snapes 2019).

Nichtsdestotrotz werden Frauen in der Popkultur immer wieder auf ihr Äußeres reduziert und das zelebrieren weiblicher Sexualität kritisiert. So erzählt auch Madonna in ihrer Rede zur Auszeichnung „Woman of the Year” „Camille Paglia, the famous feminist writer, said I set women back by objectifying myself sexually. So I thought, ‘oh, if you’re a feminist, you don’t have sexuality, you deny it’. So I said ‘fuck it’. I’m a different kind of feminist. I’m a bad feminist’“ (Billboard & Madonna 2016:7:20-7:45). Künstlerinnen, wie Beyoncé, Miley Cyrus, Lana Del Rey und Ariana Grande, vertreten ebenfalls den Standpunkt, sich und „jede Seite ihrer selbst“ ausdrücken zu wollen (vgl. Snapes 2019). Auch die Arte Dokumentation beschäftigt sich mit der Frage, ob die weibliche Sexualität genutzt und präsentiert werden sollte. „Es ist nicht feministisch, die weibliche Sexualität zu ignorieren, die zudem von außen kontrollierbar ist, durch Gesetze und den Staat“ (Lunetta 2020). Die Grundaussage ist also, dass die weibliche Sexualität den Frauen selbst gehören sollte (vgl. Lunetta 2020).

Fraglich ist, ob die weibliche Sexualität ihnen im Kapitalismus wirklich selbst gehört und ob sie nicht nur männlichen Idealen folgen, jetzt aber als selbstbestimmte Frauen. Elena Bütow und Mareen Heying (2021) argumentieren, dass neue Rollenbilder, solange Ausbeutung auf ökonomischer oder privater Ebene das Ziel ist sich kaum in den Alltag integrieren lassen. „Eine feministische Kritik muss daher immer einhergehen mit einer Kritik am Kapitalismus, der es beharrlich in Kauf nimmt, Wohlstand für wenige auf Kosten vieler zu erlangen“ (Bütow & Heying 2021).

 

2.3 Authentizität in Musikvideos

Musikvideos haben den kommerziellen Zweck den Song zu promoten und mehr Einnahmen und Aufsehen zu generieren. Das Genre des Songs setzt subkulturelle Grenzen, auch in der Gestaltung des Musikvideos, um den Künstler authentisch in Szene zu setzen (vgl. Railton & Watson 2011:2). Für den Konsumenten ist das Genre oft ein Indiz für eine Kaufentscheidung, „der Indikator für Geschmack” (Railton & Watson 2011:2). Für die Industrie hat Genre die wirtschaftliche Funktion, das Finanzielle, die Produktion und das Marketing zu organisieren. Sie will mit Hilfe genre-spezifischer Trends gewährleisten, dass sich ihr Kapital rentiert (vgl. Railton & Watson 2011:41f).

Seit das Internet immer beliebter wurde und MTV abgelöst hat, bekommen Musikvideos auf Videoportalen wie YouTube ein eigenständiges Leben. Der Konsument kann vom gesamten Repertoire auswählen, welches Video er wann schauen möchte. Das sind Möglichkeiten, die der MTV Zuschauer nicht hatte (vgl. Railton & Watson 2011:143). Dasselbe Produkt wird auf verschiedenen Plattformen verbreitet und mehrmals konsumiert. Listen von Videos werden erstellt und erweitert, wodurch ein ‚informeller Kanon‘ entsteht, „a canon which cuts across both time and genre“ (Railton & Watson 2011:6). Eine Praxis, die den KonsumentInnen vorspielt, sie seien die EntscheiderInnen, während dem Musikvideo unbeachtet sein Wert genommen wird und, unsichtbar für die KonsumentInnen, die Listen ausschließlich „von der Ökonomie des kapitalistischen Geschäfts bestimmt wird“ (Railton & Watson 2011:6).

Fans können Musikvideos nach ihrem eigenen Design neu erstellen und bearbeiten und diese Produkte neu verbreiten. Doch die Auswirkungen des Internets auf die Art, wie Videos konsumiert werden, betreffen nicht nur die KonsumentInnen, sondern auch wie Videos erfolgsversprechend konzipiert und vermarktet werden. “The Music Video ‘Telephone’ is ‘not designed to be shown on television … It is ten minutes long, and it has more dialogue than music, and it has the “fuck” word and naked breasts and vaginas and girl-on-girl action and basically everybody gets murdered” (Railton & Watson 2011:144).

Die visuellen Aspekte sind wichtig und werden durch das Internet immer bedeutsamer, nicht nur damit sie in ‚nine million animated GIFs‘ verwandelt werden können (vgl. Railton & Watson 2011:144), oder „ein Hingucker sind, wenn sie entkoppelt von ihrem Song auf fast allen Bildschirmen wie an Flughäfen, in Bussen, in Casinos, in Fitnessstudios zu sehen sind“ (Railton & Watson 2011:7), sondern weil sie kulturelle Identitäten formen. Railton und Watson (2011:9f) weisen auf Richard Dyer hin, der argumentierte “cultural representations ‘have real consequences for real people’, not just in the way they are treated … but in terms of the way representations delimit and enable what people can be in any given society” (Original Dyer 2002:3, zit. n. Railton & Watson 2011:9f). Musikvideos spiegeln die Realität nicht nur wider oder verzerren sie, sondern sind Part des komplexen Bereichs, in dem Realität konstruiert wird. Daher stellen sie Ressourcen bereit, mit denen sie uns ermöglichen, uns und die Welt um uns herum zu konstruieren. Als ein soziales, kulturelles und historisches Produkt haben sie politische Bedeutung (vgl. Railton & Watson 2011:20). Dabei werden die Grenzen zur Bildung von subkulturellen Identitäten, die die Zuteilung in Genres hervorbringt, herausgefordert. Während Kriterien für Genres oft unterschiedlich verwendet werden und Künstler beispielsweise behaupten, einen „individuellen Stil zu haben, der eine Klassifizierung vermeidet“, kann die Zuteilung in verschiedene Genres ein Werkzeug sein, den/die KünstlerIn als authentischen Teil einer bestimmten Kultur darzustellen (vgl. Railton & Watson 2011:42).

Railton und Watson (2011:49-60) bringen in ihrem Buch vier Genres von Musikvideos hervor, die genutzt werden können, um KünstlerInnen als authentisches Mitglied einer bestimmten Kultur, als kreativ und individuell, als erfahrenen und talentierten Performer zu inszenieren und zu etablieren. Sie stellen die Individualität von Musikvideos heraus, indem sie Produktion, Promotion und Konsum in ihren Kategorien verbinden. Viele Musikvideos lassen sich auch durch mehrere Kategorien gleichzeitig beschreiben. Allgemein wird aber zwischen Performance-Video und Konzept-Video unterschieden, welche durch diese vier Kategorien erweitert und genauer beschrieben werden.

1. Pseudo-Documentary Music Video (49ff)
Das Pseudo-Documentary Music Video nutzt die Ästhetik des dokumentarischen Realismus. Der/die KünstlerIn ist als erfahrene(r), professionelle(r) MusikerIn in seiner/ihrer ‚natürlichen Umbegung‘ zu sehen. Um einen dokumentarischen Effekt zu erzeugen, ist die Kamera präsent, verwackelt und wird mit den Händen gehalten. Oft wird ein Schwarz-Weiß Effekt, Körnung und Stock-Material genutzt. Es wird die Illusion geschaffen Zugang zu den Performern und ihrem alltäglichen Leben zu haben, Zugang zu einer Welt, die normalerweise unzugänglich und privat ist.

2. Art Music Video (51-54)
Das Art Music Video ist „an aesthetic compliment to the song or vies with it for artistic consideration”. Sie sind eine ‘visuelle Erfahrung’, nutzen surrealistische Techniken und dekonstruieren die Realität. Nicht nur der künstlerische Wert eines einzelnen Videos rechtfertigt die Einordnung in diese Kategorie, sondern vor allem „techniques and practices of the art world.“

3. Narrative Music Video (55ff)
Das Narrative Music Video erzählt eine Geschichte. Sie veranschaulicht, ergänzt oder erweitert den lyrischen Inhalt des Songs. Sie könnte auch auf einer wahren Geschichte basieren, wie Tupac Shakur’s ‚Brenda’s got a Baby‘, das hier genannt wird. Andere Video-Clips dieser Kategorie können aber auch eine viel geringere Verbindung zwischen Bild und Text aufzeigen oder überhaupt keine. Manche bewegen sich zwischen Performanz und einer fiktiven Welt, andere zeigen eine weitaus einheitlichere und in sich geschlossene Erzählung.

4. Staged Performance Music Video (58ff)
Im Staged Performance Music Video wird eine Performanz explizit für die Produktion des Videos inszeniert. Sie ist künstlich, die PerformerInnen addressieren die Kamera, „often lip-synching into its lens“, Tänzer performen ihre Choreografien „in incongruous locations“ und die Handlung ist losgelöst von ihrer wahren Welt, versetzt in Studios und Sets. Die verschiedenen Talente des /der Künstlers/in werden promotet, Talente in Musik und Tanz und physische Attribute, wie ein bestimmtes Aussehen oder die Verkörperung von bestimmten Idealen oder Überzeugungen. Es ist ein Versuch selbstbewusst den Genuss des Songs zu steigern.

In jedem Genre bestimmen Musikkritiker und Fans, ob ein Werk “künstlerisch oder kommerziell, originell oder formell, authentisch oder unauthentisch ist” (Railton & Watson 2011:71). Roy Shuker argumentiert “it is authenticity that is the ‘central evaluative criterion’ in the appreciation of popular music” (Original Shuker 1998:20, zit. n. Railton & Watson 2011:71). Die KünstlerInnen müssen ihr bereits etabliertes und recht stabiles Image als Star authentisch performen können (vgl. Railton & Watson 2011:71).

Im Video gelten sie durch ihre „bloße Präsenz“ oft als AutorIn oder als kreative(r) ProduzentIn, weshalb sie automatisch als authentisch angesehen werden (vgl. Railton & Watson 2011:71). Es ist schwieriger als authentisch zu gelten, ohne die vermeintliche Urheberschaft zu demonstrieren (vgl. Railton & Watson 2011:74). Jedoch sollten sie nicht nur ihre Musik beherrschen, sondern sollten sie dazu auch selbst schreiben. Sie müssen aufzeigen, dass ihre Musik nicht aus kommerziellem Nutzen gemacht ist, besonders wenn sie erheblichen Erfolg auf kommerzieller Ebene haben (vgl. Railton & Watson 2011:74).

Alle populären Genres haben ihre eigenen „hoch entwickelten Authentizitätsdiskurse“ (vgl. Railton & Watson 2011:73). Der Rockmusiker beispielsweise muss seine Rebellion nachweislich ‚leben‘, um authentisch zu sein (vgl.Railton & Watson 2011:71). Ein Beispiel für diese Ideologie ist das Musikvideo von Nirvana „You Know You’re Right“, das nach Railton und Watson (2011:58ff) als „Pseudo Documentary Music Video“ das Leben eines Rockmusikers aufzeigt. Vom Rockmusiker wird erwartet, dass er mit seiner Musik seine Seele und Psyche ausdrückt und seine politische, sowie kulturelle Meinung frei äußert, mit einer gewissen „Respektlosigkeit gegenüber Hierarchien“ (vgl.Railton & Watson 2011:71). Railton und Watson (2011:71) argumentieren “Kurt Cobain’s authenticity as an alternative rock musician is based not on any innate personal or musical criteria but on his ability to respond to, and perform within, a certain set of discursive expectations.”

Als Rebellen werden vor allem Männer dargestellt, Frauen sind in solchen Rollen nicht vorgesehen. Es gibt jetzt und historisch gesehen erfolgreichere Künstlerinnen in R&B- und Pop-Songs als Hip-Hop- oder Rock-Songs, die eher von professionellen Songwritern geschrieben und lediglich von der Künstlerin interpretiert werden (vgl.Railton & Watson 2011:75). Darüber hinaus waren Frauen häufiger Tänzerinnen als DJs (vgl.Railton & Watson 2011:75). Sie arbeiten häufig in Rollen und Genres, die am wenigsten von KritikerInnen oder auf künstlerische Glaubwürdigkeit geprüft werden und daher am wenigsten als authentisch gelten (vgl.Railton & Watson 2011:75). Das Musikvideo zu „Stupid Girls“ von Pink veranschaulicht und kritisiert diese Definitionen weiblicher Identität. Es parodiert eine Reihe von weiblichen Popstars und anderen berühmten Frauen. Das Video greift in seinen Parodien die gefeierte, von Marken getriebene „Girliness“ an und spiegelt das von Medien entworfene und von Rosalind Gill identifizierte Bild von „autonomen heterosexuellen jungen Frauen“ wieder, die mit „ihrer sexuellen Kraft spielen und für immer „bereit“ sind“ (vgl. Gill 2018). Das Video offenbart wie unauthentisch und stupide Frauen dargestellt werden.

Damit Frauen an Authentizität gewinnen können, müssen sie „ein gewisses Maß an Kontrolle über Produktion, Performance und Inhalt der Songs“ behalten und ihr öffentliches Bild „auf der Grundlage künstlerischer Exzentrizität“ pflegen (vgl.Railton & Watson 2011:75f).

 

2.4 „Frauenband“

„Die Frauenband ist gleichsam das institutionalisierte Andere. Von Männerbands war nie die Rede“ (Plesch 2013:28).

Gute von schlechter Kultur zu unterscheiden hat eine lange Vergangenheit im westlichen Denken (vgl.Railton & Watson 2011:75). Nicht nur Authentizität ist ein Mechanismus, sondern auch das Geschlecht. “The masculine position has historically been associated with serious authentic art while the feminine has been located as the opposite – trite, frivolous and inauthentic” (Original Huyssen 1986:52, zit. n. Railton & Watson 2011:75).

„Das Geschlecht allein macht das Etikett“, so Tine Plesch (2013:29). Frauenbands wird zugeschrieben „feministisch” zu sein, „politisch, humorlos und lesbisch” (vgl. Plesch 2013:29). Ihre Aufklärungsarbeit wird über die Musik gestellt, „an der sowieso gezweifelt wird, ob sie sie denn guten spielen können“ (Plesch 2013:29). Durch ein Beispielerlebnis von einem Konzert der Band Le Tigre in Nürnberg, wiedergegeben von der Autorin in dem Buch „REBEL GIRL – Popkultur und Feminismus“, wird das Problem deutlich. Neben poppigen, tanzbaren Songs wurden feministische Themen angesprochen, die im Publikum weniger Begeisterung entfacht haben (vgl. Plesch 2013:53). Ein selbstbewusstes Auftreten bedeutet also nicht den Mund aufzumachen und über Unterdrückung und Gleichberechtigung zu sprechen, sondern Frauen sollen dabei vor allem schön anzusehen sein (vgl. Plesch 2013:53). „Das machen ja auch die taffen, supersexy R&B oder HipHop-Künstlerinnen deutlich. Ein bisschen bitchy, ein bisschen selbstbewusst – postfeministisch!“ (Plesch 2013:53). Frauen werden oft über ihren Körper wahrgenommen und haben die Wahl zwischen positiver Diskriminierung oder Desinteresse (vgl. Plesch 2013:55). Positive Diskriminierung im Sinne von frauenfeindlichen Sprüchen wie „ziemlich gut, für ‚ne Frau“ und der „in Sexyness getarnte Sexismus – der heutzutage ja immer nicht so gemeint ist“ (Plesch 2013:55). Desinteresse, wenn es sich im Sinne der ZuschauerInnen um „fette Lesben“ handelt (vgl. Plesch 2013:55). „Normalgewichtige junge Frauen gelten medial ja sofort als fett, hässlich und womöglich – in diesem Zusammenhang mit Pfuispinne-Touch – lesbisch“ (Plesch 2013:55).

„Frauenband – mag für manche einfach ein unreflektiert benutzter Arbeitsbegriff sein, womöglich gut gemeint im Sinne von Opel Schröder „Wir haben verstanden“. Eine bemühte, vielleicht eifrige, Kenntlichmachung von Wahrnehmung, die die Band gleichzeitig wieder in die alte Schachtel steckt“ (Plesch 2013:30).

Eine Schachtel, die die musikalischen Unterschiede zwischen Musikerinnen verwischt und den Wert von weiblichen Gruppierungen mindert. Nach der Riot-Grrrl Bewegung ebbte die Sichtbarkeit von Frauenbands ab, ersetzt durch Profit versprechende Solokünstlerinnen, wie Christina Aguilera, Kelly Clarkson oder Katy Perry (vgl. Warwick & Adrian 2016:23). Als sich die Einnahmemodelle der Musikindustrie änderten und teils wegbrachen, begannen Plattenfirmen nur noch in KünstlerInnen zu investieren, von denen sie wussten, dass sie sich verkaufen würden, „and female solo artists belting out ballads are always a safe bet“ (Warwick & Adrian 2016:23). Auch wenn Frauenbands für Labels uninteressant schienen, begannen sich im Internet Netzwerke zu bilden, die feministische Interessen vertreten und weibliche Musikerinnen unterstützen wollen.

„The activism and community building that began with punk and riot grrrl via gigs, fanzines, and vinyl has now grown with the added social media dimension of vlogging and blogging, feminist websites like The Girls Are, Jezebel, and Feministing; and myriad (hashtag) girl music sites on Tumblr” (Warwick & Adrian 2016:25).

Das Netzwerk wächst auch gegenwärtig immer weiter und hebt vor allem Frauenbands hervor, um auch andere zu ermutigen und die Stärke in Zusammenkünften und Gruppierungen hervorzuheben. Beispiele hierfür sind Organisationen, Blogs, Magazine oder Konzertreihen wie Music Women, music is her passion, Women in Stereo, LadiesArtistsFriends, Missy Magazine, Gritty in Pink, Grrrls Like Us und GRRRL-NOISY. “The fact that there are more women throughout the industry in itself generates change” (Warwick & Adrian 2016:29).

Aufsteigende Bands, wie das Grunge Duo Skating Polly oder Skinny Girl Diet positionieren sich im Feminismus und reflektieren soziale Konstrukte (vgl. Warwick & Adrian 2016:25f). So sprechen Skating Polly mit ihrem Song „Ugly“ über junge Frauen, die mit dem Druck der sozialen Medien aufwachsen, das „perfekte“ Bild abzugeben (vgl. Warwick & Adrian 2016:25f). Die Band verdreht die Sprache und wertet das Wort „ugly“ höher als „pretty“. „Ugly is more revolutionary and liberating for young women to feel no necessary to please boys” (Warwick & Adrian 2016:25f).

Derzeitig ist zu beobachten, wie junge Girl Rock Bands sich mit den Riot Grrrls identifizieren und die einstige Bewegung nun „zum modischen Überbegriff für jegliche Mädchen mit Attitude geworden ist” (Warwick & Adrian 2016:26). Die Band Skinny Girl Diet weist auf die Gefahr hin, Riot Grrrl als Marketingtrend zu nutzen (vgl. Warwick & Adrian 2016:26). Warwick und Adrian (2016:26) geben die Band in ihrem Werk wider „The ‘90s riot grrrl movement shouldn’t be ‘revived’ just as an aesthetic. It was more than just a fashion statement; it was a political movement and … some people are forgetting that.”

Die Band Baked Cat hat sich aus mehreren Zufällen gefunden, sie hatten nie die Absicht eine „Frauenband“ zu gründen, sie wollten einfach Musik machen. Seit 2017 spielen Sängerin Annabelle, Bassistin Anna und Schlagzeugerin Clara zusammen und gründeten die Band. Zwei Jahre später trat Beke ein und löste Annabelle vom Keyboard ab. Zusammen machen sie nun seit zwei Jahren Musik. Die Single „Say“ war ihr erster fertig produzierter Song. Ihr Debüt hatten sie jedoch mit ihrer EP „Fuck, No Fairytale“, mit der sie die Illusion um das romantisierte Bild einer Frau kritisierten, das nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Die Band bezeichnet sich als „Real Life Girl Gang“, die mit ihrer Musik ihr Publikum mit auf eine Reise durch Höhen und Tiefen nehmen und andere ermutigen, den eigenen Weg zu gehen. Zu ihrem Song „Say“ sagen sie: „Selbstbestimmt den eigenen Weg zu gehen ist wichtiger, als anderen zu gefallen.“ Der Begriff Frauenband macht für sie schlichtweg keinen Sinn, denn es geht nicht um das Geschlecht, sondern die Musik und darum, dass sie eine Gruppe an Musikerinnen sind, die sich beim Musik machen anfeuern und inspirieren, die zusammen stärker sind. Das Etikett “Frauenband” grenzt die ZuhörerInnen in ihrer Wahrnehmung ein und lenkt sie dazu, nur in eine Richtung zu denken. Trotzdem ist ihr Geschlecht wahrnehmbar, weshalb sie bewusst den Zugang zu Netzwerken nutzen und feministische Themen ansprechen. Die Band sieht die aufgeführten Veränderungen in der Musikvermarktung als Chance in ihren Artworks, Fotos und Videos in Opposition zu den traditionellen weiblichen Rollenbildern zu treten. Nichtsdestotrotz steht die Musik und ihre Verbindung zu ihr im Vordergrund, egal welche Rolle ihr Geschlecht bei der Entwicklung der Musik spielt.

 

3 Methodik

Für diese Arbeit ist es sinnvoll Musikvideos mit genderrelevanten Botschaften ausführlich als Einzelfall zu untersuchen und interpretativ auszuwerten. Dadurch lässt sich herausfinden, warum bestimmte Darstellungsmuster verwendet werden und wie sie sich auf den Erfolg der Künstlerinnen innerhalb ihres bereits etablierten Images auswirken. Einzelfälle von Musikerinnen ermöglichen es mir induktiv eine allgemeine Aussage zu fällen. Da die Ergebnisse nicht pauschalisierbar sind, habe ich mich für einen qualitativen Ansatz entschieden, um experimentelles Arbeiten zu ermöglichen. Indem ich verschiedene Texte oder Aussagen hermeneutisch interpretiere, kann ich bereits Gesagtes verstehen und in Beziehung verschiedener Aussagen setzen. Mehrere Perspektiven zu beleuchten, kann mir helfen ein offenes, kritisches und sinnerschließendes Verständnis zu entwickeln.

 

3.1 Methoden zur Untersuchung von Girl-Groups in Musikvideos

3.1.1 Literaturrecherche

Bevor es zur Konzeption und Produktion eines eigenen Musikvideos kommen kann, ist es wichtig, sich mit den üblichen Gestaltungsstrategien auseinanderzusetzen. Da diese Arbeit den Fokus auf Girl-Groups in der Popmusik legt, wurden traditionelle Vorstellungen von Weiblichkeit herausgestellt. Durch die Bildung von Typologien kann verdeutlicht werden, wie sich feministische Ansätze, wie in Kapitel 2.2.1. beschrieben, visuell aufgreifen lassen und wie sich konventionelle Vorstellungen auflösen lassen. Dafür ist es von Nöten alternative Gestaltungsstrategien zur Weiblichkeit in Typologien zusammenzufassen und Pioniere und Vorbilder aus der Popkultur in die feministische Debatte einzuordnen.

 

3.1.2 Biografie-Forschung

Die Wirkung meines Medienprojektes kann durch ursprüngliche Erfahrungsräume begründet werden. Lebensgeschichten haben ihren Fokus auf der Subjektperspektive und ermöglichen eine Einsicht auf Identitäts- und Sinnfragen (vgl. Buddenberg 2013). Da Taylor Swift eine der erfolgreichsten Solo-Künstlerinnen der Popmusik ist, 2019 nicht nur die bestverdienende Musikerin in den USA war, sondern auch von den Billboard Music Awards zur „Woman of the Decade“ und von den American Music Awards zu „Artist of the Decade“ 2010 ernannt wurde, lässt sich anhand ihrer Biografie die Erfolgsentwicklung eines Popstars nachvollziehen. Mit ihren selbstgeschriebenen Songs und ihrer Gitarre wurde sie schon als Teenager berühmt. Sie hat ihre HörerInnen immer mit auf ihre Reise des Älterwerdens genommen und die Herzen der jungen HörerInnen erobert. Mittlerweile ist sie ein positives Vorbild für Millionen Teenager auf der ganzen Welt. Ihre Imagewandlung von der Country-Sängerin hin zum Popstar lässt viele Einblicke in ihre Entwicklung zu einer der erfolgreichsten Solo-Künstlerinnen erahnen. Ihre individuellen Wandlungsprozesse und die äußeren Einflüsse lassen auf die soziale Wirklichkeit schließen (vgl. Buddenberg 2013). Ihre bisherige Karriere wird anhand ihrer Diskografie und ihren Auszeichnungen deutlich gemacht. Durch den Einfluss ihrer Familie, ihrer Fans, und der Medien lässt sich ihre Wandlung nachvollziehen. Das Wechselspiel zwischen ihren eigenen und äußeren Einflüssen wird herausgestellt. Interviews, Berichte, Aussagen, ihre auf Netflix veröffentlichte Dokumentation „Miss Americana“ über ihren Karriereweg und wichtige Entscheidungen, die ihren Weg geformt haben, helfen dabei, ihre öffentliche Person nachzuvollziehen. Es wird verständlich, was sie erfolgreich macht und wie sie ihren Erfolg bis heute beibehalten und sogar steigern konnte.

 

3.1.3 Musikvideo-Analyse

Bei der Musikvideo-Analyse treffen die zwei Medien, Audio und Video, zusammen. Deshalb müssen nicht nur die visuellen Darstellungsmuster, sondern auch die Stimmung und lyrischen Aussagen des Songs in die Analyse einbezogen werden. Es wird untersucht inwiefern das Video den Song bewirbt und in welchen Kontext das Video den Song setzt. Durch die genauere Analyse der Bild- und Musik-Ebene, wird die Wirkungsweise der Musikvideos besser verständlich. Die Einordnung in Genres, hilft zu erkennen, welche subkulturellen Grenzen der Künstlerin in ihrer Inszenierung und Performanz gesetzt sind. Hier ist nicht nur das musikalische Genre zu beachten, sondern auch das Genre des Musikvideos. Die Kriterien für eine Zuweisung zu einer Gruppe orientieren sich bei den Musikvideo-Analysen überwiegend daran, ob es sich bei dem Video um eine Darstellung eines Auftrittes (Performance-Video) handelt oder er eine erzählerische Struktur aufweist (Konzept-Video). Zur genaueren Unterscheidung innerhalb dieser beiden Gruppen werden die vier Genres von Diane Railton und Paul Watson (2011:49-60), wie in 2.3. beschrieben, genutzt.

Das Musikvideo zu „Mother‘s Daughter“ von der amerikanischen Sängerin Miley Cyrus wurde als „neue feministische Hymne“ deklariert und bietet deshalb ein aktuelles Beispiel und eine passende Grundlage zur Analyse genderrelevanter Botschaften in der Pop-Musik. Sie spielt vor allem mit Inszenierungen weiblicher Sexualität, Provokation und nimmt eine Protesthaltung ein. Außerdem soll das Musikvideo zu „Dollhouse“ von Melanie Martinez analysiert werden. Es war für mich in meiner Musikvideo-Produktion eines der größten Inspirationsquellen und ist Vorreiter in einer der alternativen Inszenierungsstrategien, die auch ich genutzt habe. Da diese beiden Typen von Girl-Groups in Videos konträr zu sein scheinen, kann eine Gegenüberstellung zu weiteren Erkenntnissen führen.

Es wird untersucht welche Aussagen in Hinsicht auf genderrelevante Botschaften getroffen werden und wie authentisch sie von der Künstlerin performt werden. Dazu wird das Video zunächst in seinen Veröffentlichungszeitraum eingeordnet und der erste Eindruck vermittelt. Nachdem die Grundidee und die Botschaft herausgestellt wurde, wird die Musikebene analysiert. Dazu zählen das Genre des Songs, das Tempo, der Aufbau des Songs, der Klang der Musik, das Thema des Textes und das Grundgefühl oder die Lebenseinstellung, die vermittelt wird. Bei der Analyse der Bildebene wird der Inhalt des Videos untersucht (Genre des Musikvideos nach Railton und Watson (2011:49-60), die Präsentation der Interpreten, das Setting, das Grundgefühl oder die Lebenseinstellung, die durch die Bilder erzeugt wird), aber auch welche technischen Stilmittel eingesetzt wurden (visuelle Effekte, Merkmale der Kameratechnik, die Farbgebung). Zuletzt wird untersucht, inwiefern die Musikebene und die Bildebene sich beeinflussen, ob sie sich wiedergeben, ergänzen, erweitern oder kaum einen Zusammenhang haben. Außerdem wird überprüft, inwiefern die Musik die Präsentation der Künstlerin vorgibt und welche Merkmale der Interpretin den Stil des Musikvideos vorgegeben haben.

Ich erörtere, wo ich mich mit meinem Video in der postfeministischen Debatte verorte.

 

3.2 Medienprojekt

Das Medienprojekt ist eine Musikvideo-Produktion zu dem Song „Say“ von der Band Baked Cat. Ich habe meine eigene Band gewählt, um meine Gestaltungsfreiheit zu erhöhen. Da der Song vom Produzenten der Band Lennard Clement bis auf kleine Änderungen bereits Ende 2019 fertig produziert war, entwickelten sich mit der Band erste Ideen für ein Musikvideo. Die Zusammenstellung der Band und das Thema des Songs waren gute Voraussetzungen für ein gendersensibles und gesellschaftspolitisches Musikvideo. Außerdem habe ich die Notwendigkeit gesehen, meiner Band für die ersten Veröffentlichungen ein audiovisuelles Marketinginstrument an die Hand zu geben und damit die Chance, unser Image zu erarbeiten und uns somit von Beginn an in der Debatte zu positionieren. Auf den Song und die Video-Idee wird im Kapitel 4.4. genauer eingegangen.

In dem Modul CMN6204 ging es darum mit Studenten aus anderen Fachbereichen ein Teamprojekt auf die Beine zu stellen und dieses erfolgreich umzusetzen. Hier habe ich mich mit Daniel Uhle (Filmstudent) und Sophie Nedwidek (Music Business Studentin) zusammengetan. Unsere Rollen im Projekt waren von Beginn an durch unsere unterschiedlichen Fähigkeiten klar. Die Teamstruktur ist in der folgenden Abbildung einsehbar.

Der Projektbetreuer war Harun Hazar (Director, Creative Director), der uns unter anderem mit unserem Regisseur Nelis Friedrichs zusammengebracht hat. Weitere Personen, die für die Realisierung des Projektes wichtig waren und deren Unterstützung unabdingbar waren, wurden im Laufe des Projektes akquiriert. Eine Liste aller Teammitglieder ist im Anhang einsehbar. Der Zeitraum des Projektes war vom 08.04.2020 bis 18.09.2020. Die Größe und der Aufwand des Projektes waren berücksichtigt und einkalkuliert. Uns war klar, dass wir das Abgabedatum des Moduls nicht einhalten können (siehe Gantt-Diagramm Ende 30.10.2020). Das Projekt war eine Low-Budget Produktion und hatte somit keine Priorität bei unbezahlten Kräften. Die Postproduktion wurde aufgrund geplanter visueller Effekte als zeitintensivste Phase eingeschätzt.

Die Videoproduktion ist insgesamt in vier Phasen aufgeteilt, der verschiedene Meilensteine zugrunde liegen. Die Planungsphase ist grün markiert. Die Vorproduktionsphase (blau) ist in die Meilensteine Personalakquise, Ressourcen, Locationakquise und Drehvorbereitungen unterteilt. Die Produktionsphase ist orange markiert und die Postproduktion in lila. Das Gantt-Diagramm zeigt den Zeitplan des Projektes.

In der Planungsphase haben wir unser Ziel und eine Zielgruppe definiert. Die Idee wurde im Konzept ausgearbeitet. Dabei musste nicht nur mit der Band Rücksprache gehalten werden, sondern auch die rechtlichen Aspekte betrachtet werden, wie zum Beispiel Produktplatzierungen, um in der Ausarbeitung nicht auf rechtswidrigen Ideen aufzubauen. Parallel wurde vom Regisseur eine DI erstellt und es wurde begonnen am Skript zu arbeiten. Auf das Konzept und die Entwicklung der Storyline des Videos wird im Durchführungskapitel 4.4.1. eingegangen. Das Konzept, die DI und das Skript sind im Anhang einsehbar. Um die Umsetzbarkeit unseres Projektes zu prüfen, wurde kalkuliert, ob und welche Vorstellungen finanzierbar sind. Die finale Kalkulation ist ebenfalls im Anhang beigefügt.

In der Vorproduktion wurde der Dreh vorbereitet. Das Konzept und das Skript waren freigegeben, sodass alles Nötige organisiert und geplant werden konnte. Die Location wurde akquiriert, die Ressourcen wie beispielsweise der Song, die Filmtechnik, die Requisiten, Möbel, Kostüme, Catering und Setbau-Materialien wurden geplant, organisiert oder angemietet. Die Kostüme und der Setbau wurden getestet und letzte Feinheiten korrigiert. Außerdem wurde das Personal akquiriert, wie Make-Up-Artists, Oberbeleuchter, AssistentInnen, usw. und der Transport von Personen und Materialien geplant und organisiert. Zuletzt haben wir die Shot-Liste, den Drehplan und den Tec Recce erstellt, die ebenfalls im Anhang einsehbar sind.

Das Video wurde in drei Drehtagen gedreht. Täglich gab es ein Teambriefing und den ganzen Tag über Catering. Die vier Bandmitglieder mussten jeweils in die Maske, gestylt werden und einzeln in ihrem jeweiligen Setting gefilmt werden. Daher musste das Set vor Beginn einer neuen Sequenz neu eingerichtet und gestrichen werden. Auch der Auf- und Abbau mussten in der Zeitplanung berücksichtigt werden und genügend HelferInnen vor Ort eingeplant werden.

In der Postproduktion wurde erstmals das Rohmaterial gesichtet und sortiert. Dann ging das Video in den Rohschnitt und nach mehreren Feedbackrunden zum Feinschnitt über. Die visuellen Effekte sollten am Rohmaterial eingefügt werden, welches nach Feedbackrunden und Fertigstellung ans Grading weitergegeben werden sollte. Parallel musste das Titeldesign und -animation erstellt und schlussendlich die Credit-Tafel eingefügt werden. Für die Postproduktion wurden zum Teil externe FreiberuflerInnen akquiriert, einige Aufgaben waren aber auch für die Mitglieder des Kernteams machbar.

 

3.3 Feedback zum Musikvideo

An dem Projekt wurde knapp ein Jahr gearbeitet. Viele Meinungen und Diskussionen sind in die Gestaltung des Musikvideos eingeflossen. Am 08.03.2021 wurde es veröffentlicht, weshalb verschiedene Rückmeldungen gesammelt und interpretiert werden konnten. Es wird in Kapitel 5 anhand verschiedener Reaktionen (Gefällt-Mir Angaben auf YouTube; Kommentare auf YouTube, Instagram, Facebook; Rückmeldungen per Messenger, SMS oder Mail) geprüft, ob verstanden wurde, dass es um Feminismus geht, ob die Geschichte und der Bruch mit Klischees nachvollzogen, und die Aussage des Videos rübergebracht wurde. Außerdem wird evaluiert, ob und wie das Video zur Bildung eines Images der Band beitragen kann.

 

4 Durchführung

4.1 Typologien von Girl-Groups in Musikvideos

Tanja Godlewsky (2017:52) argumentiert, dass Alternativen zu „narzisstischer Selbstobjektivierung“ und der Präsentation eines “perfekt modulierten weiblichen Körpers”, wie beispielsweise der von Nicki Minaj, Jennifer Lopez, Beyonce, Cardi B oder zum Beispiel auch der deutschen aufstrebenden Künstlerinnen Katja Krasavice oder Shirin David, gesucht werden müssen. Die Zurschaustellung des weiblichen Körpers, der dekorativ und begehrenswert erscheinen soll, wird auch von Railton und Watson (2011:18) als fälschliche Darstellung von Frauen identifiziert. Es wird nicht klar, dass sie selbst aktiv an der Gestaltung mitwirken (vgl. Railton & Watson 2011:18). Der Mann ist der Betrachter und die Frau wird betrachtet (vgl. Godlewsky 2017:49). Sie soll die „männliche Schaulust“ bedienen, ob „positives“ Vorbild, das als braves verfügbares Mädchen erscheint, oder „negativ“, als „wissendes und handlungsmächtiges Sexsubjekt, das durch den männlichen Blick wieder objektiviert wird“ (vgl. Godlewsky 2017:49). Railton und Watson (2011:18) verweisen auf verschiedene Arbeiten, die die ‘pornografische Ideologie von Musikvideos‘ (Cole 1999:1) in verschiedenen Genres herausstellen. So stellen sie beispielsweise fest, dass Frauen in Hip-Hop Videos oft ‚nutzlos herumstehen und verführerisch aussehen‘ (Perry 2003:136), während Frauen in Country Musikvideos oft verniedlicht werden oder sich in traditionellen Rollen ‚mostly as sexobjects‘ (Andsager & Roe 1999:80) präsentierten (vgl. Railton & Watson 2011:18).

Die Strategie der „Selbstsexualisierung“, wird in der Bestimmung der Gestaltungsstrategie nach dem Muster von Tanja Godlewsky (2017:51f), nur im Kontext der Provokation behandelt. Ohne weitere Informationen, die die Künstlerinnen im Liedtext, auf Social Media oder in Interviews ergänzen könnten, konstruieren sie sich selbst um die heterosexuelle männliche Fantasie, wie sie in der Pornografie zu finden ist, und die BetrachterInnen können nicht erkennen, ob es sich um eine selbstbestimmte Inszenierung und Darstellung handelt oder nicht (vgl. Godlewsky 2017:52).

Tanja Godlewsky (2017:52-59) ruft in ihrem Artikel dazu auf, alternative Gestaltungsstrategien von Weiblichkeit zu entwickeln. Dazu hat sie vier unterschiedliche Darstellungsmuster von Girl-Groups in Musikvideos zusammengefasst:

1. Unschärfen/Verschleiern/Verwischen (52-54); Beispiel Planningtonrock – „The Breaks“ (2011)
In dieser Typologie werden Musikvideos zusammengefasst, die die Verfremdung von Bild- und Videomaterial durchgängig eingesetzten, um Geschlechterdifferenzen unkenntlich zu machen und aufzulösen. Dazu nutzten sie auf der akustischen Ebene Autotune, und arbeiten visuell mit Licht, Modulationen, Verschleierungen oder Nebel. Fotos und Bewegtbilder werden dekonstruiert, um die Grenzen der eigenen Gestalt zu verändern und den eigenen Körper weniger eindeutig darzustellen

2. Provozieren (55f); Beispiel Peaches – „Rub“ (2015)
Künstlerinnen sind hier häufig als handlungsmächtige Sexsubjekte inszeniert, die die männliche Schaulust kritisieren und die „binäre Logik der Geschlechterdifferenz“ herausfordern. Die Visualisierung einer wechselhaften und somit fluiden Vorstellung von Geschlecht, indem vom Mann zur „falschen“ Frau zur „echten“ Frau transformiert wird, schafft einen Raum für „alternative sexuelle Identitäten“. Sie provozieren mit ihrer drastischen Darstellung und stellen so das Machtregime der normierten zweigeschlechtlichen Gesellschaftsordnung infrage.

3. Aneignen von männlichen Rollenbildern (57f); Beispiel SXTN – „Ftzn im Club“(2016)
Musikvideos dieses Typs brechen mit weiblichen Rollenerwartungen, indem sie sich männlich konnotierte Handlungsräume und Verhaltensweisen aneignen. Dies umfasst zum einen den Habitus, mit dem sie sich im Raum bewegen (Pöbeln, Betrinken, Erbrechen, Urinieren, Bluten etc.), und zum anderen den Ort selbst, so gilt in diesem Beispiel die Straße mit Themen wie Reviermentalität und Aggression als männlich konnotierte Umgebung.

4. Inszenieren von Weiblichkeit als Prinzip (58f); Beispiel Jenny Hval – „Female Vampire“ (2016)
Die Künstlerinnen sind eindeutig als Frauen erkennbar, vermeiden allerdings Posen, Bewegungen und Handlungsweisen, wie wir sie aus konventionellen Visualisierungen weiblicher Rollen kennen. Sie nutzen ungewöhnliche Handlungsräume mit irritierenden Elementen und Aktionen, um stereotype Geschlechterdarstellungen zu überwinden.

 

4.2 Biografie Taylor Swift

Taylor Swift steht bereits seit ihrer Kindheit als US-Amerikanische Singer-Songwriterin mit ihrer Gitarre und ihren Westernstiefeln auf der Bühne. Ihr unermüdlicher Ehrgeiz hat sie von dem kleinen Mädchen mit dem Traum Country-Sängerin zu werden zu einer der erfolgreichsten Popikonen aller Zeiten entwickeln lassen. Sie teilt ihre persönliche Geschichte, von Kindheitserfahrungen, der ersten Liebe, hin zur Person in der Öffentlichkeit, erzählerisch in ihren Songs, Musikvideos und Artworks. Dadurch schafft sie eine Verbindung mit ihren insbesondere jungen, weiblichen Fans, mit denen sie auch über Tumblr, Instagram oder sogar bei geheimen Konzerten in ihrem Garten in engem Kontakt steht (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:10)

Sie ist mit 185 Millionen US-Dollar Jahreseinkommen von Juni 2018 bis Juni 2019 die bestverdienende Musikerin weltweit (vgl. Statista Research Department 2020). Zu ihren vielen Auszeichnungen zählen zehn Grammy Awards und elf MTV Music Video Awards. Sie wurde vom Rolling-Stone Magazin (o. J.) unter den 100 besten SongwriterInnen aller Zeiten genannt, hat sämtliche Rekorde gebrochen, und zählt zu den einflussreichsten Menschen der Welt.

Schon im frühen Kindesalter äußerte sich ihre Kreativität durch die Freude am Schreiben, Musik machen und Schauspielern. Taylor Alison Swift wurde am 13.12.1989 in Pennsylvania in eine liebende und wohlhabende Familie geboren (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:11). Damit ihre Möglichkeiten nicht aufgrund ihres Geschlechts eingeschränkt werden, bekam Taylor einen geschlechtsneutralen Namen (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:11). Ihr Vater Scott Swift arbeitete als Börsenmakler und Andrea Swift praktizierte bis zur Geburt von Taylors zwei Jahre jüngeren Bruder Austin ihren Beruf als Marketingleiterin (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:11f). Die Familie Swift wollte in einer ruhigen und friedvollen Umgebung leben und zog ihre Kinder in Wyomissing auf einer Weihnachtsbaumfarm auf (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:11). Obwohl sie am 13. geboren wurde, was viele Menschen als Unglückszahl ansehen, betrachtet sie die Nummer 13 als ihre Glückszahl und erkannte schon früh, sich von Konventionen zu lösen und sie umzudrehen (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:12).

Ihre Begabung zum Schreiben half ihr die Fähigkeiten zum Geschichtenerzählen zu entwickeln, die sich später in ihrem Songwriting widerspiegelten. „I think I fell in love with words before I fell in love with music” (Kawa & Cartlidge 2016:15), sagte sie einmal. Als sie in der vierten Klasse an der privaten Wyndcroft School war, gewann sie mit ihrem Gedicht „Monster in My Closet“ den National Poetry Contest (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:15). “Poetry was the first thing that ever fascinated me about words and about writing”, sagte sie später dem Rolling- Stone Magazin, “poetry is what turned me into a songwriter” (Doyle 2009).

Die Musik begleitete Taylor Swift ebenfalls seit Kindheitstagen, schon ihre Großmutter war professionelle Opernsängerin und ein Mitglied der Houston Grand Opera (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:16). Ihre Mutter war Fan der Heavy Metal Rock Band Def Leppard und natürlich fand auch Country Musik Einzug im Hause der Swifts (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:16). Mit sechs Jahren bekam Taylor das Album „Blue“ von der Country Musikerin LeAnn Rimes geschenkt, die selbst auch ein Teenage-Star war und zu Taylors größtem Vorbild in ihrer Leidenschaft für Country Musik wurde (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:16). Vor allem weibliche Musikerinnen fanden Einzug in Taylors CD Sammlung wie Dolly Parton, Shania Twain, Stevie Nicks oder Faith Hill (vgl. Wikipedia). Sie liebte es zu singen und zu performen und als sie mit neun Jahren von ihrer Mutter zum Children’s Community Theater geschickt wurde, wo sie die Hauptrolle Sandy im Musical Grease besetzte, wurde der Wunsch auf der Bühne zu stehen immer größer (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:15f).

Sie fing mit Gesangs- und Schauspielunterricht in New York an, spielte auf lokalen Festivals und Events und fuhr häufig nach Nashville, um sich mit Karaoke Tapes bei Musiklabels vorzustellen (vgl. Doyle 2009). Obwohl sie vergeblich auf Rückmeldungen wartete, suchte sie sich neue Wege, um ihr Ziel zu erreichen, und begann die National Hymne zu singen (vgl. Doyle 2009).

“When I was 11, it occurred to me that this was the best way to get in front of a large group of people. I’d sing it wherever I could — 76ers games, the U.S. Open, garden-club meetings, I didn’t care. I actually used to sing it for the Reading Phillies, and a few of the members of the Phillies now, like Pat Burrell, were on that minor-league team“ (Scaggs 2008), erzählte sie 2008.

Ihr Fleiß machte sich nur zwei Jahre später bezahlt. Nachdem Swift 2003 bei einem RCA Records-Showcase eigene Songs gespielt hatte, bekam sie einen Artist Development Deal angeboten (vgl. Doyle 2009). Um den immer lauter werdenden Traum ihrer Tochter zu realisieren, zog die Familie 2004 nach Hendersonville Tennessee, denn es schien gut zu laufen für Taylor (vgl. Doyle 2009). Ihr früherer Song „The Outside“ wurde für Maybellines Compilation CD namens „Chicks with Attitude“ ausgewählt (vgl. BMI 2005), ein Projekt, um junge weibliche Newcomer vorzustellen. Außerdem arbeitete sie mit anderen SongwriterInnen, wie Liz Rose, Troy Verges, Brett Beavers und Warren Brothers zusammen (vgl. Doyle 2009) und wurde im Mai 2005 als jüngste Songwriterin im Sony/ATV-Verlag mit 15 Jahren eingestellt (vgl. BMI 2005).

2005 wurde sie nach einem Auftritt im Nashville’s Bluebird Cafe von Scott Borchetta, ehemaliger Geschäftsführer von DreamWorks Records, eingeladen (vgl. Doyle 2009). Er wollte ein neues Independent Label gründen, das zu den großen Unternehmen der Nashville Music Row zählen sollte (vgl. Doyle 2009). Für Taylor Swift eine willkommene Möglichkeit, denn sie wollte den Vertrag mit RCA Records nicht wie angeboten, um noch ein weiteres Jahr verlängern (vgl. Doyle 2009). Das Label weigerte sich Taylor Swift zu erlauben, ihre eigenen Songs aufzunehmen, sie sollte die Songs anderer Rechteinhaber interpretieren (vgl. Doyle 2009). Später sagte sie dazu, “I genuinely felt that I was running out of time. I wanted to capture these years of my life on an album while they still represented what I was going through” (vgl. Thompson 2020). Scott Borchetta gründete Big Machine Records und nahm Taylor Swift 2006 als erste Künstlerin des Labels unter Vertrag (vgl. Doyle 2009).

2006 unterschrieb Taylor Swift ihre Masterrechte an den ersten sechs Alben an Big Machine Records abzugeben, im Austausch für einen finanziellen Vorschuss, um ihre Karriere zu starten (vgl. BBC 2020). Das bedeutet, das Label kann darüber bestimmen, was mit den Original-Aufnahmen der Songs passiert, „von Wiederveröffentlichungen oder Verkauf von Box Sets, zur Nutzung in der Werbung oder auf einer Streaming- Plattform“ (BBC 2020). Als Taylor Swift ihre Karriere startete, war es für KünstlerInnen wichtig, CDs in Geschäften zu vertreiben und im Radio gespielt zu werden. Daher sind hohe Investitionen nötig gewesen, um die Karriere voranzubringen (vgl. Glynn 2019). Durch den Wandel hin zum Streaming und dem digitalen Markt, würde ein solcher Künstler-Label-Vertrag einem mittlerweile nicht mehr angeboten werden (vgl. Glynn 2019).

Schon im Juni 2006 veröffentlichte Taylor Swift ihre ausgekoppelte Debüt-Single „Tim McGraw“. Ein Liebeslied über ihre Teenage-Liebe und wie Tim McGraws Musik die Erinnerungen an diese Liebe zurückbringt. Im Oktober 2006 folgte dann das selbsternannte Debüt-Album. Der Titel ihrer ersten Single bot eine gute Vermarktungsstrategie und erweckte Interesse bei der angestrebten Zielgruppe. Tim McGraw ist einer der erfolgreichsten Country-Sänger, der außerdem mit der berühmten Country-Sängerin Faith Hill verheiratet ist (vgl. Doyle 2009).Ein Song mit seinem Namen erregt also bei allen Country-Liebhabern des Landes Aufmerksamkeit (vgl. Doyle 2009).

Neben dem Schulunterricht arbeitete sie an neuen Songs, promotete ihre Musik, spielte wie gewohnt auf lokalen Events, Festivals, ausgewählten Clubs und sang weiterhin die National Hymne, wie beispielsweise auf dem NSCAR Event im November 2006 (vgl. Doyle 2009). Sie beendete 2008 erfolgreich ihre Schulzeit (vgl. Doyle 2009).

Nachdem das Album und die Single, in kurzer Zeit schon erste Erfolge erzielten, wurden von 2007 bis 2008 weitere Singleauskopplungen veröffentlicht und steigerten das Interesse an Taylor Swift. Fünf Songs schafften es in die Top Ten der Billboard Country Charts und in die Top 40 der Billboard Hot 100 Pop Charts (vgl. Doyle 2009). “Our Song“ wurde sogar zu ihrem ersten Nummer 1 Hit in den Billboard Country Charts (vgl. Doyle 2009).

Doch nicht nur Taylors Gespür für Text und Musik, verhalfen ihr zum Erfolg, sondern auch ihr Umgang mit sozialen Medien. Sie nutzte MySpace nicht nur um ihre Musik zu promoten, sondern, unüblich für Country- MusikerInnen, um sich mit ihren Fans auszutauschen (vgl. Kawa & Cartlidge 2016:10). Ihre Songs wurden nicht nur physisch, sondern auch digital vertrieben, ihre Musikvideos waren auf YouTube, MySpace oder auch auf ihrer Website zu finden. Sie kombinierte den physischen Markt mit dem Digitalen, erhöhte dadurch ihre Verkäufe und schuf eine persönliche Bindung mit ihren Fans (vgl. Doyle 2009). Ende 2008 hatte Taylor Swift mit ihrem selbsternannten Album mehr als drei Millionen Tonträger verkauft (vgl. Doyle 2009).

Im November 2008 erschien ihr zweites Studioalbum „Fearless“, das mit Platz eins in die Billboard 200 Album Chart einstieg (vgl. Doyle 2009). In der ersten Woche verkaufte sie 590.000 Tonträger und erzielte damit einen neuen Rekord der besten ersten Verkaufswoche einer weiblichen Künstlerin 2008 (vgl. Doyle 2009). Auch bei diesem Album wirkte sie bei allen 13 Songs mit, schrieb sieben Lieder alleine und ebenso wie beim Album „Taylor Swift“, wurden Singleauskopplungen vor und nach Release verbreitet (vgl. Doyle 2009). Ihre Hit-Single „Love Story“ wurde schon im September 2008 veröffentlicht und als erster international verkauft (vgl. Doyle 2009). Im März 2009 hielt sich ihr Album bereits seit elf Wochen in den Billboard Album Charts (vgl. Doyle 2009). Ein Erfolg, den bis dahin nur fünf weitere Künstlerinnen erzielt haben seit Billboard die Charts bestimmt (vgl. Doyle 2009). Dazu zählen Größen wie Whitney Houston und Mariah Carey (vgl. Doyle 2009). Um ihr Album zu promoten, begann 2009 Taylors „Fearless“-Tour, mit der über 63 Millionen Dollar generiert wurden (vgl. Wikipedia 2021).

Taylors Leben hatte sich geändert. Ihre Konzerte waren ausverkauft und im März 2009 schaffte sie es sogar auf die Titelseite des Musikmagazins Rolling-Stone zusammen mit der Story „Taylor Swift: Secrets of a Good Girl” (vgl. Doyle 2009). Sie hatte sich das Image eines braven Vorzeige-Mädchens aufgebaut und erklärte auch im Interview zur Story, dass sie noch nie etwas mit Drogen zu tun hatte. “I have no interest in drinking, I always want to be responsible for the things I say and do” (Grigoriadis 2009).

Doch wenn die Karriere wächst, wächst auch das öffentliche Interesse und die Kritik am Image (vgl. Lana 2020: 32:15). Bei den MTV Music Video Awards 2009 wurde ihr Clip zum Song „Love Story“ mit dem Titel „Best Female Video“ ausgezeichnet. Als der US-Rapper Kanye West auf die Bühne kommt und sie in ihrer Dankesrede unterbricht, behauptet er, dass Beyoncé diese Auszeichnung verdient habe, da sie eines “der besten Videos aller Zeiten” veröffentlicht hätte (vgl. BLINDED 2020:00:52-01:07). Taylor bekam zwar nach diesem Auftritt medialen Zuspruch, doch „die Missachtung eines etablierten Superstars demonstriert zu bekommen“, wurmte Taylor und ließ sie als „Außenseiterin“ dastehen, wie sie im Interview mit dem Rolling-Stone Magazin 2019 erzählte (vgl. Hiatt 2019). Nichtsdestotrotz sympathisierten die Medien und Fans mit Taylor Swift und der Vorfall rückte ihre Person immer mehr ins Rampenlicht. Ihre Songs wurden nun auch im Pop-Radio gespielt, sie trat in jeglichen Medien auf und ihr Privatleben wurde zum Gesprächsthema. Dies setzte sie „einem viel größeren Publikum aus, einem wertenderen“ (Montgomery 2010), welches sie nicht als das Mädchen, das ihre Songs selbst schrieb und mit Cowboy-Stiefeln die Welt besang, sah, sondern als „Mainstream-Berühmtheit“, „zu der sie allerdings gerade erst geworden war“ (Montgomery 2010).

Nachdem sie wenig später vier Grammys gewann, darunter ihr Album „Fearless“ mit dem Preis „Album of the Year 2010“ als bisher jüngste Solokünstlerin, entfielen Beyoncés Grammy-Nominierung für ihr Album „I Am…Sasha Fierce“ und Lady Gagas Nominierung für „The Fame“ (vgl. The Daily Beast 2010). Plötzlich wurde daran gezweifelt, ob Taylor Swift den Erfolg überhaupt verdient hätte. Ihre „wackelige“ Live-Performance bei den Grammys wurde mit Beyoncé und Lady Gaga verglichen, „die bereits hervorragend live performt haben“ (Montgomery 2010); in ihrer Dankesrede war sie so aufgeregt, dass sie vergaß einen der Nominierten zu erwähnen und zu allem Unheil ließ sie beim Posieren mit vier Grammys auf dem Arm einen der Awards fallen und zerbrechen (vgl. The Daily Beast 2010). All das bestärkte den Unmut über ihren schnellen Durchbruch (vgl. Montgomery 2010). Innerhalb von weniger als vier Jahren hat sie Chart Rekorde gebrochen, Millionen an Tonträgern verkauft und so gut wie jeden Preis gewonnen, den MusikerInnen gewinnen können (vgl. The Daily Beast 2010). „It’s the whole idea of, ‘Well, too many people like her, so let’s pick at why?’” erklärte Maura Johnston dem Redakteur James Montgomery (2010) von MTV. Musikfans teilten ihre Meinung im Internet, erstellten beispielsweise Facebookgruppen und spielten unter anderem auf Kanye Wests Unterbrechung 2009 an. “Yo Taylor, ima let you finish, but Lady Gaga had the best album of the year”, nannte sich eine der vielen Facebookgruppen (vgl. The Daily Beast 2010).

Durch soziale Medien ist die Hemmschwelle geringer geworden, seine Feindseligkeit mitzuteilen, egal ob es sich um einen Politiker oder Popstar handelt (vgl. Montgomery 2010). „And animosity begets animosity. It’s just the way things go these days“, so Maura Johnston im Interview (vgl. Montgomery 2010). In der Dankesrede 2019 zu Billboards erstmaliger Auszeichnung „Woman of the Decade“ reflektiert Taylor Swift ihren Rückschlag.

„With that win came criticism and backlash in 2010 that I’d never experienced before as a young new artist. All the sudden people had doubts about my singing voice … All of a sudden they weren’t sure if I was the one writing the songs because sometimes in the past I had had co-writers in the room” (Billboard & Swift 2019: 02:45- 03:10).

Früher oder später wird die Authentizität der KünstlerInnen hinterfragt; nicht nur ob sie gut performen können, sondern auch ob sie in dem Regelwerk des Genres bestehen können (vgl. Railton & Watson 2011:73). Sie sagt „This was the decade when I became a mirror for my detractors. Whatever they decided I couldn’t do is exactly what I did. And this reflect dictated more than just my lyrics” (Billboard & Swift 2019: 01:58-02:10).

Musikalisch lief es gut für Taylor Swift. Ihr drittes Album „Speak Now“, das sie als Reaktion auf ihre Kritiker alleine schrieb (vgl. Hiatt 2019), und auch ihr viertes Album „Red“ (2012) wurde ein Erfolg und brachte Taylor zahlreiche Auszeichnungen ein (vgl. ProSieben 2013). Der Wandel hin zum selbstbewussten Popstar war erkennbar, das Album rockiger und poppiger und weniger dem Country-Genre entsprungen (vgl. ProSieben 2013). Ihr fünftes Studioalbum „1989“ (2014) machte ihr Pop Image komplett. Es war ihr poppigstes Album. Während sie ihre Musik von Spotify, der Nummer eins der Streaming-Dienste mit 50 Millionen zahlende Abo-Kunden, von 2014 bis 2017 entfernte, um gegen werbefinanzierte Angebote anzugehen, erreichte sie mit „1989“ bis 2017 mehr als zehn Millionen Verkäufe (vgl. Handelsblatt 2017). Als der Streaming-Dienst Spotify MusikerInnen 2017 die Möglichkeit gewährte, ihre Musik eine Zeit lang nur für Abo-Kunden verfügbar zu machen und Nutzern der Gratis-Version vorzuenthalten, kehrte sie zu Spotify zurück (vgl. Handelsblatt 2017).

Trotz ihres musikalischen Erfolges und ihres Protestes für faire Bezahlung, hielt der „Backlash“ weiterhin an (vgl. Handelsblatt 2017). Sie war im Fokus der Medien, die allerdings nicht nur über ihre Musik berichteten. Aussagen wie „She is too thin“, „Taylor Swift is annoying“ oder „She is going through guys like a train?” werden im Verlauf ihrer Netflix Dokumentation “Miss Americana” wiedergegeben (vgl. Lana 2020). Sie reagierte auf Kritik, indem sie anfing ihre „Fehler“ zu korrigieren und sogar über zu korrigieren (vgl. Billboard & Swift 2019). „I reduced dating, made more songs about friends and not breakups, made an entire genre shift and a pop album called 1989 (in 2014), reduced photos of me with my friends” (Billboard & Swift 2019: 04:22-05:06). Doch manche Forderungen der Kritiker waren unerreichbar. So geriet sie in die Magersucht. Immer wenn sie ein Bild von sich sah, auf dem ihr Bauch dick aussah oder wenn jemand sagte, dass sie schwanger aussähe, löste es etwas in ihr aus und sie begann zu hungern (vgl. Lana 2020: 29:35). Später sagt sie dazu „There is always some standard of beauty that you’re not meeting. ‘Cause if you’re thin enough, you don’t have that ass that everybody wants. But if you have enough weight on you to have an ass, your stomach isn’t flat enough. It’s all just fucking impossible” (vgl. Lana 2020: 31:12). Nicht nur das geforderte Schönheitsideal war unerreichbar, sondern auch ihre Kritiker zufrieden zu stellen. In ihrer Rede zur Auszeichnung „Woman of the Decade” sagt sie: „I didn’t know then that soon enough people would decide on something else I wasn’t quite doing right, and then the circle would keep going on and on and rolling along …” (Billboard & Swift 2019:04:05-04:17).

Kanye West brachte 2015 den Stein wieder ins Rollen, als er seinen Song “Famous“ veröffentlichte mit den Zeilen „Me and Taylor might still have sex, I made that bitch famous“ (vgl. Hiatt 2019). Als Taylor Swift sagte, dass sie mit der Message dieser Zeile nicht einverstanden ist, veröffentlichte Wests Frau Kim Kardashian ein heimlich gefilmtes Telefonat zwischen den beiden. In der Aufnahme hört man, wie Swift mit der Textzeile „Me and Taylor might still have sex“ zwar einverstanden ist, die Hintergründe der Zeile „I made that bitch famous“ bleiben jedoch ungeklärt (vgl. Hiatt 2019). Im Juli 2016 veröffentlichte Kanye West das Musikvideo zu dem Song, in dem Taylor Swift nackt als Wachsfigur mit anderen Prominenten an der Seite von Kanye West in einem Bett liegt und schläft. Das Magazin HollywoodLife berichtet, dass Taylor Swift „außer sich vor Wut“ gewesen sei (vgl. Wilson 2016).

Der Hashtag #TaylorSwiftIsOverParty wurde weltweit zum größten Trend auf Twitter (vgl. Lana 2020: 34:55). KritikerInnen behaupteten, dass Taylor sich fälschlicherweise als Opfer darstellen würde, da sie von dem Songtext wusste. Ein Twitter-User schrieb beispielsweise „#TaylorSwiftIsOverParty just because she has tons of awards and money, that can’t change an ugly personality” (vgl. Lana 2020: 35:05). Auch andere Schlagzeilen verbreiteten sich wie „Taylor Swift Isn’t Like Other Celebrities, She’s Worse” (Vice) oder “How Taylor Swift Played The Victim For A Decade And Made Her Entire Career” (BuzzFeed) (vgl. Lana 2020: 35:15).

Nach ihrer „1989“-Tour 2015 zog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück, die starke Medienpräsenz belastete sie (vgl. Vip 2016). Während ihrer Pause traf sie ihren aktuellen festen Freund Joe Alwyn und arbeitete an ihrem nun sechsten Studioalbum „Reputation“ (vgl. Hiatt 2019), das im November 2017 erschien. Gegenüber dem Rolling – Stone Magazin sagte sie, dass sie durch das Schreiben an neuen Songs und Gedichten ihre Gefühle verarbeiten konnte (vgl. Hiatt 2019). Nicht nur die Konflikte mit Kanye West oder Kim Kardashian spielen eine Rolle in ihrem angriffslustigen Album. Sie „knüpft sich auch die Medien vor, die Taylor oft als männerhungrige Sängerin bezeichneten, die nur Songs über ihre Exfreunde schreiben kann“ (ProSieben 2013).

„Unter der rabiaten Oberfläche erzählt das Album eigentlich eine Lovestory. Eine Lovestory inmitten des Chaos. All diese metallisch-martialischen Klänge beschrieben das, was in der Außenwelt vor sich ging. Das war der Kampf, den ich vom Fenster aus verfolgte – während es gleichzeitig diesen Zustand neugewonnener Ruhe und Zufriedenheit gab, den ich mir zum ersten Mal in meinem Leben nach eigenen Vorgaben erarbeitet hatte“, sagt sie über ihr Album „Reputation“ (vgl. Hiatt 2019).

Sie machte trotz Rückschlägen weiter und ermutigt nun auch andere sich nicht unterkriegen zu lassen. „The only way forward is forward motion. That we shouldn’t let obstacles like criticism slow down the creative forces that drive us.” (Billboard & Swift 2019:06:50-06:58). Taylor Swift war für ihre junge Fangemeinschaft immer ein positives Vorbild, und wollte ihren enormen Einfluss auch weiterhin positiv nutzen. Sie machte sich für KünstlerInnen und Frauen, insbesondere in der Musikbranche, stark und begann sich politisch zu positionieren. Eine heikle Entscheidung, wie aus ihrer Dokumentation „Miss Americana“ hervorgeht, denn Taylors gesamte Karriere war bis hierhin auf das „Good-Girl Image“ aufgebaut, das ihre politische Meinung anderen nicht aufzwängt und die Situation unangenehm macht (vgl. Lana 2020: 50:48).

Als Negativ-Beispiel galten ihr Vorbild die Dixie Chicks, eine der erfolgreichsten Country Girl-Groups, die bei einem Konzert den Präsidenten Goerge W. Bush beleidigten: „And we’re ashamed that the President of the United States is from Texas” (vgl. Lana 2020: 50:00). Als sie ihre politische Meinung mitteilten, provozierten sie einen Backlash von seinen Anhängern und vielen ihrer republikanischen Fans (vgl. Lana 2020: 50:00). Country ist das Musikgenre, das am meisten dem Weltbild der Republikaner entspricht (vgl. BR24 2020). Themen im konservativen Genre Country sind meistens Familie, Glauben und Patriotismus (vgl. BR24 2020). Der Song „Only In America“ vom Country-Duo Brooks & Dunn wurde wegen Zeilen wie „We All Get A Chance/ Everybody Gets To Dance/ Only In America” zum gefeierten Wahlkampfsong von George W. Bush und Dick Cheney (vgl. BR24 2020).

Taylor Swift blieb lange verwehrt ihre politische Meinung frei zu äußern. „Throughout my whole career, labels executives and publishers would just say: ‘Don’t be like the Dixie Chicks.’ And I loved the Dixie Chicks”, sagt sie (vgl. Lana 2020: 50:36). Als sie zu den Zwischenwahlen im Oktober 2018 auf ihrem Instagram-Account Unterstützung für die Kandidaten der Demokraten im US-Bundesstaat Tennessee bekundete und ermutigte wählen zu gehen, riskierte sie viele ihrer Fans zu verlieren.6 Sie kommt zum einen aus dem republikanisch dominierten Tennessee im Süden der USA, und hat sich zum anderen ihren Erfolg mit Country-Musik aufgebaut (vgl. Kort 2018). Doch ihre bisherigen Rückschläge haben ihr gezeigt, dass die Angst kritisiert zu werden, einen nicht aufhalten sollte (vgl. Dokumentation Miss Americana 51:28). Ihr Post bewirkte einen enormen Anstieg an Wahlstimmen, meldete Vote.org (vgl. Lana 2020: 01:05:55). „Ich mag Taylor Swifts Musik jetzt 25 Prozent weniger“, twitterte daraufhin Donald Trump (vgl. Lana 2020: 01:07:00).

Taylor Swift war es gewohnt auf ihre eigene Intention zu vertrauen, schon früh hat sie sich verantwortlich für den geschäftlichen Aspekt gefühlt, dachte aber, „dass das Publikum nur Musikerinnen mag, die ein Glücksfall des Schicksals sind“ (vgl. Hiatt 2019). Oder wie Tine Plesch (2013:49) schreibt „als wären Mädchen passive Gefäße anderer Leute genialische Eingebung.“ Im Interview sagt Taylor, dass es Frauen nicht zugetraut wird, auch im Konferenzraum zu sitzen, Ideen vorzuschlagen und das Konzept selber zu realisieren (vgl. Hiatt 2019). Sie fügt hinzu „dabei lieben die Leute inzwischen gerade die jüngeren Musikerinnen, die auch geschäftlich ihren eigenen Weg gehen. Es ist eine Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten ist“ (vgl. Hiatt 2019).

2018 beendete Taylor Swift die jahrelange Zusammenarbeit mit ihrem Label Big Machine Records und wechselte zum Major-Label Universal (vgl. Kort 2018). Bei der Vertragsverhandlung setzte sie sich dafür ein, dass auch andere KünstlerInnen an ihrer Vermarktung über den Streamingdienst Spotify beteiligt werden (vgl. Kort 2018). Major-Labels haben sich in Austausch für die Nutzungsrechte an ihren Katalogen, mit Unternehmensanteilen von Spotify bezahlen lassen. Taylor Swift hat erreicht, dass Universal, bei einem möglichen Verkauf von den Anteilen, die Erlöse den KünstlerInnen auszahlt (vgl. Kort 2018). Außerdem wird sie in Zukunft, anders als bei Big Machine Records, die Masterrechte an ihrer Musik behalten (vgl. Kort 2018).

Laut eigener Aussagen hat sie schon jahrelang versucht die Masterrechte an ihren ersten sechs Alben zurückzubekommen. In ihrem Tumblr-Post im Juni 2019 sagte sie „For years I asked, pleaded for a chance to own my work. Instead I was given an opportunity to sign back up to Big Machine Records and ‘earn’ one album back at a time, one for every new one I turned in.“7 Auf der Website von Big Machine Records wiederspricht Scott Burchetta und legt seine Sicht da. „Taylor had every chance in the world to own not just her master recordings, but every video, photograph, everything associated to her career. She chose to leave” (Burchetta o. J.). Er veröffentlichte in seinem Statement sogar Ausschnitte aus ihrem Künstlervertrag.

Taylor Swift geht bewusst die Auseinandersetzung mit den Rechteinhabern ihrer Musik öffentlich an, um junge KünstlerInnen aufzuklären und ihnen ein Beispiel zu sein. Noch nie war es möglich einen solchen Label-Künstler- Streit öffentlich zu führen (vgl. Glynn 2019). Durch die sozialen Medien ist es für KünstlerInnen einfacher geworden, Einfluss zu nehmen, als in Zeiten von Prince oder Goerge Michael, deren Sprachrohr die Presse war (vgl. Glynn 2019). „Things that would once have been confined to legal offices are now much more out in the open”, sagt Mark Sutherland, Redakteur für MusicWeek und weist darauf hin wie neuartig es ist, dass ein Label Details zu Künstlerverträgen dieser Größenordnung veröffentlicht (vgl. Glynn 2019).

2014 sprach sich Taylor Swift noch für fairere Bezahlung im Streaming aus. 2019 hingegen wies sie auf eine neue potenzielle Gefahr hin. Sie berichtet von Investoren, die mit privaten Aktien Musik aufkaufen, „as if it is real estate“ (WoD Speech 9:40). Ihr selbst ist das ohne ihr Wissen passiert, als das Label Big Machine Records und damit ihr gesamter Katalog im Juni 2019 für 300 Millionen US Dollar an Scooter Brauns Ithaca Holdings verkauft wurde (BBC 2020). Der Deal wurde von den Investment-Firmen Soros Family, 23 Capital und der Carlyle Group finanziert (vgl. Billboard & Swift 2019: 10:05). Seitdem findet zwischen Taylor Swift und Scooter Braun ein öffentlicher Streit um die Kontrolle über die Musik statt.

In ihrem Tumblr-Post wirft sie Scooter Braun, der unter anderem ihren Rivalen Kanye West managet, „jahrelanges manipulatives Mobbing“ vor. Nach mehreren Konflikten, die von Taylor Swift öffentlich thematisiert und ausgetragen wurden, äußerte sich Scooter Braun erstmals öffentlich auf seinem Instagram-Account zur Debatte, als er nach ihrem letzten öffentlichen Statement im November 2019 Morddrohungen erhielt.8 In seinem Post hält er Taylor Swift dazu an, persönlichen Kontakt aufzunehmen und nicht die Öffentlichkeit aufzuscheuchen. Als Taylor’s Team allerdings versuchte mit Scooter Braun einen Lösungsweg zu finden, sollte Taylor Swift, laut ihres Twitter Posts im November 2020, unterschreiben, dass sie nie wieder ein schlechtes Wort über Scooter Braun verlieren dürfe, bevor sie überhaupt für ihre Werke bieten könne.9

Da Taylor Swift nicht wollte, dass Scooter Braun an ihrer Musik profitiert, kündigt sie in ihrem Twitter-Post an, ihre alte Musik neu aufzunehmen, um einen Teil ihrer Arbeit zurückzuerlangen und ihm aus ihrem Lebenswerk rauszuhalten.10 Mittlerweile hat sie bereits ihre ersten neu aufgenommenen Songs veröffentlicht, wie beispielsweise „Love Story“ (vgl. He 2021). Sie setzt sich weiterhin für bessere Konditionen für Frauen, KünstlerInnen und Minderheiten ein und positioniert sich nicht nur im Musikgeschäft, sondern auch politisch.

 

4.3 Musikvideo-Analyse

4.3.1 Miley Cyrus – Mothers Daughter

Das Musikvideo zur Lead-Single „Mother’s Daughter“ aus der EP „She’s Coming“ von Miley Cyrus wurde am 02.07.2019 veröffentlicht und wurde 2020 mit zwei MTV Video Music Awards ausgezeichnet (vgl. MTV 2020). Die selbsternannte feministische Hymne zelebriert diverse weibliche und geschlechtswidrige Körpertypen und rebelliert gegen gesellschaftliche Tabus, die die Freiheit der Frauen einschränken. Miley selbst zeigt sich sexuell-provokativ in rotem Licht und einem roten Latexanzug und versucht zu verkörpern, was sie auch im Refrain beschreibt „I’m nasty, I’m evil“ und dass sie die Freiheit besäße, zu tun was sie wolle. Sie hat mit Regisseur Alexandre Moors, der bereits mit Kendrick Lamar und Jennifer Lopez zusammengearbeitet hat, das Video konzipiert und finalisiert als in Amerika Abtreibung illegalisiert werden sollte (vgl. Blistein & Blistein 2019). Die Message des Songs ist, dass die Freiheit der Frau nicht angegriffen werden darf und das Video unterstreicht noch einmal diesen Protest. Miley Cyrus hebt vor allem die starke Beziehung zwischen Mutter und Tochter hervor. In ihrem Song bezieht sie sich auf ihre eigene Mutter Leticia Cyrus. Sie singt „My Mama always told me that I’d make it, so I made it“ und zeigt sich zu diesem Vers auch im Video an ihrer echten Mutter lehnend.

Der Electro-Popsong „Mother’s Daughter“ ist kraftvoll und mitreißend. Er beginnt mit einem kurzen 15- sekündigen Intro, in dem elektronische Sounds auf die eingängige und simple Melodie treffen. Der Beat ist vorantreibend und deutet einen Marsch an, als würde eine Streitmacht auf einen zu kommen. Miley steigt in der Strophe selbstbewusst ein und reiht kurze Wörter aneinander. Sie verleiht dem Song eine freche und angriffslustige Stimmung. Durch den Hall auf der Stimme, bekommt der Zuhörer ein Gefühl von Weite und Freiheit vermittelt.

Der Song weist folgende Struktur auf:
Intro – Strophe – Pre-Chorus – Chorus – After-Chorus – Strophe – Pre-Chorus – Chorus – After-Chorus – C-Part – Chorus – Outro

In 3:39 Minuten wird ein Gefühl von Kraft und Aufstand, Freiheit und Angriff vermittelt. Die Protesthaltung, die der Song einnimmt, wirkt selbstbewusst, bestimmt und fordernd. Im Pre-Chorus wird die Frau als kraftvolles und bewundernswertes Geschlecht angesehen, die alles erreichen kann und die selbst Macht besitzt. Im Refrain nimmt Miley mit der Zeile 16 nimmt sie Bezug auf ihren Bekanntheitsgrad, der, wie auch bei Taylor Swift, oft dazu führt, beurteilt zu werden. Seine Fehler zu verstecken und die Presse umgehen zu wollen wie Taylor Swift, oder „nackt auf einer Abrissbirne“ zu performen wie Miley Cyrus, sind zwei unterschiedliche Fälle, die gleich viel Aufregung bewirken (vgl. Dawson 2019).

„You want to hack my e-mail so you can find my nude pictures? I’ll just fucking put them up”, sagte sie schon 2015 im Interview mit dem Marieclaire Magazin (vgl. Glock 2015). In ihrem Song „Mother’s Daughter“ bezeichnet sie sich selbst als „nasty“ und „evil“ und nimmt somit den Beurteilenden die Macht und dem Frauenbild, das Frauen als verfügbar und brav darstellt, die Bedeutung. Dadurch, dass sie betont Tochter einer Mutter zu sein, wird dem Gesagten eine Natürlichkeit zugeschrieben, etwas das von Geburt an gegeben ist und nichts, das ihr „eingeflößt“ wurde. Der Refrain wird durch den After-Chorus noch gesteigert, indem Miley den Mann oder in diesem Fall Jungen auffordert zurückzutreten. Dadurch wird klar, dass es nicht darum geht, die männliche Schaulust durch den weiblichen Körper zu befriedigen, sondern dass die Frau allein im Mittelpunkt steht, dass ihr Körper ihr gehört.

Songtext „Mother’s Daughter“ von Miley Cyrus:
Hallelujah, I’m a freak, I’m a freak, hallelujah
Every day of the week, I’ma do ya like I want to
I’m a Nile crocodile, a Piranha
Oh my gosh, she got the power
Oh, look at her, she got the power
So, so, so
Don’t fuck with my freedom
I came up to get me some
I’m nasty, I’m evil
Must be something in the water
Or that I’m my mother’s daughter
Don’t fuck with my freedom
I came up to get me some
I’m nasty, I’m evil
Must be something in the water
Or that I’m my mother’s daughter
So, back up, back up, back up, back up, boy, ooh
Back up, back up, back up, back up, boy, ooh
Hallelujah, I’m a witch, I’m a witch, hallelujah
Swish swish, I’m a three-point shooter, I blow through ya
Like a hot wind out in the bayou, ya
Oh my God, she got the power
Well, look at her, she got the power
Don’t fuck with my freedom
I came up to get me some
I’m nasty, I’m evil
Must be something in the water
Or that I’m my mother’s daughter
Don’t fuck with my freedom
I came up to get me some
I’m nasty, I’m evil
Must be something in the water
Or that I’m my mother’s daughter
So, back up, back up, back up, back up, boy, ooh
Back up, back up, back up, back up, boy, ooh
Back up, back up, back up, back up, boy, ooh
Back up, back up, back up, back up, boy, ooh
My mama always told me that I’d make it
That I’d make it, so I made it
I put my back into it, my heart in it
So I did it, yeah, I did it
My mama always told me that I’d make it
That I’d make it, so I made it
I put my back into it, my heart in it
So I did it, yeah, I did it
Don’t fuck with my freedom
I came up to get me some
I’m nasty, I’m evil
Must be something in the water
Or that I’m my mother’s daughter
Don’t fuck with my freedom
Oh my God, oh my God
Don’t fuck with my freedom
Oh my God, oh my God
Don’t fuck with my freedom
Oh my God, oh my God
Don’t fuck with my freedom
Oh my God, oh my God
Swish swish, motherfucker (Ow)

Das Video, das den Song „Mother’s Daughter“ promoten soll, lässt sich, laut Railton und Watson (2011:58ff), dem „Staged Performance Video“ zuordnen. Verschiedene Gäste sind abwechselnd in einem Studio zu sehen, dessen Set in rotes Licht getaucht ist. Dazu zählen Model Aaron Philip und Casil McArthur, Skateboarder Leo Baker, Tänzerin Amazon Ashley, Schauspielerin Angelina Duplisea, die elf Jahre alte Aktivistin Mari Copeny und Mileys eigene Mutter (vgl. Wilt 2019). Sie repräsentieren Body Positivity, farbige Frauen, behinderte Frauen, Transgender und geschlechtswidrige Personen. Sie alle entsprechen nicht der Norm und sprengen traditionelle Vorstellungen von Geschlechtlichkeit. Um ihr Musikvideo zu promoten, hat Miley Cyrus auf Instagram zu jeden der PerformerInnen einen Beitrag gepostet. In der Beschreibung der Posts wurden die DarstellerInnen zitiert und senden jeweils eine genderrelevante Botschaft. (PS: Der Umfang der Arbeit gibt es nicht her auf jedes Statement einzeln einzugehen. Deshalb wurden nur drei Beispiele ausgewählt. Weitere Aussagen sind auf Miley Cyrus Instagram-Seite zu finden.)

Die Farbe Rot dominiert und weckt Assoziationen mit Feuer, Blut und Liebe. Sie steht für Leidenschaft, Macht und Mut, aber auch Gefahr, Aggressivität, Wut oder Zerstörung (vgl. O A 2020b).

Das Video beginnt mit einem Close-Up auf dem Mund einer Kaugummi kauenden Frau, die eine Zahnspange trägt. Im Anschluss wird der Slogan „EVERY WOMAN IS A RIOT“ eingeblendet.

Im Laufe des Videos werden weitere feministische Botschaften gesendet, wie „Virginity is a social construct“, „feminist AF“ und „my body my rules“. Die Protesthaltung des Songs wird verdeutlicht als eine der Performerinnen mit nacktem Oberkörper, auf den in schwarzen Großbuchstaben geschrieben steht „I AM FREE“, direkt die Kamera addressiert.

Die Szene symbolisiert den Kampf für Frauenrechte, wie in Amerika, Russland und derzeit Polen, wo der Song „Mother’s Daughter“ als Protestsong genutzt wird. Die Slogan-zentrierte Methode orientiert sich an feministischen Vorreiter-Gruppen wie beispielsweise Femen, Riot Grrrl und Guerilla Girls (vgl. Lee 2019).

Der Regisseur erzählte dem Magazin Los Angeles Times „We wanted to make a tribute to the previous women who fought this battle, because you can imagine how hard it was for the women of the ‘90s and ‘80s, when it wasn’t even a subject people were bringing up. These women put their bodies on the front lines to fight for what is right, and I have a deep respect and fascination for them“ (vgl. Lee 2019).

Miley Cyrus zeigt sich im dritten Shot in einem roten Latexanzug, der an die Outfits von Britney Spears „Oops!… I Did It Again” und Lady Gagas „Bad Romance” erinnert (vgl. Lee 2019). Ihre Version ist allerdings beschmückt mit einer aus Nieten imitierten Vagina.

Der Latex-Look soll laut Moor nicht an die oben genannten Musikerinnen erinnern, sondern „it was interesting to subvert some of the codes of the sexual attire, and actually transform beyond it into more of an armor or a fight suit. They look more like warriors than anything with sexual implications” (vgl. Lee 2019). Später im Video ist sie mit einer goldenen Rüstung auf einem Pferd zu sehen und hält ein Schwert a la Jeanne d‘ Arc (vgl. Lee 2019).

Ihre Tanzbewegungen sind aggressiv, schnell und anzüglich. Sie räkelt sich, rutscht auf Knien über den Boden und leckt sich lasziv über die Lippen. Laut dem Regisseur des Videos wird hiermit ein weiterer Punkt in der Unterdrückung der Frau angesprochen:

„Even the right to be salacious without being judged, if you want to, is encompassed in [a woman’s]struggle. If a man were in a video grabbing his crotch, nobody would make a second mention of it because it’s expected, and a woman is supposed to be shamed for expressing her sexuality. That’s just another component of the political messages that are in the video” (vgl. Lee 2019).

Die Performanz ist „künstlich“, soll aber die „wahre“ Welt durch verschiedene Identitäten repräsentieren (Railton & Watson 2011:58ff). Die Kameraführung ist statistisch, bewegt sich ausschließlich durch langsame Fahrten auf die Performer zu, die sich, bis auf Miley Cyrus und Tänzerin Amazon Ashley, ebenfalls kaum bewegen, dafür aber selbstbewusst in die Kamera schauen. Sobald kürzere Wörter benutzt werden, ist auch der Schnitt häufig schneller, bei langen Worten oder bedeutungsvollen Versen, ist eine ununterbrochene Kamerafahrt zu sehen. Im Outro fährt die Kamera in schnellerem Tempo wieder von den Performern weg. Die Schnittfrequenzen sind an dem Rhythmus des Songs und der Bedeutung und Betonung der Lyrics stark angepasst.

Miley Cyrus ist seit 2006 bekannt durch die Disney Fernsehserie Hannah Montanna, in der sie als Kind die Hauptrolle spielte. Danach arbeitete Miley Cyrus weiter erfolgreich an ihrer Musikkarriere und löste sich mit Anfang 20 von ihrem Teenie-Image. Seitdem kennt man sie provokativ und anzüglich. Sie selbst sagt „I’m not a conventional rolemodel“ (Dawson 2019). Als Rock-Pop Sängerin zeigt sie sich rebellisch und fordert ihre KritikerInnen immer wieder neu heraus. Sie erfüllt die Erwartungen an Rockmusiker, wie in Kapitel 2.3. am Beispiel Kurt Cubain angebracht. Doch Miley Cyrus wird für ihre sexuellen und provokanten Inszenierungen stark kritisiert, während es bei männlichen Rockmusikern beinahe erwartet und sogar gefeiert wird (Dawson 2019).

„And I’m a bad role model because I’m running around with my titties out? I’m not sure how titties are worse than guns”, sagte sie schon einmal in einem Interview mit Allison Glock (2015) über ihr Video zu “Bad Blood”, „People need more conventional role models, I guess. But I just don’t care to be that person”. Es gehört also zu ihrer Darstellung, Konventionen zu brechen und ihren Körper zu nutzen, um zu rebellieren. Miley Cyrus treibt ihre Botschaft bis zum Höhepunkt und sucht die Provokation. Ihre Protesthaltung spiegelt sie in ihrem Video in jeglicher (Körper-)Form wider und unterstreicht die Message des Songs.

 

4.3.2 Melanie Martinez – Dollhouse

Das Musikvideo zu dem Song „Dollhouse“ von Melanie Martinez wurde im Dezember 2013 in drei Tagen gedreht und am 10.02.2014 veröffentlicht (vgl. Berrien 2014). Ihre Debüt Single ist gleichzeitig auch die Lead-Single ihrer gleichnamigen Debüt EP, die sie am 09.02.2014 veröffentlichte. „Dollhouse“ ist womöglich ihr erfolgreichster Song. Das Video hat mittlerweile 298 Millionen Aufrufe und 4 Millionen Gefällt-Mir-Angaben auf YouTube. Sie hat den Song mit dem Songwriting-Duo Kinetics & One Love geschrieben und das Video konzipiert und produziert mit Hilfe eines Crowdfundings in Höhe von 10.000 US-Dollar (vgl. Wikipedia 2021). Nathan Scialom und Tom McNamara haben Regie geführt (vgl. shonasproductionblog 2017).

Mit diesem Video legte sie den Grundstein ihres Images, das fortwährend die dargestellte Welt erweitert. Ihre Werke sind inspiriert von Kindheit und dem Kontrast zwischen Licht und Dunkel. Die Geschichte ihres Songs „Dollhouse“ spielt in einem Puppenhaus, in dem eine Puppen-Familie wohnt. Nach außen hin scheint die Familie perfekt, doch die Fassade bröckelt, wenn man hineinsieht. Eine alkoholkranke Mutter, die von dem Vater betrogen wird, ein drogenabhängiger Bruder und Melanie selbst als Tochter, genannt Cry Baby. Die Tochter ist die einzige, die die Tragik um sich erkennt und versucht dem kleinen Mädchen, die mit den Puppen spielt, die Augen zu öffnen, damit auch sie ihre Realität erkennt. Melanie schreibt dem Video noch eine weitere Bedeutung zu. In einem Interview mit dem Online Magazin Target Audience Magazine (2014) sagt sie, dass sie neben der perfekten Fassade einer zerstörten Familie, auch Bezug auf die Erwartungshaltung an und Sicht auf berühmte Personen nimmt. „They are so perfect on television and on red carpet events, but they just want to be themselves without people judging their every move as if they have made no mistakes themselves“, erklärt Melanie Martinez (vgl. O A 2014).

Wie sie in einem Interview mit Jon Berrien (2014) verrät, liebt sie es Spielzeugklänge in ihrer Musik zu nutzen. Im Intro ist der Rhythmus beinahe Sekundengenau und sehr getaktet, wie eine tickende Uhr, die auch im Hintergrund zu hören ist. Auch die Melodie ist simpel gehalten und wechselt zwischen vier Akkorden im D#-Dur hin und her. Entsprechend steif und motorisch bewegt sich auch Melanie Martinez im Video während sie lippensynchron die Geschichte erzählt.

Der Song weist folgende Struktur auf:
Intro – Strophe – Pre-Chorus – Chorus – After-Chorus – Strophe – Pre-Chorus – Chorus – After-Chorus – C-Part – Chorus – Outro

In der ersten Strophe lädt Melanie Martinez die ZuhörerInnen ins Puppenhaus ein (Zeile 2-3). Das Mädchen soll mit den Puppen spielen, sie täuscht eine perfekte Familie vor. Sie fährt fort und singt, dass erst wenn niemand hinsieht, sich die Wahrheit offenbart. Die Mutter ist betrunken und bewusstlos, der Sohn raucht Cannabis und der Vater ist bei einer „Schlampe“ (vgl. Zeile 6-7). In der zweiten Strophe ruft sie die Familie wieder zusammen, als das Mädchen zum Spielen zurückkehrt: “Uh-oh, she’s coming to the attic, plastic / Go back to being plastic”. Sie zeigt, dass der Schein aufrecht erhalten bleiben muss, um das auserwählte Leben weiterführen zu können. Der Refrain betont dieses Gefühl. In 3:51 Minuten wird ein klares Problem angesprochen, denn egal aus welcher Perspektive der Song betrachtet wird, steht der trügerische Schein und die Oberflächlichkeit im Fokus. Das Ansehen muss bewahrt werden.

Songtext “Dollhouse” von Melanie Martinez:
Hey girl, open the walls, play with your dolls
We’ll be a perfect family
When you walk away, it’s when we really play
You don’t hear me when I say,
Mom, please wake up
Dad’s with a slut, and your son is smoking cannabis
No one never listens, this wallpaper glistens
Don’t let them see what goes down in the kitchen
Places, places, get in your places
Throw on your dress and put on your doll faces
Everyone thinks that we’re perfect
Please don’t let them look through the curtains
Picture, picture, smile for the picture
Pose with your brother, won’t you be a good sister?
Everyone thinks that we’re perfect
Please don’t let them look through the curtains
D-O-L-L-H-O-U-S-E
I see things that nobody else sees
(D-O-L-L-H-O-U-S-E
I see things that nobody else sees)
Hey girl, look at my mom, she’s got it going on
Ha, you’re blinded by her jewelry
When you turn your back she pulls out a flask
And forgets his infidelity
Uh-oh, she’s coming to the attic, plastic
Go back to being plastic
No one never listens, this wallpaper glistens
One day they’ll see what goes down in the kitchen
Places, places, get in your places
Throw on your dress and put on your doll faces
Everyone thinks that we’re perfect
Please don’t let them look through the curtains
Picture, picture, smile for the picture
Pose with your brother, won’t you be a good sister?
Everyone thinks that we’re perfect
Please don’t let them look through the curtains
D-O-L-L-H-O-U-S-E
I see things that nobody else sees
(D-O-L-L-H-O-U-S-E
I see things that nobody else sees)
Hey girl (hey girl, hey girl, hey girl, hey girl)
Hey girl, open your walls, play with your dolls
We’ll be a perfect family
Places, places, get in your places
Throw on your dress and put on your doll faces
Everyone thinks that we’re perfect
Please don’t let them look through the curtains
Picture, picture, smile for the picture
Pose with your brother, won’t you be a good sister?
Everyone thinks that we’re perfect
Please don’t let them look through the curtains
D-O-L-L-H-O-U-S-E
I see things that nobody else sees
(D-O-L-L-H-O-U-S-E
I see things that nobody else sees)

Das Musikvideo ist laut Railton und Watson (2011:55f) dem Narrative Music Video zuzuordnen. Es erzählt eine fiktive Geschichte und veranschaulicht den lyrischen Inhalt des Songs. Es ist eine offene Geschichte, die auch durch eine Performanz erzählt wird.

Das Video unterstreicht die Botschaft des Songs, hinter die Fassade zu schauen. Das 30-sekündige Intro im Video gleicht einem Gruselfilm. Spielzeug aus der Kindheit wird in düsterer Umgebung gezeigt. Erst mit dem originalen Intro des Songs wird auch der Zuschauer hinter die Fassade geführt, die weiterhin mädchenhaft, aber düster bleibt.

Die Geschichte spielt in einem Puppenhaus und beginnt mit einer Totalen auf dem offenen Haus, das einlädt einen Blick hinein zu werfen. Auch die Außenwelt des Puppenhauses wird durch seine Besitzerin, dem kleinen Mädchen, das mit den Puppen spielt, einbezogen.

Das Musikvideo umgibt eine unheimliche Atmosphäre, verstärkt durch die gedämpfte Beleuchtung. Auch die Puppen wirken unheimlich und werden mit Hilfe paradoxer Stilmittel inszeniert. Melanies Kostüm, ihr Make-Up und die Gestik ist an die einer echten Puppe angelehnt, die auch im Puppenhaus sitzend zu sehen ist (Abbildung 15). Melanie Martinez führt einen durch ihre Welt. Was sie lippensynchron in die Kamera sagt, zeigt sie im nächsten Moment auch bildlich dem Zuschauer. Bis sie sich in der ersten Strophe auch lyrisch explizit auf die Familienmitglieder bezieht, ist sie alleine in ihrem Zimmer zu sehen. Als sie auf ihrem Bett mit Puppenköpfen neben sich zu sehen ist (Abbildung 16), deren Augen schwarz ausgemalt sind, bekommt das Video eine noch finsterere Atmosphäre.

Die Mutter, gespielt von Stella Rose Saint Clair, wird als Alkoholikerin inszeniert, die in einigen Szenen bewusstlos ist, in anderen aktiv trinkt. Sie trinkt vor allem dann, wenn ihr klar wird, dass ihr Mann sie betrügt.

Der Vater, gespielt von Mughen Nakamura, ist anfangs nicht da, was deutlich wird, als sein Platz am Küchentisch leer ist. Der Songtext gibt weitere Aufklärung „Dad’s with a slut“. Außerdem sind Lippenstiftreste an seinem Hals zu sehen, woraufhin die Mutter wieder zur Flasche greift.

Der Sohn, gespielt von Edwin Zabala, ist rauchend in seinem blauen Zimmer zu sehen. Nicht nur die Lyrics „your son is smoking cannabis“ deuten auf ein Drogenproblem hin, sondern auch als der Sohn eine Weedpflanze an seine Zimmerwand malt.

Die Farbe Blau, in die das Video getaucht ist, steht für das Unbewusste und für die Sehnsucht nach einer immateriellen Welt. Es ist eine Heilfarbe, die auch bei Suchterkrankten oft genutzt wird, um die Ich- Findung und Selbststärkung zu fördern (vgl. Seemann 2020). Es ist eine „göttliche“ Farbe, denn das was wir als blau in der Natur (Himmel oder Wasser) wahrnehmen entpuppt sich oft als durchsichtig, anders als bei Grün, das in Pflanzen zu finden ist und das wir anfassen können (vgl. Seemann 2020). Die Herstellung der Farbe wurde relativ spät entdeckt und war so aufwendig, dass sie anfangs nur den Obersten der Gesellschaft vorbehalten war (vgl. Seemann 2020).

Mit der Szene, in der die Familie für ein Familienfoto posiert, können sich wohl die meisten identifizieren. Sie alle schauen unglücklich, doch für die Kamera posieren sie und lächeln. Es zeigt, wie man anderen nur einen bestimmten Teil von sich zeigen will, um nicht verurteilt zu werden. Die Szene ist in einem Zeitraffer zu sehen; die Familie perfekt scheinen zu lassen, scheint aufwendig und zeitintensiv zu sein. Viel Vorbereitung ist nötig.

Der finstere blaue Schein „verschwindet“, sobald das kleine Mädchen wieder mit den Puppen spielen will und die Puppen ihr äußeres Erscheinungsbild wiederherstellen. In dem folgenden Bild sind die Mutter und der Vater in der rosa Küche in ihren üblichen Rollen zu sehen, die sie einnehmen, als Cry Baby die Familie dazu aufruft, den Schein zu bewahren. In dieser Szene ist die Mutter zu sehen, wie sie abwäscht und der Vater, wie er Zeitung liest. Sie nehmen traditionelle Rollenbilder ein. Sie stellen das dar, was von ihnen erwartet wird, um „normal“ zu wirken.

Im zweiten Refrain kommt das Mädchen dem Haus näher, in dem die Familie nun wieder „erstarrt“ ist. Cry Baby führt das Mädchen diesmal in ihre Welt hinein, während auch im Song ein Mädchen aufgefordert wird, mit ihren Puppen zu spielen. Als sie in der Bridge dem Mädchen zeigen will, wie die Familie funktioniert, bekommt das Mädchen Angst und wird von der Familie in die Ecke gedrängt. Sie kommt mit dem wahren Gesicht der Familie nicht zurecht und rennt weg.

Das Video endet, indem sich das Puppenhaus wieder schließt. Die Zuschauer konnten einen Blick hinter die Fassade werfen. Das Puppenhaus ist eine Metapher für die perfekte Familie. Es gibt die echte, komplizierte Seite und die perfekte Seite, die man nach außen zeigt.

Das Video wurde in einem Studio gedreht. Die Räume sehen einem echten Wohnraum zwar sehr ähnlich, sind aber nicht bewohnbar. Auch das spiegelt die Scheinwelt wider. Die kindliche, cartoonhafte Inszenierung wird mit Kontrasten gebrochen und unterliegt einer unheimlichen Atmosphäre. Die Kamera ist statistisch und bewegt sich ausschließlich in langsamen und statischen Fahrten. Sie folgt den Bewegungen der Puppen und scheint sehr kontrolliert. Melanie Martinez ist meist die einzige Figur, die die Kamera adressiert. Immer wenn sie zum Betrachter spricht und versucht den Schein zu wahren, blickt sie zur Kamera hinauf. Durch diese Perspektive unterwirft sie sich den ZuschauerInnen.

Die Bildebene orientiert sich stark an der Musik. Das Tempo des Songs gibt die Art der Bewegungen vor, die Lyrics geben die Geschichte vor, die Melodie hingegen das Gefühl und die Atmosphäre. Sie unterstützen einander in ihrer Wirkung. Der Look von Melanie Martinez, der Pastelltöne mit dem dunklen Gothik-Stil mischt, zieht sich nicht nur in ihrer weiteren Arbeit fort, sondern ist auch schon in ihrem Alltag integriert. Ihre Haare, ihre Kleidung und ihre Musik spiegeln ihre Liebe zum Mysteriösen, Dunklen und Süßen wider. Jessinta Smith (2021) sagt, dass es eine Subkultur gibt, besonders vertreten durch Generation Y, die sich dem konträren Stil zugehörig fühlen, namens „Pastel Goth“. Melanie Martinez betont ihre Einzigartigkeit, wie ihre verschiedenfarbigen Haare, ihre Zahnlücke und ihre großen, runden Augen. Sie hat einen eigenen Schönheitssinn, der nicht dem traditionellen Schönheitsideal entspricht (vgl. Smith 2021). Sie singt auch in ihrem darauffolgenden Album „Cry Baby“ darüber, ein Außenseiter zu sein, und dass die Meinung anderer Leute einen runterziehen können. Mit ihrem Look und ihrer Musik macht sie ihren jungen Fans Mut, sich zu zeigen, wie sie sind und sich nicht von Kritik kontrollieren zu lassen (vgl. Smith 2021).

 

4.3.3 Gegenüberstellung

Vergleichen wir die beiden aufgezeigten Beispiele miteinander, kann festgestellt werden, dass wir auf unterschiedliche Typen der Repräsentation von Weiblichkeit und Darstellungen von gesellschaftlichen Problemen treffen (vgl. Godlewsky 2017:52). Beide Künstlerinnen sind dem Genre Pop zuzuordnen, nutzen jedoch unterschiedliche Stilmittel, die ihr Image betonen sollen.

Miley Cyrus ist eine experimentelle Pop-Künstlerin, die sich auch der Rockmusik bedient. Sie lebt ihre Rebellion, präsentiert sich selbstbewusst und plakativ und missachtet gesellschaftliche Erwartungen und Hierarchien (vgl. Railton & Watson 2011:71). Die Figuren in ihrem Video stellen sich selbst dar, sie wirken mächtig und selbstbestimmt und symbolisieren Stärke. Sie zeigt unterschiedliche und unkonventionelle Körpertypen, fern ab von dem gesellschaftlichen Ideal, und setzt sie auf eine höhere Stufe. Auch sie selbst zeigt sich nicht als Sexobjekt, sondern schafft den Spagat zum Subjekt. Miley Cyrus ermutigt ihre HörerInnen, indem sie Konventionen bricht und neue Vorbilder konstruiert.

Melanie Martinez lässt sich dem Alternative Pop zuordnen. Sie findet Anklang in Subkulturen, wie dem „Pastell Goth“, und setzt kindliche und pastellige Elemente mit dunklen in Kontrast. In ihrem Musikvideo spielen die Figuren eine Rolle. Sie wirken fremdbestimmt und einer größeren Macht untergeben. Ihre Botschaft wird durch ein Negativ-Beispiel vermittelt. Sie versetzt die Geschichte in ihre eigene Welt und stellt das Problem dar. Melanie Martinez ermutigt ihre HörerInnen, indem sie das Problem eruiert und somit zu mehr Verständnis auffordert.

Auch wenn beide KünstlerInnen sich klar unterscheiden, weisen die genannten Musikvideos Gemeinsamkeiten auf. Beide kritisieren vorherrschende Geschlechterrollen und Vorurteile. Das Video zu „Dollhouse“ setzt seinen Fokus auf die perfekte Familie und nutzt Stereotypen, um ihre Schattenseiten aufzuzeigen und den Schein zu hinterfragen. „Mother’s Daughter“ betont Diversität und nutzt den (nackten) weiblichen Körper, um Tabus zu brechen. Sie zeigt, dass es nicht darum geht, dem Ideal zu entsprechen. Beide Videos fordern also dazu auf, zu sein, wer man ist und kritisieren traditionelle Geschlechterbilder und den öffentlichen Druck perfekt sein zu müssen.

Beide Songs weisen eine simple Melodie auf und versetzen die ZuhörerInnen durch den Beat in die Stimmung von etwas Bedrohlichem (bei „Dollhouse“ der Sekundentakt vom Wecker, bei „Mother’s Daughter“ der Marsch). Der Songtext vermittelt in beiden Fällen eindeutig die Botschaft und gibt die Handlung des Videos vor. Das Video betont in beiden Fällen die Stimmung der Musik und das Image der Künstlerinnen. Es erzählt und ergänzt die Stimmung und Message des Songs. Beide Frauen inszenieren sich im Video selbst. Außerdem haben beide Künstlerinnen den Song selber geschrieben und das Musikvideo konzipiert. Als Frauen haben sie somit an Authentizität dazu gewonnen (vgl. Kapitel 2.3 & 2.4).

 

4.4 Musikvideo zum Song „Say“ von der Band Baked Cat

Die Indie-Pop Band Baked Cat hat am 05.03.2021 ihre Single „Say“ veröffentlicht und am Weltfrauentag, dem 08.03.2021, ihr erstes Musikvideo, das den Song „Say“ promoten soll. Das Musikvideo wurde im Juli 2020 in drei Tagen gedreht. Von dem Zeitplan (siehe Abbildung 6 auf Seite 30) sind wir in der Umsetzung erheblich abgewichen. Grund hierfür war hauptsächlich die unbezahlte Erstellung der visuellen Effekten, die nur zwischen bezahlte Jobs geschoben werden konnte und bis Januar 2021 andauerte. Die Übergabe des finalen Projektes fand einen Tag vor Veröffentlichung statt.

Das Musikvideo zum Pop-Song „Say“ erzählt, wie auch das Video zu „Dollhouse“, eine fiktive Geschichte in einer nahezu perfekten Welt. Jedes Bandmitglied spielt eine Rolle, die sich einer bestimmten Zeit, einer bestimmten Farbe und einem bestimmten Klischee zuordnen lassen. Die Band stellt die „rosige Welt der Frau” in Frage und fordert zum Umdenken auf.

Der Song “Say” wurde von Anna, der Bassistin, geschrieben und komponiert. Sie erzählt von einer Beziehung, in der sie ihren Platz gesucht hat. Um zu gefallen, hat sie angefangen sich zu verrenken und Dinge zu tun, die sie sonst nie getan hätte. Schlussendlich musste sie sich von den Erwartungen lösen, um sich selbst nicht zu verlieren.

Der Song weist eine klassische Struktur auf:
Intro – Strophe – Pre-Chorus – Chorus – After-Chorus – Strophe – Pre-Chorus – Chorus – C-Part – Chorus – Outro

Anders als bei üblichen Popsongs, die normalerweise im 4/4 Takt gespielt werden, ist „Say“ in einem 6/4 Takt geschrieben. Dieser ist treibender, ohne schnell zu sein. Das Intro des Songs ist mit 12 Sekunden kurz und direkt. Alle Instrumente setzen gleichzeitig ein und sind liegend gespielt, die Snare ist vorangehend, der Gesang erscheint mehrstimmig, wie ein Chor, der gemeinsam den Ausruf „Ahhh“ singt. Das Intro ist zunächst der kraftvollste Part und gibt eine Vorschau auf die steigende Dynamik des Songs. In den Strophen bilden der Bass und das Schlagzeug das Fundament. Sie sind ruhig und konstant, während das Keyboard durch kurze wiederholende Töne „anlockt“. Der Drop in Zeile … markiert die Veränderung der Dynamik des Songs. Der Refrain steigert die Dynamik zunächst kaum. Er ist treibend ohne aufdringlich zu sein, melancholisch und fröhlich durch die Akkorde und den Rhythmus zugleich. Ab Zeile … wird der Song ,durch die Oktavierung der Stimme, dramatischer. Diese Stimmung wird in der Bridge vertieft und gesteigert. Instrumentalisch ändert sich nicht viel innerhalb des Songs, er lebt von seiner aufbauenden Dynamik, die sich bis zum offenen Ende steigert. Das wird mit dem Akkord F# untermauert, der normalerweise zur Dominanten einleitet, in diesem Fall jedoch ausbleibt.

Songtext „Say“ von Baked Cat:
Ah Ah Ah Ah Ah Nanananana
Ah Ah Ah Ahhhh
Can I change your mind
Can you please be kind
Can I get you a surprised
Can we make it otherwise
You drive me insane
Who is to blame
I don’t know what to do
What am I to you
Its what I just wanted to say
But you don’t listen to me
Im so confused I don’t know what to do
Its what I just wanted to say
Its what I just wanted to say
Ah Ah Ah Ah Ah Nanananana
Ah Ah Ah Ahhhh
Can you say some words
That could make it all worse
Can you stop me please
Can you put me at ease
I won’t wait for ya here
But its great you’re near
I just lose my control
F****! use me not as a doll
It’s just what I wanted
It’s just what I wanted
It’s just what I wanted
It’s just what I wanted
It’s just what I wanted to
It’s just what I wanted to
Oh it’s just what I wanted to
It’s just what I wanted to say
It’s what I just wanted to say
But you don’t listen to me
I’m so confused I don’t know what to do
It’s what I just wanted to say
It’s what I just wanted to say
But you never listen to me
I’m so confused I don’t know what to do
It’s what I just wanted to

Die Idee entstand mit der Band als der Song, als einer der ersten, ausgereift war. Der besonders hervorgehobene Vers „Fuck, use me not as a doll“ brachte uns auf die Idee, uns als Marionetten zu inszenieren, die sich von den Fäden losreißen und sollte im Video einen Wendepunkt darstellen. Das Video betont und folgt dem Aufbau des Songs und greift die Problematik in einem größeren Kontext auf. Es hinterfragt die gesellschaftlichen Erwartungen an die Frau, den Zusammenhang zum Kapitalismus und leistet einen Beitrag zur feministischen Debatte.

 

4.4.1 Konzept

Als Sängerin der Band habe ich das Video konzipiert und produziert und mit dem Regisseur Nelis das Skript geschrieben. Im Folgenden werden nur einzelne Abbildungen aus dem Konzept hervorgehoben.

„Wir wollen andere ermutigen nicht den gesellschaftlichen Idealen zu folgen, sondern Geschlechterrollen zu hinterfragen und das eigene Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“, war unsere Vision.

Im Konzept finden sich drei Phasen der Storyline wieder, die dem Aufbau des Songs folgen.

Erst gehen die Figuren in ihren jeweiligen Räumen Alltagstätigkeiten nach und gehorchen den Fäden. In der zweiten Strophe beginnt sich langsam ein Chaos anzubahnen, doch alles läuft noch seinen Regeln nach. Die Ordnung wird versucht aufrecht zu halten. Durch den besonders hervorgehobenen Vers (Zeile 29) in der Mitte des Songs, sollte im Video an dieser Stelle der Wendepunkt der Geschichte zu sehen sein. Die Puppen sollten anfangen sich gegen die Befehle der Fäden zu wehren.

In der zweiten Phase sollte eine Verwandlung in Form von „innerem Leuchten“ stattfinden, das den Puppen nicht nur zur Befreiung von den Fäden verhilft, sondern hin zu einer neuen, freieren und ehrlicheren Welt führt.

Die dritte Phase ist deshalb im Konzept weitaus umfassender dargestellt, als im Video. Die Band sollte nach der Verwandlung als sie selbst zu sehen sein, wie sie gegen die dargestellte Welt rebellieren. Dafür waren neue Outfits und Styling für die Bandmitglieder angedacht und eine andere Szenerie. Wegen fehlenden finanziellen Mitteln, aber auch zeitlicher Begrenzungen, konnte die dritte Phase nicht wie gedacht umgesetzt werden und wurde deshalb in die Szenen des Puppenhauses integriert. Die Befreiung wurde zur Rebellion der Puppen umfunktioniert. Diese führt nun zur Verwandlung und nicht andersrum. In der folgenden Abbildung sind Moodbilder des Konzeptes mit Standbildern aus dem erstellten Musikvideo gegenübergestellt worden. Sie zeigt auf, dass die „Befreiung“, umgesetzt als „Rebellion der Puppen“, in Anlehnung an die Moodbilder visualisiert wurde.

Der Song wird erst mit dem letzten Vers ausgeleitet, während auch im Video die Stereotypen sterben und die Kamera-Rausfahrt beginnt. In der letzten Sequenz fährt die Kamera aus dem Raum der Sekretärin raus und es offenbart sich das Puppenhaus, das System in dem sie steckten. Die Türen des Hauses schließen sich, das Kapitel der Unterdrückung wird geschlossen und fordert zum Schluss mit dem Titel „Say“ auf, etwas zu „sagen“.

Das Ende und die Einarbeitung der visuellen Effekte waren die herausforderndsten Aufgaben in der Entwicklung des Konzepts, aber auch im weiteren Prozess der Produktion. Die Version des Endes im Video war eine ungeplante Alternative, die sich in der Postproduktion entwickelte.

Es war geplant, dass die Band das Puppenhaus, in dem sie als Stereotype gefangen waren, zertreten, um das Patriarchat zu zerstören. Der Band war wichtig, sich zu zeigen, wie sie wirklich aussehen, und somit Abstand, von den dargestellten Stereotypen zu nehmen. Doch das Haus wurde aus stabilem Holz gebaut, weswegen es ironischerweise nicht zerstört werden konnte. Da somit der Gedanke hinter der Szene nicht ausgedrückt wurde, wurde in der Postproduktion Option 2 entwickelt.

Die Idee, die Verwandlung mit einem „inneren Leuchten“ darzustellen, hatte Nelis Friedrichs von Anfang an eingebracht und seinen Kontakt Jonas Bruse akquiriert. Die Effekte unterstreichen die Dramatik und dynamische Steigerung im C-Part und haben den Aufwand der Produktion erleichtert. Dennoch wurde an den visuellen Effekten hierfür mehr als vier Monate gearbeitet, was den zeitlichen Aufwand erhöht hat. Auch die Rausfahrt aus dem Haus konnte durch Nelis Friedrichs Kontakt Jonas Bruse realisiert werden. Hierfür wurden Fotos von den Räumen gemacht und ins Haus eingesetzt. Der Setbau wurde mit den Maßen des Puppenhauses abgestimmt, ebenso wie der Winkel der Kamera-Rausfahrt. Ein Prototyp der Rausfahrt wurde von Jonas Bruse noch in der Vorproduktion erstellt und ist im Anhang einsehbar. Einzelne Feinheiten, wie die Montierung der Fäden oder das automatische Schließen der Türen des Puppenhauses während der Rausfahrt, mussten improvisiert werden, da sie abhängig von den Möglichkeiten vor Ort waren.

 

4.4.2 Inszenierung der Band

Die vier Musikerinnen sind entfremdet von ihrem wahren Erscheinungsbild als Marionetten inszeniert. Sie wurden ihrem Outfit und ihrem Raum entsprechend einer bestimmten Zeit zugeordnet und dadurch einem bestimmten Frauenbild. Ihre Weiblichkeit ist durch Kleider, Röcke, Make-Up, lange Haare und High- Heels betont. Die Tattoos der Bandmitglieder wurden überschminkt und sie tragen Perücken. Die Figuren zeigen zusammen die Erwartungen an Frauen und Probleme des traditionellen Frauenbildes auf. Sie folgen den „Emotionsregeln des Postfeminismus“, wie in Kapitel 2.2. auf Seite 18f in Anlehnung an Rosalind Gill (2018) beschrieben.

Die Sängerin Annabelle spielt die Barbie, die der Postmoderne zuzuordnen ist. Sie stellt den „weiblichen Perfektionswahn“ dar, der in Kapitel 2.2. auf Seite 17f erläutert wird. Sie will dem gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen und verformt dafür ihren Körper. Dadurch, dass sie ihre Weiblichkeit „dramatisch betont“, nimmt sie ihrem Potenzial „die Bedrohlichkeit“ und erreicht ihre Ziele durch ihr äußeres Erscheinungsbild. Sie erlangt durch Schönheit und Selbstdisziplin Anerkennung und Akzeptanz. Sie spielt nach den Regeln des kapitalistischen Systems. Ihre „konsumistische Sexyness“ spiegelt die von Angela McRobbie identifizierte „postfeministische Maskerade“ wider (vgl. Kühne 2010).

Keyboarderin Beke spielt die Sekretärin in den 2000ern. Frauen strömen immer mehr in die Arbeitswelt, die Chefetagen bleiben aber meist männlich besetzt. Die Frau ist häufig die hübsche Empfangsdame, nimmt ihren Kollegen die lästigen Aufgaben ab, bekommt für gleiche Arbeit aber weniger bezahlt.

Die Krankenschwester in den 60ern wird von der Bassistin Anna gespielt. Mit dieser Figur wird einerseits die Fruchtbarkeit der Frau thematisiert, andererseits auch die Stigma-belastete Arbeitsaufteilung. Frauen machen „weibliche“ Arbeit”, die aber niedriger angesehen (und bezahlt) ist als „männliche” Arbeit wie Naturwissenschaften und Mathematik (vgl. Plesch 2013:47). Die Geburt, auf die im folgenden Kapitel näher eingegangen wird, sollte die Ursachen dieser „männlichen Dominanz“ darstellen (vgl. Plesch 2013:47f).

 

Schlagzeugerin Clara spielt die Hausfrau in den 50er Jahren. Sie muss nicht nur gut aussehen, sondern auch den Haushalt perfekt im Griff haben. Ihre Aufgaben sind den Mann nach seiner harten Arbeit zu verwöhnen, sich selbst zurückzunehmen und ein perfektes Bild nach außen zu geben. Wie im Kapitel 2.2. auf Seite 17f anhand von Elena Bülow und Mareen Heying (2021) erläutert wird, wird in einer neoliberalen Gesellschaft von der Frau erwartet, nicht nur eine gutaussehende Mutter, Frau und Hausfrau zu sein, sondern auch Karriere zu machen.

Die Message, die die Band sendet, ist nicht aggressiv. Sie suchen in ihren Handlungswegen nach einem Ausweg, versuchen aber nicht ihr nicht Ziel zu erreichen, indem sie jemand anderem die Macht nehmen. Ihre Rebellion ist subtil. Außerdem wurde, dadurch dass die Band verkleidet ist und eine fiktive Geschichte erzählt, eine Art Mythos um die Band geschaffen, der ihnen in ihrer zukünftigen Entwicklung freien Raum lässt. Dadurch, dass die Bandmitglieder auf den Auftritt als fiktive Figuren reduziert sind, ist das Musikvideo zeitlos.

4.4.3 Ästhetik vs. Statement

Das Musikvideo zum Song „Say“ präsentiert eine helle pastellige Welt. Dadurch scheint sie friedlich, weich und mild. Andere Musikvideos, wie „Beautiful Trauma“ von Pink oder sämtliche Videos von Melanie Martinez, nutzen ebenfalls Pastell-Farben und Weichzeichner, um die Weiblichkeit der Frauenrollen im Video zu betonen.

Melanie Martinez nutzt Pastell-Töne als Stilmittel für jedes ihrer Videos. Selbst in ihrem Film K-12 ist derselbe Stil durchgehend verwendet worden.

Auch die TV-Moderatorin Enie van de Meiklokjes nutzt Pastell-Töne und Weichzeichner um ihre Weiblichkeit als Bäckerin zu inszenieren.

Die Netflix-Serie “Das Damengambit” stellt die Rolle der Frau ebenfalls mit Pastell-Tönen in den Vordergrund.

Alle Beispiele haben nicht nur die Farblichkeit gemeinsam, sondern auch die überzogene Darstellung von Stereotypen der Frau, „die dem der 50er-Jahre entspricht“, so wird auch schon in Kapitel 2.1. anhand der MaLisa-Stiftung von Furtwängler (2019:2) das erfolgreiche Rollenbild von Frauen in den Medien herausgestellt. Die friedliche, milde und weiche Farbgebung wird in vielen der Beispiele durch die Erzählung gebrochen und zeigt im Endeffekt eine mysteriöse, dunkle Welt auf. Das Bonbon-Pastell und die überzogenen Stereotypen der Frau wirken künstlich und fiktiv, weshalb „das wahre Gesicht“ für den Zuschauer zunächst verborgen bleibt. In einer pastelligen Welt können schnell Kontraste geschaffen werden. Schon ein provokantes und selbstbewusstes Auftreten in einer solchen Umgebung erzeugt Irritierung bei den ZuschauerInnen. Dadurch wird die aufgezeigte Welt unweigerlich hinterfragt.

 

4.4.4 Objektivierung vs. Identifikation

Über die Barbie erfährt der Zuschauer nur, dass sie sich über ihr Äußeres definiert und dem Schönheitsideal entsprechen will. Ihre wahren Emotionen werden unterdrückt. Nur im Intro wird ihre Unzufriedenheit durch die schwarze Träne aufgezeigt.

Die Szene nimmt Bezug zum Titel des Songs „Say“, der am Ende des Videos auffordert, etwas zu „sagen“. Der Unmut über die Entmündigung der Stereotypen wird anhand dieser Szene verdeutlicht.

Ihre Rebellion zeigt sich, indem sie sich das Tape vom Mund reißt und sich aus dem Korsett befreit. Sie zeigt damit, dass sie sich nicht über ihr Äußeres definieren muss, um anerkannt zu werden. Ihre Worte haben Bedeutung und können etwas in der Welt bewirken im Gegensatz zur konsumorientierten Optimierung ihres Körpers.

Die Sekretärin ist bereit sich den Herausforderungen im Job zu stellen. Sie ist fleißig, belastbar und arbeitet stets zuvorkommend an ihren Aufgaben, bis sie die Gehaltsabrechnungen findet. Als sie den Gehaltsunterschied zu ihrem männlichen Kollegen sieht, zerreißt sie die Gehaltsabrechnung, um die Sinnlosigkeit dieser Ungerechtigkeit darzustellen. Sie zeigt auf, dass ungleiche Bezahlung auch ungleiche Machtverhältnisse verursacht. Dadurch dass sie diese Unterschiede nicht hinnimmt, ermutigt sie andere dasselbe zu tun.

In dem besonders hervorgehobenen Vers „Fuck, use me not as a doll“, ist im Video der Wendepunkt der Geschichte zu sehen. Die Geburt der nächsten Generation offenbart den ewigen Kreislauf. Eine Babyborn wird geboren und ein rosa Kleid kurz darauf neben das Baby ins Bild gehalten. Die Szene zeigt, wie Kinder von Geburt an geschlechterorientiert erzogen und sozialisiert werden. Als sich die Mimik der Krankenschwester schlagartig ändert, verdeutlicht sie, dass das neugeborene Mädchen dasselbe Schicksal ereilen wird, wenn wir innerhalb eines patriarchal-kapitalistischen Systems unsere Kinder geschlechterorientiert erziehen.

Die Hausfrau rebelliert, indem sie „zulangt“ und sich nicht länger schämen will, wenn sie für sich selbst einsteht. Als sie in den Kuchen greift und damit den Schriftzug „Let’s be nothing“ zerstört, zeigt sie, dass sie „etwas ist“, wenn sie sich von Normen befreit. Sie will ihren eigenen Wünschen und Begierden nachgehen und nicht abhängig von den Erwartungen anderer sein. Indem sie die Grapefruit zerquetscht, spricht sie das Tabuthema „Menstruation“ an und verdeutlicht, dass sie sich für diesen natürlichen Prozess ihres Körpers nicht schämen muss.

 

5 Ergebnisse

Das Ziel, ein dreiminütiges Musikvideo zu erstellen, das die Band in Hinblick auf ihre Vermarktung inszeniert, ist erreicht worden. Es wurde sich mit der Rolle der Frau in unserer Gesellschaft und feministischen Diskursen auseinandergesetzt. Die Band hat somit ein Marketinginstrument an die Hand bekommen, mit dem sie sich in der feministischen Debatte einordnen kann.

Dadurch, dass das Video am Weltfrauentag veröffentlicht wurde, war die gewünschte Einordnung des Videos vorausgesetzt. Auch auf Instagram hat sich die Band mit ihrem Statement positioniert.

Die Band verdeutlicht die Aussage des Videos in ihrem Post und zeigt ihre Intention mit dem Musikvideo auf.

Ob die Botschaft von der Zielgruppe verstanden und die Geschichte des Videos und die Klischees vermittelt wurden, wird anhand der folgenden Rückmeldungen nachvollzogen. Ob das Musikvideo einen Beitrag zur feministischen Debatte und einen Schritt hin zur Gleichberechtigung bewirkt, kann auf Grundlage der Reaktionen auf das Video interpretiert werden.

Das Video wurde seit Veröffentlichung 2500 Mal auf YouTube gestreamt. Innerhalb von 24 Stunden konnten 1000 Streams erreicht werden. Zum jetzigen Zeitpunkt hat das Video 158 Gefällt-Mir Angaben auf YouTube und 0 Gefällt-Mir-Nicht Angaben (Datum 25.03.2021). Insgesamt sind unter dem Video 26 ausschließlich positive Kommentare einzusehen. Für einen Eindruck wurden folgende Beispiele ausgewählt:

Kommentar von Fellchen:
„Einfach Wahnsinn! So gut gemacht, so ein interessantes Konzept und total stimmig alles. Richtig toll gespielt (DS hat sich gelohnt :D) und mal wieder ein mega Ohrwurm mit Message, Charme und Witz! Macht weiter so <33“ (YouTube Baked Cat)

Kommentar von Kim Weißflor:
„Wahnsinnig gut!“ (YouTube Baked Cat)

Kommentar von HAECTOR, einer Newcomer Band aus Hamburg:
„Richtige nice! Geht ins Ohr, liebe Kolleginnen“ (YouTube Baked Cat)

 

Auch auf Instagram und Facebook wurden Beiträge, die der Promotion des Musikvideos galten, positiv kommentiert und es wurden mehrere positive Nachrichten auf diesen Plattformen an den Band-Account geschickt. Das Video beziehungsweise das Promo-Material wurde auch auf anderen Instagram-Seiten gepostet wie womeninstereo oder artistradarofficial. Verschiedene Meinungen wurden in der Auswahl berücksichtigt.

Kommentar von denk_studios:
„Loved the song! Loved the video!!” (Instagram Baked Cat)

Nachricht von Tribe Friday, Newcomer Band aus Schweden:
„The video looks really cool! I appreciate the messaging. Looks super pro. Nice work!” (Instagram Baked Cat)

Nachricht von Culturfixuk, Blog über Popkultur:
„Love it!” (Instagram Baked Cat)

Kommentar von neonglowproductions:
„Wow, this band is really good. Nice work” (Instagram womeninstereo)

Kommentar von simeonsmusic:
„Yeah, endlich. Eine Girl Band. Mehr davon!!! I like. Noch dazu so nice by the way.” (Instagram artistradarofficial)

 

Außerdem wurden per WhatsApp Messenger oder SMS durchweg positive Nachrichten von Familie, FreundInnen, MusikerInnen und auch von ExpertInnen an die Mitglieder der Band gesendet oder weitergeleitet. Im Folgenden ist eine Auswahl zu sehen. Einige sind aufgrund von Datenschutz anonymisiert.

Jan-Friedrich Conrad (Komponist, Dozent) sagt:
„Die Symbolik des Videos ist so stark, dass ich gleich kritisch auf eine gesellschaftspolitische Diskussion einsteigen könnte, obwohl ich nur das Video ohne Ton gesehen habe. Etwa: Wer bitte zieht die Fäden, wenn die Frau Makeup auflegt?“

Marc-Otto, Chef beim NDR im Programmbereich Fernsehen und Koordination / Planung, Entwicklung, Innovation:
„Wow, was ne Filmqualität! Und Performance… Kenne Budgets und Hintergründe nicht. Nehme mal an, dass nicht ein Major dahinter ein Rihanna-Etat rausgeholt hat… und das ist ein super Video-Debüt… Dann noch zum Weltfrauentag… Vielleicht kriegen wir das noch in einer der up-coming Pop-Kultur-Nächte bei uns unter…“

Stefan Vogelmann, Chef vom Musikvertrieb Broken Silence:
„Das sieht aus, wie von Katy Perry produziert.“

Ralf Henninger, Inhaber und Leiter eines digitalen Musikvertriebs, ehemaliger Produzent und Film-Editor:
„Richtig gut. Song und Video!!!!!“

Freunde der Musikgruppe:
„Wir sind total begeistert, toller Song, Farben und irre Details, gute Truppe, Wahnsinn!“
„Mega nice man. Ich wusste gar nicht, dass ihr alle so heftige Schauspielerinnen seid!“
„Ist echt richtig gut geworden!!! Ich liebe die Kulissen, aber ihr habt das auch echt toll gemacht“

 

Das Feedback ist durchweg positiv, es wurden keine Fehler angemerkt oder Aussagen hinterfragt beziehungsweise kritisiert. Der Song, die Botschaft, die Ästhetik, die Qualität, die Performanz, die Kulissen und die Geschichte des Videos wurden gelobt und haben Diskussionen ausgelöst. Das Video fand nicht nur Anklang bei Familie, FreundInnen und anderen MusikerInnen, sondern auch in öffentlichen Gruppen, bei brancheninternen Fachleuten und anderen MedienexpertInnen. Deshalb kann angenommen werden, dass das Video nicht nur verstanden wurde, sondern auch einen Beitrag zur feministischen Debatte geleistet hat. Das Video hat einen positiven Eindruck bei den ZuschauerInnen hinterlassen und das Interesse an der Band gesteigert.

Die Performerinnen wurden zwar eindeutig weiblich inszeniert, doch mithilfe irritierender Elemente und Aktionen wurden stereotype Geschlechterdarstellungen überwunden. Dadurch wurde eine alternative Gestaltungsstrategie von Weiblichkeit verwendet. Da das Video den Kriterien der Typologie „Inszenieren von Weiblichkeit als Prinzip” von Godlewsky (2017:58f) entspricht, lässt sich sagen, dass die Voraussetzung für das Ziel, einen Schritt hin zur Gleichberechtigung zu bewirken, erreicht worden ist.

Wie in Kapitel 4.4.2. beschrieben, lässt das Video der Band freien Raum in ihrer zukünftigen Entwicklung, da sie von ihrem wahren Erscheinungsbild entfremdet wurden. Nichtsdestotrotz hat sich die Band einen Qualitätsstandard erarbeitet und sich kritisch gegenüber dem vorherrschenden Frauenbild, Geschlechterrollen und -hierarchien gezeigt. Dadurch haben sie nicht nur einen künstlerischen Beitrag geleistet, sondern sich auch in der feministischen Debatte positioniert und eine Richtung für ihre Imagebildung vorgegeben. Die Band hat nun die Möglichkeit, Konzepte jenseits der beschriebenen Stereotype zu entwerfen.

 

6 Fazit

“We were all questioning: Why are we doing art? I mean, what difference does this make in the world?” (Lunetta 2020)

Wie in Kapitel 2.2.2. festgestellt, kann Kunst mit der „richtigen“ Intention und einem „gewissen Maß an Kontrolle“ von KünstlerInnen über den kreativen Prozess, zu einem Wandel beitragen. Musikvideos sind die beliebteste Beitragsform und können, wie in Kapitel 2.2.3. erläutert, Realitäten formen. Das vorherrschende Frauenbild ist, wie die Arbeit aufzeigt, von den Medien geprägt, kann aber ebenso durch sie verändert werden. Musikvideos, die genderrelevante Botschaften vermitteln wollen, können die Grenzen der visuellen Hierarchisierung verschieben und Selbst- und Geschlechterdarstellungen jenseits der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit entwerfen. Allerdings verdeutlicht die Arbeit auch die Gefahr von wirtschaftlichen Interessen, die die Entwicklung von MusikerInnen zum Star mit sich bringt. Deshalb dürfen Entscheidungen nicht auf Basis von Ausbeutung getroffen werden, sondern, wie in 2.2.3. von Railton und Watson (2011:75f) erklärt, „auf der Grundlage künstlerischer Exzentrizität“.

 

6.1 Zusammenfassung der Arbeit

Die Arbeit zeigt verschiedene Identitätsentwicklungen von Frauen in der Popkultur auf, die musikalisch, medial, sozial und kulturell geprägt wurden. Die Trends und Strömungen in der Musikvermarktung zeigen den Ansatz einer neoliberalen Gesellschaft und den medialen Einfluss auf die Entwicklung von Kultur, die Frauen in traditionelle Rollenbilder zwingen. Das Kapitel zeigt zwar einen Ausblick auf einen größer werdenden Einfluss der nächsten Generationen, doch es verdeutlicht auch den enormen wirtschaftlichen und sozialen Druck, vermarktungsfähig zu werden.

Dieser Eindruck wird im darauffolgenden Kapitel verstärkt. Es bestätigt sich die Theorie von Gill und Scharff (2013:4) einer „Verwicklung von feministischen sowie antifeministischen Ideen“, die das Frauenbild der Postmoderne definieren. Das Kapitel zeigt die Entwicklung vom „abgelehnten Feminismus“ hin zum „Zelebrieren des Feminismus“. Diese Entwicklung wird zwiespältig wahrgenommen. Einerseits müsse sich Feminismus so weit wie möglich verbreiten, um effektiv zu sein, andererseits wird auch auf die Gefahr hingewiesen, Feminismus für kapitalistische Zwecke zu nutzen.

Sobald für die KonsumentInnen der kommerzielle Nutzen wahrnehmbar ist, wird die Authentizität von KünstlerInnen in Frage gestellt. Deshalb werden kapitalistische Zwecke oft in einer „positiven“ Intention verpackt. Wie KünstlerInnen authentisch erscheinen, hängt jedoch nicht nur von ihrer Performance innerhalb der genrespezifischen Authentizitätsdiskursen ab, sondern auch vom Geschlecht, wie im Kapitel „Authentizität in Musikvideos“ anhand von Railton und Watson (2011) deutlich wird. Da jedoch das männliche Geschlecht höher gewertet wird als das weibliche, wurde im Kapitel „Frauenband“ das Problem dieser Begrifflichkeit und geschlechtlichen Einordnung erläutert.

Anhand der Erkenntnisse konnten die aufgezeigten Musikvideos im Durchführungskapitel in die postfeministische Debatte eingeordnet und ihre künstlerische Identität nachvollzogen werden. Wie sie sich innerhalb ihres Genres authentisch inszenieren und ob sie alternative Gestaltungsstrategien zur Weiblichkeit nutzen, konnte anhand der Einordnung in die zuvor aufgestellten Kategorien erklärt werden. In der Erstellung meines Musikvideos habe ich mich vor allem an „Dollhouse“ von Melanie Martinez orientiert. Die Pastell-Töne und die Inszenierung der Figuren konnten mich nicht nur in der Erstellung des Konzeptes inspirieren und anleiten, sondern auch die Perspektiven und technischen Aspekte, die das Video mit sich bringt. Die Analyse des Musikvideos von Miley Cyrus hat mir gezeigt, dass auch sexuell- provokative Darstellungsformen feministisch sein können. Sie hat im Vergleich zu Taylor Swift eine andere Herangehensweise gefunden, sich von traditionellen Strukturen zu befreien. Die Biografie über Taylor Swift konnte aktuelle Bewegungen in der Popkultur aufzeigen und sie durch ihren Karriereweg ergründen.

All diese Erkenntnisse und Erfahrungswerte konnten mir helfen, ein gendersensibles Video zu erstellen und die Aussage verständlich rüberzubringen. Da das Video vor der Erstellung der Arbeit produziert wurde, konnte durch die Arbeit bestätigt werden, dass das Konzept des Videos gelungen ist und zuvor schon ein feministisches Verständnis erlangt wurde. Die Ausdifferenzierung dieser Bewegung und ihren Einfluss auf die Musikbranche hätte einerseits die Ideenentwicklung erleichtern und bereichern können, andererseits aber auch die Idee verkomplizieren können, sodass ein kreativer Prozess nicht möglich geworden wäre.

 

6.2 Persönliche Reflektion

Das Medienprojekt und die intensive Auseinandersetzung mit genderrelevanten Botschaften in der Pop- und Rock-Musik haben mich in meiner Sichtweise verändert und mir viele Missstände und Identitätsfragen erklärt. Auch ich zähle zur Generation Z und habe als Kind High School Musical geschaut, Christina Aguilera gehört und zu Britney Spears getanzt. Als ich beispielsweise das Buch „Music video and the politics of representation“ von Diane Railton und Paul Watson gelesen habe und unteranderem die Kritik an Christina Aguileras Inszenierungen, wollte ich beinahe nicht mehr weiterlesen, denn sie war und ist mein Kindheitsidol. Die Erkenntnisse, die ich aus dieser Arbeit gewonnen habe, ließen mich viele Verhaltensweisen hinterfragen und ich begann mein Weltbild neu zu ordnen. Ich habe nun eine gewisse Sensibilität gegenüber solchen Vorbildern, lehne sie aber nicht ab. Ein Schritt, der mich näher zur Identifizierung mit dem Feminismus bringt.

Ich habe dieses Projekt und die Arbeit nicht als Feministin begonnen, sondern wurde zu einer. Das Gefühl, sich nicht an das Thema Feminismus heranzutrauen und Stellung beziehen zu können, kann ich allzu gut nachvollziehen. Natürlich war ich auch für Gleichberechtigung und habe Unterschiede zwischen Männern und Frauen wahrgenommen. Allerdings hielt ich die Ausdifferenzierung für das Problem, ganz nach dem Motto „jeder darf nach seiner Fasson glücklich werden“ (Schrupp o. J.). Wagt man sich aber auf dieses breite und kleinteilige Feld, erwarten einen Zuspruch und Verständnis, die ein neues Selbstbewusstsein schaffen können. Es ist nebensächlich, wie aufgeklärt und wie hoch der akademische Grad sind. Wichtig ist, sich und die Umwelt zu reflektieren und das Gesellschaftsbild zu hinterfragen, um Ungerechtigkeiten kollektiv zu bekämpfen.

Dadurch, dass ich zuerst das Medienprojekt umgesetzt habe und im Nachhinein die Arbeit geschrieben habe, musste ich mich mit meiner Selbstintention und eigenen Eindrücken auseinandersetzen, um gendersensibel zu arbeiten. Als sich die Idee des Videos entwickelte und ich anfing am Konzept zu arbeiten, informierte ich mich erstmals über Themen wie Popkultur, Feminismus und Sexismus. Die Inspiration, die ich von Künstlerinnen bekommen konnte und die kritische Betrachtung ihrer und andere Musikvideos, haben mich den schmalen Grad von Feminismus und Antifeminismus erkennen lassen. Im Laufe des Projektes wurde es mir ein immer größeres Anliegen, die Band perfekt zu inszenieren und die Botschaft zu vermitteln. Letztendlich ein gelungenes Musikvideo präsentieren zu können, das durch die Arbeit in die feministische Debatte eingeordnet werden konnte, wecken in mir Lust auf weitere Projekte. Die Erkenntnisse aus dieser Arbeit werden mich in meiner weiteren Laufbahn inspirieren und antreiben.

 

Anhangverzeichnis:

Anhang 1: Konzept

Anhang 2: Directors Inspiraton, Skript, Crew Liste und Kalkulation

Hast du bis hierher gelesen? Wow, super! Wir möchten uns bei dir für dein (hiermit von uns beglaubigtes) ernsthaftes Interesse bedanken und sagen gemeinsam mit dir zum Schluss noch einmal:

Herzlichen Glückwunsch an das ganze Team aus Hamburg für ihr großartiges Musikvideo „Say“ für die Band “Baked Cat” und den dafür wohlverdienten Award.

Hut ab, weiter so und rock on!

Literaturverzeichnis

Berrien, Jon 2014. Interview: “Dollhouse” singer Melanie Martinez plays nice with GroundSounds GroundSounds. http://www.groundsounds.com/2014/05/28/interview-dollhouse-singer-melanie- martinez-plays-nice-groundsounds/ [Stand 2021-03-30].

Billboard & Madonna 2016. Madonna Woman of The Year Full Speech | Billboard Women in Music 2016. https://www.youtube.com/watch?v=c6Xgbh2E0NM [Stand 2021-03-29].

Billboard & Swift, Taylor 2019. Taylor Swift Accepts Woman of the Decade Award | Women In Music. https://www.youtube.com/watch?v=ZVpkFb9-fts [Stand 2021-03-29].

Bitkom 2015. Drei von vier Unternehmen nutzen Social Media | Bitkom e.V. https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Drei-von-vier-Unternehmen-nutzen-Social- Media.html [Stand 2021-03-29].

BLINDED 2020. The 2009 „VIDEO MUSIC AWARDS“ incident – with Kanye West | Miss Americana. https://www.youtube.com/watch?v=XF2aMJHplDA [Stand 2021-03-29].

Blistein, Jon & Blistein, Jon 2019. Watch Miley Cyrus Celebrate Bodies of All Kinds in New „Mother’s Daughter“ Video Rolling Stone. https://www.rollingstone.com/music/music-news/miley-cyrus-new-mothers- daughter-music-video-854598/ [Stand 2021-03-29].

Braithwaite, Ann 2002. The personal, the political, third-wave and postfeminisms. Feminist Theory 3, 3, 335– 344.

Buddenberg, Verena 2013. Biografieforschung. https://www.kubi-online.de/artikel/biografieforschung [Stand 2021-03-29].

Burchetta, Scott Big Machine Label Group. Big Machine Label Group. https://www.bigmachinelabelgroup.com/ [Stand 2021-03-31].

Burstimo 2019. Major Label’s Marketing Techniques Used To Break Artists | Chat With Virgin EMI Senior Marketer. https://www.youtube.com/watch?v=9fAhyaKnyQ4 [Stand 2021-03-29].

Bütow, Elena & Heying, Mareen 2021. Popfeminismus. Wir Frauen. https://wirfrauen.de/ausgabe/popfeminismus/ [Stand 2021-03-29].

Chapple, Craig 2020. TikTok Generates Record 113 Million Downloads in February, Nearing 2 Billion Lifetime Installs. Sensor Tower Blog. https://sensortower.com/blog/tiktok-record-revenue-downloads- february-2020 [Stand 2021-03-29].

Dandridge-Lemco, Ben 2016. Chimamanda Ngozi Adichie On Beyoncé: “Her Type Of Feminism Is Not Mine”. The FADER. https://www.thefader.com/2016/10/07/chimamanda-ngozi-adichie-beyoncs-feminism- comment [Stand 2021-03-30].

Dawson, Brit 2019. Miley Cyrus and the death of the female ‘role model’. Dazed. https://www.dazeddigital.com/music/article/45731/1/miley-cyrus-twitter-thread-death-of-the- female-role-model-black-mirror-ashley-o [Stand 2021-03-29].

Dior We Should All Be Feminists T-Shirt Leinen und Baumwolljersey in Weiß – Prêt-à-porter – Damenmode | DIOR. https://www.dior.com/de_de/products/couture-843T03TA428_X0200-we-should-all-be- feminists-t-shirt-leinen-und-baumwolljersey-in-weiss [Stand 2021-03-29].

Doyle, Jack 2009. “Taylor Swift, Rising”2003-2009 | The Pop History Dig Pop History Dig. https://www.pophistorydig.com/topics/early-taylor-swift-2003-2009/ [Stand 2021-03-29].

Dyer, Richard 2002. The Matter of Images: Essays on Representations. Routledge.

Elliott, Kim 2017. Second-wave feminism (article). Khan Academy. https://www.khanacademy.org/humanities/us-history/postwarera/1960s-america/a/second-wave- feminism [Stand 2021-03-30].

Florez, Nick & Durell, RJ 2017. P!nk – Beautiful Trauma (Official Video). https://www.youtube.com/watch?v=EBt_88nxG4c [Stand 2021-03-30].

Furtwängler, Maria & Furtwängler, Elisabeth 2019. Weibliche Selbstinszenierung in den neuen Medien. Garrison, Ednie Kaeh 2001. U.S. Feminism-Grrrl Style!: Youth (Sub)Cultures and the Technologies of the Third

Wave. In Michigan Publishing, 141.

Gill, R. & Scharff, C. 2013. New Femininities: Postfeminism, Neoliberalism and Subjectivity. Springer.

Gill, Rosalind 2018. Die Widersprüche verstehen. (Anti-)Feminismus, Postfeminismus, Neoliberalismus | APuZ. bpb.de. https://m.bpb.de/apuz/267938/die-widersprueche-verstehen-anti-feminismus- postfeminismus-neoliberalismus [Stand 2020-12-19].

Gillette 2019. We Believe: The Best Men Can Be | Gillette (Short Film). https://www.youtube.com/watch?v=koPmuEyP3a0&t=14s [Stand 2021-03-29].

Glock, Allison 2015. Miley Cyrus Is Just Trying to Save the World. Marie Claire. https://www.marieclaire.com/celebrity/a15323/miley-cyrus-september-2015/ [Stand 2021-03-29].

Glynn, Paul 2019. Taylor Swift v Scooter Braun: Is it personal or strictly business? BBC News . https://www.bbc.com/news/entertainment-arts-48801130 [Stand 2021-03-29].

Godlewsky, Tanja 2017. Visuelle Geschlechterinszenierungen von Musikerinnen, GENDER.

Grigoriadis, Vanessa 2009. The Very Pink, Very Perfect Life of Taylor Swift – Rolling Stone. https://www.rollingstone.com/music/music-country/the-very-pink-very-perfect-life-of-taylor-swift- 107451/ [Stand 2021-03-29].

Günther, Jana 2018. Die Suffragetten. Mit Militanz zum Frauenstimmrecht | APuZ. bpb.de. https://www.bpb.de/apuz/277333/die-suffragetten-mit-militanz-zum-frauenstimmrecht [Stand 2020- 12-23].

Haas, Birgit 2006. Der postfeministische Diskurs. Königshausen & Neumann.

Harris, Margot 2020. A music producer just explained how to make your song go viral on TikTok. Insider. https://www.insider.com/tiktok-music-producer-nick-sylvester-perfect-viral-song-2020-1 [Stand 2021- 03-29].

He, Richard 2021. Taylor Swift’s „Love Story“ Re-Recording Gently Reinvents a Modern Classic. Billboard. https://www.billboard.com/articles/columns/pop/9525463/taylor-swift-love-story-rerecording- versions-compared/ [Stand 2021-03-29].

Herbstreuth, Mike 2020. Social Media – Wie TikTok die Musikindustrie verändert. Deutschlandfunk. https://www.deutschlandfunk.de/social-media-wie-tiktok-die-musikindustrie- veraendert.807.de.html?dram:article_id=477229 [Stand 2020-12-8].

Herrenbrück, Sigrid 2021. Presseinformationen: BVMI. Musikindustrie 2020 mit 71,5 Prozent Digitalanteil. https://www.musikindustrie.de/presse/presseinformationen/musikindustrie-2020-mit-715-prozent- digitalanteil [Stand 2021-03-29].

Hiatt, Brian 2019. Taylor Swift: Das ROLLING-STONE-Interview. Rolling Stone. https://www.rollingstone.de/taylor-swift-das-rolling-stone-interview-1777109/ [Stand 2021-03-29].

Holman, Zoe 2013. Femen to take topless protests to United Kingdom | The Japan Times. https://www.japantimes.co.jp/news/2013/10/20/world/femen-to-take-topless-protests-to-united- kingdom/ [Stand 2021-03-29].

Huyssen, Andreas 1986. After The Great Divide: Modernism, Mass Culture, Postmodernism. INDIANA UNIV PR.

IBB Redaktion 6 Künstler, die durch YouTube berühmt wurden. Insired by beatz. https://www.inspiredbybeatz.com/6-kuenstler-die-durch-youtube-beruehmt-wurden/ [Stand 2021- 03-29].

IMDb 2019. Billie Eilish: Bad Guy – IMDb. http://www.imdb.com/title/tt10134496/awards [Stand 2021-03-29].

Kawa, Katie & Cartlidge, Cherese 2016. Taylor Swift: Superstar Singer. Greenhaven Publishing LLC.

Kemper, Frank 2019. Die neuen Kunden: So tickt die Generation Z. INTERNET WORLD Business. /sonstiges/zielgruppe/neuen-kunden-so-tickt-generation-z-1724693.html [Stand 2021-03-29].

Kiene, Aimée 2016. Ngozi Adichie: Beyoncé’s feminism isn’t my feminism. de Volkskrant. https://www.volkskrant.nl/gs-bd0661ea [Stand 2021-03-29].

Kort, Katharina 2018. Streaming-Klausel: Taylor Swift geht zu Universal Music – und hilft damit anderen Künstlern. https://www.handelsblatt.com/arts_und_style/lifestyle/streaming-klausel-taylor-swift- geht-zu-universal-music-und-hilft-damit-anderen-kuenstlern/23657352.html [Stand 2021-03-29].

Kühne, Anja 2010. Aufstieg in High Heels. https://www.tagesspiegel.de/wissen/emanzipation-aufstieg-in-high- heels/1910468.html [Stand 2021-03-29].

Lana, Wilson 2020. Miss Americana.

Lee, Ashley 2019. Why Miley Cyrus’ ‘Mother’s Daughter’ video pays tribute to feminist protest groups. Los Angeles Times. https://www.latimes.com/entertainment/music/la-et-ms-miley-cyrus-mothers- daughter-video-20190702-story.html [Stand 2021-03-29].

Lunetta, Laurent 2020. Pop-Feminismus: zwischen Pop und Marketing | Doku | ARTE. https://www.youtube.com/watch?v=bUZw4t9P6RM [Stand 2020-12-14] Leider war es mir bei dieser Quelle nicht mehr möglich vorgabengemäß zu zitieren, da sie am 04.01.2021 offline genommen wurde.

Marco Des Harris 2015. From Feminism to Post-Feminism. https://www.youtube.com/watch?v=llwf-NFT5Bk [Stand 2020-12-22].

Margolis, Eleanor 2019. Will Billie Eilish Prove To Be The Most Important Pop Star Of Our Generation?. British Vogue. https://www.vogue.co.uk/article/billie-eilish-is-the-ultimate-gen-z-role-model [Stand 2021-03- 29].

Martinez, Melanie 2016. Melanie Martinez – Cry Baby (Official Music Video). https://www.youtube.com/watch?v=O87lzhoexyA [Stand 2021-03-30].

Martinez, Melanie 2020a. Melanie Martinez – Lunchbox Friends [Official Music Video]. https://www.youtube.com/watch?v=rYd92fTkg7k [Stand 2021-03-30].

Martinez, Melanie 2020b. Melanie Martinez – The Bakery [Official Music Video]. https://www.youtube.com/watch?v=ziotSaBtqGk [Stand 2021-03-30].

Maryville University 2019. Me Too: Sexual Harassment Awareness & Prevention Maryville Online. https://online.maryville.edu/blog/understanding-the-me-too-movement-a-sexual-harassment- awareness-guide/ [Stand 2021-03-29].

melonmedia Team 2016. Social Media: Umsatzsteigerung durch Social Media? (Teil 1/5) melon|media Blog. https://www.melon-media.de/blog/social-media-umsatzsteigerung-durch-social-media/ [Stand 2021- 03-29].

Merelli, Annalisa 2017. International Women’s Day: Chimamanda Ngozi Adichie on why „pop feminism“ is good for women — Quartz. https://qz.com/927871/international-womens-day-chimamanda-ngozi-adichie- on-why-pop-feminism-is-good-for-women/ [Stand 2021-03-29].

Miley Cyrus 2019. Miley Cyrus auf Instagram. https://www.instagram.com/p/BzafkZmJdG- /?utm_source=ig_embed [Stand 2021-03-31].

Montgomery, James 2010. Why You Shouldn’t Hate On Taylor Swift. MTV News. http://www.mtv.com/news/1631093/why-you-shouldnt-hate-on-taylor-swift/ [Stand 2021-03-29].

Moors, Alexandre 2019. Miley Cyrus – Mother’s Daughter (Official Video). https://www.youtube.com/watch?v=7T2RonyJ_Ts [Stand 2021-03-30].

Negra, Diane & Tasker, Yvonne 2007. Interrogating Postfeminism: Gender and the Politics of Popular Culture. Duke University Press.

Nier, Hedda 2019. Infografik: Frauen auf Youtube: Beziehung, kochen, schminken. Statista Infografiken. https://de.statista.com/infografik/16874/rollenbilder-auf-youtube/ [Stand 2021-03-29].

O A 4 Dinge, die ihr über Feminismus wissen solltet Genderdings. https://genderdings.de/gender- politik/feminismus/ [Stand 2021-a-03-29].

O A 100 Greatest Songwriters of All Time. Rolling Stone. http://www.rollingstone.com/music/lists/100- greatest-songwriters [Stand 2021-b-03-29].

O A 2020a. 2020 MTV VMA: Hier sind die Gewinner | MTV Germany. MTV. http://www.mtv.de/news/ajivxv/2020-mtv-video-music-awards-hier-sind-die-gewinner-der-vma [Stand 2021-03-31].

O A 2020b. Bedeutung der Farben [“Farbsymbolik und Farben in der Psychologie”]. Designer in Action. https://www.designerinaction.de/design-wissen/bedeutung-farben/ [Stand 2021-03-29].

O A Der Filmtrailer | „Damengambit“ – Kino – Bild.de. https://www.bild.de/video/clip/kino/der-filmtrailer- damengambit-73602862.bild.html [Stand 2021-c-03-30].

O A 2021a. Dollhouse (Melanie Martinez song). Wikipedia. https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Dollhouse_(Melanie_Martinez_song)&oldid=1014279027 [Stand 2021-03-30].

O A Global geeint gegen Rassismus. ZEIT ONLINE. https://www.zeit.de/thema/black-lives-matter [Stand 2021- d-03-29].

O A 2020c. Pop & Politik im US-Wahlkampf. BR24. https://www.br.de/nachrichten/kultur/pop-and-politik-im- us-wahlkampf,S8lI2UA [Stand 2021-03-29].

O A 2005. Songwriter Taylor Swift Signs Publishing Deal With Sony/ATV. BMI.com. https://www.bmi.com/news/entry/20050512Taylor_Swift_Songwriter_Taylor_Swift_Signs_Publishing _Deal_With_ [Stand 2021-03-29].

O A 2013. Star Datenbank – Taylor Swift. www.prosieben.de. https://www.prosieben.de/stars/star- datenbank/taylor-swift [Stand 2021-03-29].

O A 2012. Sweet & Easy – Enie backt – Enie backt: Die neue Backshow auf sixx alt. www.sixx.de. https://www.sixx.de/tv/enie-backt/texte/tv-enie-backt-sweet-easy-100084-alt-100084 [Stand 2021- 03-30].

O A 2014. Target Audience Magazine. Melanie Martinez Wiki. https://melanie- martinez.fandom.com/wiki/Target_Audience_Magazine [Stand 2021-03-30].

O A 2021b. Taylor Swift. Wikipedia. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Taylor_Swift&oldid=209897771 [Stand 2021-03-29].

O A 2017. Taylor Swift: Das Ende des Spotify-Boykotts. https://www.handelsblatt.com/arts_und_style/aus- aller-welt/taylor-swift-das-ende-des-spotify-boykotts/19911924.html [Stand 2021-03-29].

O A 2020d. Taylor Swift master tapes sold by Scooter Braun to investment fund. BBC News . https://www.bbc.com/news/entertainment-arts-54969396 [Stand 2021-03-29].

O A 2016. Taylor Swift zieht sich aus dem Musikgeschäft zurück. vip.de. https://www.vip.de/cms/taylor-swift- zieht-sich-aus-dem-musikgeschaeft-zurueck-2480903.html [Stand 2021-03-29].

O A 2010. Taylor Swift’s Grammy Backlash. The Daily Beast. https://www.thedailybeast.com/cheats/2010/02/02/taylor-swifts-grammy-backlash [Stand 2021-03- 29].

Ostroff, Dawn 2020. Spotify Culture Next – Global Trend Report 2020.

Pawlik 2021. Generationen – Häufigkeit der Nutzung von Social Media (z.B. Facebook, Twitter, Instagram, WhatsApp) 2020. Statista. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1137640/umfrage/umfrage- zur-haeufigkeit-der-nutzung-von-social-media-nach-generationen/ [Stand 2021-03-29].

Pieper, Diana 2017. Feminismus zu verkaufen. https://www.bildderfrau.de/familie- leben/article210466543/Feminismus-zu-verkaufen.html [Stand 2021-03-29].

Plesch, Tine 2013. Rebel Girl: Pokultur und Feminismus. Ventil Verlag.

Railton, Diane & Watson, Paul 2011. Music Video and the Politics of Representation. Edinburgh University Press.

Rudulph, Heather Wood 2015. The Secret History Behind Fiona Apple. https://www.refinery29.com/en- us/2015/07/90367/fiona-apple-criminal-feminist-anthem.

Scaggs, Austin 2008. Taylor Swift: Country, Metal, Hip-Hop and Super Fans Rolling Stone. https://www.rollingstone.com/music/music-news/taylor-swift-country-metal-hip-hop-and-super-fans- 236671/ [Stand 2021-03-29].

Schrupp, Antje Antje Schrupp im Netz : Third-Wave-Feminismus. http://www.antjeschrupp.de/third-wave- feminismus [Stand 2021-03-29].

Scialom, Nathan & McNamara, Tom 2014. Melanie Martinez – Dollhouse (Official Music Video). https://www.youtube.com/watch?v=HcVv9R1ZR84 [Stand 2020-01-21].

Seemann, Katrin 2020. Was die Farbe Blau bedeutet und bei Betrachtung bewirkt. https://mypfadfinder.com/farbe-blau-bedeutet-treue-und-entwicklung/ [Stand 2021-03-30].

shonasproductionblog 2017. Melanie Martinez ‘Dollhouse’ music video analysis Shona’s production blog. https://shonasproductionblog.wordpress.com/2017/10/20/melanie-martinez-dollhouse-music-video- analysis/ [Stand 2021-03-30].

Shuker, Roy 1998. Key Concepts in Popular Music. Routledge.
Siebel, Jennifer 2011. Miss Representation. Leider war es mir bei dieser Quelle nicht mehr möglich vorgabengemäß zu zitieren, da sie offline genommen wurde.

Smith, Jessinta 2021. Melanie Martinez And Her Pastel Goth Fashion. https://www.rebelsmarket.com/blog/posts/melanie-martinez-the-pastel-goth-for-the-modern-weirdo [Stand 2021-03-30].

Snapes, Laura 2019. New rules: the destruction of the female pop role model. the Guardian. http://www.theguardian.com/music/2019/nov/25/destruction-of-female-pop-role-model-decade-in- music [Stand 2021-03-29].

Sobbe, Georg 2020. Umsatz: BVMI. https://www.musikindustrie.de/markt-bestseller/musikindustrie-in- zahlen/umsatz [Stand 2021-03-29].

Statista Research Department 2020. Bestverdienende Musikerinnen weltweit 2019. Statista. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/786477/umfrage/musikerinnen-mit-dem-hoechsten- jahreseinkommen/ [Stand 2021-03-29].

Statista Research Department 2021a. Social Media – Anzahl der aktiven Nutzer weltweit bis 2021. Statista. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/739881/umfrage/monatlich-aktive-social-media-nutzer- weltweit/ [Stand 2021-03-29].

Statista Research Department 2021b. YouTube – Meistgenutzte Videos weltweit 2021. Statista. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/246583/umfrage/meistgenutzte-youtube-videos- weltweit/ [Stand 2021-03-29].

Stein, Christian 2016. Expertin erklärt die Macht der Spice Girls | Warum waren diese Mädels so erfolgreich? – Musik – Bild.de. https://www.bild.de/unterhaltung/musik/spice-girls/eine-expertin-erklaert-die- bedeutung-der-band-46687762.bild.html [Stand 2021-03-29].

Thompson, Gayle 2020. 31 Years Ago: Taylor Swift Is Born in Reading, Pa. The Boot. https://theboot.com/taylor-swift-birthday-1989/ [Stand 2021-03-30].

Tjepkema, Lindsay 2019. Top 5 Social Media Predictions for 2019 | Emarsys. https://emarsys.com/learn/blog/top-5-social-media-predictions-2019/ [Stand 2021-03-29].

Verena Fücker, Bayerischer Rundfunk 2018. Kommentar zu Protestklamotten: Warum ein T-Shirt euch noch nicht zu Feministen macht. https://www.br.de/puls/themen/popkultur/warum-tshirts-euch-nicht-zu- feministinnen-machen-100.html [Stand 2021-03-29].

Volkmann, Maren 2011. Frauen und Popkultur: Feminismus, Cultural Studies, Gegenwartsliteratur. Posth Verlag.

Von Bargen, Henning Von Welle zu Welle. Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/2018/07/03/von- welle-zu-welle [Stand 2021-03-29].

Vorsatz, Laura 2020. 08 – Popfeminismus – Na wenn Beyoncé das sagt…. https://open.spotify.com/episode/0NUHqi46t5iSw7w1A52cLZ [Stand 2021-03-29].

Warwick, Jacqueline & Adrian, Allison 2016. Voicing Girlhood in Popular Music: Performance, Authority, Authenticity. Routledge.

Williamson, Debra 2021. US Social Trends for 2021. Insider Intelligence. https://www.emarketer.com/content/us-social-trends-2021 [Stand 2021-03-29].

Wilson, Samantha 2016. Taylor Swift ‘Horrified’ & ‘Livid’ With Kanye West’s ‘Famous’ Video Hollywood Life. https://hollywoodlife.com/2016/06/25/kanye-west-taylor-swift-reaction-famous-video-horrified/ [Stand 2021-03-29].

Wilt, Chloe 2019. Miley Cyrus’ New Music Video Claps Back At Homophobia And Sexism In The Raunchiest Way. Revelist.com. https://www.revelist.com/music/miley-cyrus-mothers-daughters-video/15855 [Stand 2021-03-29].

Share.

Leave A Reply