Alles Rechtens? Urheberrecht und Leistungsschutz im Werbeton

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In vielen Werbeproduktionen kommen neben Sprechern auch Musik und Soundeffekte zum Einsatz. Doch was gibt es dabei rechtlich zu beachten und gehört ein fertiger Spot dem Kunden? Alltägliche Fragen, alltägliche Antworten aus einem Werbetonstudio.

geschrieben von Michael Rauch, BA 

Ein typischer Tag, in einem typischen Werbetonstudio. Eine dringende Produktion wartet darauf fertig zu werden und gleich kommt der nächste Sprecher zur Aufnahme. Das Telefon klingelt wiedermal – ein Kunde. Er möchte eine Idee zu einem neuen Werbespot besprechen – jetzt.
Seine Idee: Den Spot zu seinem 20 jährigen Firmenjubiläum möchte er mit Stevie Wonders „Happy Birthday“ hinterlegen. Und weil es deswegen eine Reise nach London zu gewinnen gibt, sollen noch irgendwie ein Flugzeug und die Glocken von Big Ben zu hören sein.

Darf er das? Ja. Einfach so? Nein. 

Alles was in einem kommerziellen Spot zu hören sein soll, muss rechtlich lizenziert und abgeklärt werden. Von den Sprechern über die Musik bis zu den Soundeffekten (Flugzeug, Big Ben). Als Werbetonstudio-Techniker sollte man groben darüber Auskunft geben können.
Beginnen wir mit der Verwertung von Musik. Dabei kommen relativ schnell die für den deutschsprachigen Raum zuständigen Verwertungsgesellschaften ins Spiel:
AKM (Österreich), GEMA (Deutschland) und SUISA (Schweiz).
Je nachdem in welchem Land man arbeitet sind diese auch Ansprechpartner bei Fragen und Lizenzierungen. In meinem Fall die AKM, da ich in Österreich tätig bin, es gilt das Selbe auch für alle anderen Verwertungsgesellschaften.
Ist der betreffende Komponist bei einer solchen Verwertungsgesellschaft gemeldet, muss das Musikstück auch über eine solche lizenziert werden.  In unserem konkreten Fall können wir also sagen: Ja Stevie Wonder zählt definitiv dazu.
Doch mit einer Meldung bei der AKM ist es noch nicht getan. Denn bei Musikstücken die man vereinfacht gesagt „aus dem Radio kennt“ muss man sich zuerst das OK vom Urheber bzw. des Verlegers einholen.
Meine Antwort an den Kunden würde also lauten: „Ja, wir können Stevie Wonder verwenden, allerdings müssen wir davor die zuständige Plattenfirma kontaktieren.“  

Vorab sollte man aber schon ein paar Informationen bereithalten bzw. vom Kunden anfordern: Was genau wird beworben? Zeitraum der Schaltung? Wie viel Geld wird für die Schaltung ausgegeben (Mediabudget)? Diese Informationen braucht der Verlag um sein Angebot stellen zu können. Bei bekannten Stücken sind Kosten von ein paar Tausend Euro alleine dafür, dass man das Werk verwenden darf keine Seltenheit.

Führen wir unser Telefonat wieder fort. Denn jetzt kommt die typische Antwort des wie so oft enttäuschten Kunden: „Was so viel!?“ – Ja.

Alternativen? Entweder man komponiert das Stück exakt nach, man spart sich also die Leistungsschutzrechte für die Originalaufnahme, oder komponiert an dem Stück vorbei, es klingt also nur ähnlich und man spart sich zusätzlich die Urheberrechte. In beiden Fällen muss jedenfalls ein Komponist engagiert werden.

Egal ob Originalstück oder eigene Komposition. Beides kostet Geld und braucht in der Regel viel Vorlaufzeit. Deshalb kommt häufig AKM-pflichtige Musik „die man nicht aus dem Radio kennt“ zum Einsatz. Man spricht hierbei von Production Music, also Musikstücke die speziell für den Einsatz in der Werbeproduktion komponiert wurden.
Die Studios haben Verträge mit großen „Production Music Libraries“ und können auf deren üppige Archive zugreifen. Man muss also keine spezielle Berechtigung mehr einholen. Ein Nachteil ist natürlich, dass diese Musikstücke völlig unbekannt sind. Sie werden aber so ausgewählt, dass sie die Message des Spots optimal transportieren.

Die AKM Meldung läuft in weiterer Folge über die jeweilige Sendeanstalt die den Spot schaltet. In Österreich zahlen Privatsender dafür eine Pauschale an die AKM und benötigen deshalb auch keine genaueren Angaben über die im Spot verwendete Musik. Öffentlich rechtliche Sender hingegen melden jedes einzelne Musikstück der AKM.

Ist der Urheber kein Mitglied einer Verwertungsgesellschaft spricht man von rechtefreier Musik. Auch hierfür gibt es große Libraries.
Bei AKM freier Musik wird für jeden Einsatz ein Nutzungsvertag abgeschlossen. Entweder direkt mit dem Urheber oder mit einem Verlag. Darin wird genau definiert wie das Werk verwertet werden darf.

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Zurück zum Telefonhörer: Stevie Wonder ist unserem Kunden also zu teuer. Wir bieten ihm ein passendes Musikstück aus einer Library an. Mit etwas Recherche vielleicht sogar ein Stück in dem „Happy Birthday“ gesungen wird.  Bleibt noch die Frage nach den Soundeffekten.

Kurz gesagt: Auch bei Geräuschen muss sichergestellt sein, dass die Urheberrechte geklärt sind. Hier greifen Studios ebenfalls auf Libraries zurück für die sie die betreffenden Nutzungsrechte erworben haben.

 Eine Frage quält unseren Anrufer aber doch noch: Gehört der fertige Spot ihm? Darf er damit also machen was er will? 

Nein, das darf er vorerst nicht. Der Auftraggeber erhält nämlich nur das Nutzungsrecht. Er darf den Spot für das jeweilige Verwertungsgebiet (National, Regional, Lokal, Internet, etc.) das ausgemacht wurde verwenden. Denn danach richten sich auch die Sprecherpreise und Produktionskosten. Soll zum Beispiel eine Produktion die ursprünglich nur für das Internet gedacht war nun auch im TV zu sehen sein, muss dieses Nutzungsrecht zusätzlich erworben werden.
Die Nutzung ist auch zeitlich eingeschränkt. Denn üblicherweise werden solche Nutzungsrechte für ein Jahr vergeben. Soll eine Produktion in einem weiteren Jahr wiederverwendet werden, fallen ebenfalls Kosten an.
Es besteht natürlich auch die Möglichkeit einen Spot komplett „freizukaufen“. Dabei gehen alle Rechte in den Besitz des Kunden über. Diese Option wird aber aus Kostengründen eher selten gewählt.

Am Telefon herrscht kurz Stille, gefolgt von einem leisen „Aha“.
Aber dann bedankt sich unser Kunde und freut sich auf die alternativen Musikvorschläge.
– So und inzwischen knurrt der Magen, aber der nächste Sprecher wartet schon… Das wars also mit dem Essen – auch typisch im Business.

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