Basiswissen Multibandkompression

0

Der Kompressor ist neben dem Equalizer das wohl wichtigste Werkzeug im Mastering-Prozess. Der Einsatz üblicher Single- oder auch Broadband-Kompressoren im Mastering weist jedoch mehrere Risiken auf.

von Jakob Rosemann

Da in moderner Popularmusik oftmals die Bassdrum den höchsten Amplitudenwert eines Mixes darstellt, reagieren Summenkompressoren in der Regel am stärksten auf Ausschläge im Bassbereich. Pegelabsenkungen durch einen gewöhnlichen Kompressors erfolgen jedoch stets über den gesamten Frequenzbereich hinweg. Die Konsequenz ist eine lineare Absenkung des gesamten Frequenzbereiches, getriggert durch den Bass oder durch die Bass Drum. Schnell entwickelt sich dieses Phänomen gar zu einem deutlich wahrnehmbaren, unerwünschten Pumpen des Songs im Rhythmus der Bassdrumschläge.

Der C4 von Waves ist ein üblicher Multibandkompressor mit vier Bändern, der sehr gute Arbeit leisten kann. Dass anstelle einer Ratio ein Range-Parameter zur Verfügung steht, mag einigen Nutzern jedoch womöglich etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen.

Vor allem im Mastering hat sich daher die Gattung der Multibandkompressoren durchgesetzt, die ein kontrollierteres und gleichmäßiger klingendes Ausgangssignalermöglicht. Der Trick liegt in der Splittung des Frequenzbereichs in meist drei bis zehn Bänder, deren Dynamik in der Folge separat bearbeitet werden kann. Durch die separierte Kompression der meist frei einteilbaren Frequenzbereiche mit unterschiedlichen Regel-Werten kann eine unauffälligere Pegelreduktion und auch eine höhere Lautheit durch die anschließende Aufholverstärkung der einzelnen Bänder ohne Pumpeffekte erzielt werden.

Ein klassisches Mastering-Szenario, in dem der Einsatz eines Multibandkompressors beeindruckende Ergebnisse erzielen kann ist ein Song mit einer unausgewogenen Dynamik im Bassbereich. Bei Titeln, die in einem Projektstudio auf zu kleinen Lautsprechern gemischt und in Folge mit ungünstigen Regelwerten komprimiert wurden kann es beispielsweise vorkommen, dass einzelne Töne der Bassgitarre zu stark über das durchschnittliche Peaklevel hinausschießen. Das Resultat ist ein inkonstantes Klangbild des Bassbereichs. In diesem Fall kann ein Multibandkompressor, der mit dem unteren Band gezielt den Problembereich eingrenzt und mit kurzen Regelwerten arbeitet, Abhilfe schaffen. Er sorgt dafür, dass nur die beschriebenen Pegelspitzen für den Bruchteil einer Sekunde, und damit für das Ohr möglichst unmerklich, abgesenkt werden. Wenn der Bassbereich in Folge durch die Absenkung zwar gleichmäßig, aber insgesamt zu leise erscheint, kann mit dem Make-Up-Gain anschließend der gesamte Bassbereich auf die gewünschte Lautstärke angehoben werden. Das gleiche Vorgehen kann auch bei beißenden Hihats oder bei Zischlauten im Gesang angewandt werden, indem die entsprechenden Bänder des Multibandkompressors die Problembereiche gezielt eingrenzen und stellenweise die hervorschießenden Pegelspitzen herunterregeln.

Bei diesem Rock-Song sticht die Snare zu sehr aus dem Mix hervor. Auch die Bassdrum erscheint ein wenig zu laut. Der Mastering Engineer hat sich daher dafür entschieden, die Bassdrum mit Band 1 zu bearbeiten und die Snare mit Band 2.

Bei diesem Rock-Song sticht die Snare zu sehr aus dem Mix hervor. Auch die Bassdrum erscheint ein wenig zu laut. Der Mastering Engineer hat sich daher dafür entschieden, die Bassdrum mit Band 1 zu bearbeiten und die Snare mit Band 2.

In der Regel bietet es sich daher an einen Multibandkompressor – je nach der Anzahl der zur Verfügung stehenden Bänder – auf den Bassbereich (ca. 20–200 Hz), die unteren Mitten (ca. 200–1.000 Hz), die oberen Mitten (ca. 1.000 – 5.000 Hz) und die Höhen (ca. 5.000 – 20.000 Hz) reagieren zu lassen. Empfehlenswert ist es auch, die Bänder im Solo-Modus anzuhören und eine sinnvolle Aufteilung nach den in den Bändern dominierenden Instrumenten vorzunehmen. So sollten im unteren Band der Bass und die Bassdrum und im oberen Band vor allem die Hihat und die S-Laute der Vocals dominieren.

Die richtigen Einstellungen der Parameter: Threshold, Ratio, Attack und Release sowie Make-Up-Gain zu finden ist ein recht komplexer und von mehreren, songspezifischen Faktoren abhängiger Vorgang. Als grobe Regel sollten für den Bassbereich bei einer standardmäßigen Bearbeitung jedoch lange Regelzeiten gewählt werden, wohingegen die Regelzeiten der weiteren Bänder mit zunehmender Frequenz kürzer gewählt werden können. Generell sollte bei der Summenbearbeitung, wie auch bei der Singleband-Komprimierung, möglichst mit niedrigen Ratio-Werten (1,1:1 bis 4:1) gearbeitet werden.

Da das Schlagzeug sehr attackreich gemischt wurde, wurden sehr kurze Regelzeiten und eine hohe Ratio gewählt. Mit diesen Einstellungen wird das zweite Frequenzband bei jedem Snareschlag um maximal 4,7 dB, das erste Frequenzband bei jedem Bassdrumhit um maximal 0,7dB kurzfristig reduziert. Das dritte Band erfährt keinerlei Bearbeitung. Links zu sehen: der Amplitudenwert des Mixes vor der Bearbeitung, rechts: danach.

Da das Schlagzeug sehr attackreich gemischt wurde, wurden sehr kurze Regelzeiten und eine hohe Ratio gewählt. Mit diesen Einstellungen wird das zweite Frequenzband bei jedem Snareschlag um maximal 4,7 dB, das erste Frequenzband bei jedem Bassdrumhit um maximal 0,7dB kurzfristig reduziert. Das dritte Band erfährt keinerlei Bearbeitung. Links zu sehen: der Amplitudenwert des Mixes vor der Bearbeitung, rechts: danach.

Natürlich hängt eine angemessene Dynamikbearbeitung im Mastering auch stets von dem Tempo und dem Musikgenre des zu bearbeitenden Titels ab. So vertragen klassische Musikproduktionen und natürlichere Jazz-Titel wesentlich weniger Kompression als beispielsweise Dance- oder Elektro-Nummern. Hier lohnt sich hinsichtlich der anzustrebenden Lautheit immer auch ein vergleichender „Blick“ auf kommerzielle Referenztitel, die eine gewisse Orientierung bieten.

Sehr ähnlich wie Multibandkompressoren arbeiten übrigens auch dynamische Equalizer, wie zum Beispiel der Gliss EQ der Firma Voxengo. Dynamische EQs führen Frequenzanhebungen oder -absenkungen nur dann durch, wenn das anliegende Material eine festgelegte Arbeitsschwelle wahlweise unter- oder überschreitet. Gegenüber dem klassischen Multibandkompressor haben dynamische Equalizer meist den Vorteil, dank des variablen Gütefaktors, wesentlich genauer auf besonders schmale Frequenzbereiche reagieren zu können. Besonders bei Gesangsaufnahmen bietet sich ihr Einsatz oftmals an, da Sänger(innen) mittels wechselnder Intonation starke Vokallaute und Resonanzen durch Nase, Mund und Kehle verursachen können.

Jakob Rosemann hat Medien- und Kommunikationswissenschaften studiert und sich parallel zum staatlich zertifizierten Audio Engineer fortgebildet.  An der SAE hat er sich speziell mit dem Thema Mastering auseinandergesetzt. Seither arbeitet er für verschiedene Verlage, Tonstudios und Kunden am Ton von Musikproduktionen,  Hörbüchern, Hörspielen und Filmen.

Jakob Rosemann hat Medien- und Kommunikationswissenschaften studiert und sich parallel zum staatlich zertifizierten Audio Engineer fortgebildet. An der SAE hat er sich speziell mit dem Thema Mastering auseinandergesetzt. Seither arbeitet er für verschiedene Verlage, Tonstudios und Kunden am Ton von Musikproduktionen, Hörbüchern, Hörspielen und Filmen.

Gerade in den Zeiten des Masterns im Rechner verleitet der Überfluss an Plugins dazu, die möglichen Bearbeitungsschritte zum Selbstzweck werden zu lassen und Songs unnatürlich stark zu bearbeiten, um im Kampf um die größtmögliche Lautheit nicht völlig unterzugehen. Es sollte daher nach der Bearbeitung stets ein lautheitskorrigierter Vergleich zwischen dem Mix und Master angestellt werden, um eine „Verschlimmbesserung“ des Klangs auszuschließen.

Multibandkompressoren und dynamische Equalizer sind mächtige Tools, die sowohl im Mastering als auch im Mixing so manches Problem eindrucksvoll bekämpfen können. Wahre Wunder kann jedoch auch die Arbeit mit mehreren Frequenzbändern nicht vollbringen. Ein „Re-Mixing“ des Songs ist einem kompromissbehafteten Eingriff im Mastering stets vorzuziehen. Es sollte daher nicht vergessen werden, dass der Schlüssel zu einem überzeugenden Master stets in einer überzeugenden Mischung liegt.

Empfehlenswerte Multibandkompressoren auf Plugin-Ebene:

  • Fabfilter Pro-MB
  • Waves Linear Phase Multiband Compressor
  • Izotope Ozone
  • UAD Precision Multiband
  • McDSP ML4000

Wenn Du noch mehr über den Einsatz von Multibandkompressoren und generell über das Thema Mastering erfahren möchtest, dann schaue dir doch mal die jeweils 4-wöchigen Online-Kurse „Mastering Techniques“ und „Advanced Mastering Techniques“ der SAE an, die von Learning Advisor Reuben Rowntree betreut werden:

https://www.saeonline.com/en/musicproduction/mastering-techniques

https://www.saeonline.com/en/musicproduction/advanced-mastering-techniques

Share.

Leave A Reply