Wenn sich die Ehemaligenvereinigung einer Hochschule trifft, dann klingt das zunächst nach einem gemütlichen Beisammensein an ein paar Tischen in einem kleinen Lokal. Bei der SAE Alumni Convention ist das jedoch deutlich anders: Die zehnte Zusammenkunft ist mittlerweile geradezu über sich hinausgewachsen, es fällt sogar fast schwer zu beschreiben, was das Event eigentlich mittlerweile alles ist: Fachmesse, Kongress, Jobmarkt, Preisverleihung, Party, Konzert – und sicher noch viel mehr.
Text: Klaus Mertens; Video & Fotos: SAE Frankfurt
Die SAE Alumni Convention jährte sich 2014 mittlerweile zum zehnten Mal und konnte alleine schon durch Zahlen ausdrücken, wie umfangreich sie geworden ist. Auf dem Campus des SAE Institutes Berlin sind fast 3000 Besucher, darunter viele von den unterschiedlichsten SAEs Europas zusammengekommen. Über 60 Aussteller aus den Branchen Audio, Film, Cross Media, Web und Game zeigten insgesamt gut 90 Marken. Unter den 70 Vortragenden waren nicht wenige Branchengrößen. So saugten die Audiostudenten und -Alumni-Mitglieder jedes einzelne Wort von Producer Dave Aron auf, der interessante Insider-Information von seiner Arbeit mit Prince, U2, Snoop Dogg, Dr. Dre, Bobby Brown und vielen anderen zu berichten wusste. Doch nicht nur von der reinen Produktionsseite gab es viel zu erfahren, so stieß beispielsweise der Vortrag von Claude Zdanow auf sehr viel positives Feedback. Der erst 26-jährige Zdanow ist Gründer und CEO der Stadiumred-Gruppe, einer der aufstrebendensten im Musikbusiness (Crisis? What Crisis?). Die zugehörigen Studios sind an 12 Grammy-Produktionen beteiligt gewesen. Fragte man die Filmer, war sicher der Vortrag von Mike L. Murphy eines der absoluten Highlights. Wo kann man schon den Ausführungen eines Menschen folgen, der an der Animation von Gollum in Herr der Ringe mitgewirkt hat? Klaus Scherwinski, seines Zeichens Visual Development Artist bei Crytec und Miterschaffer von Crysis 2, stand bei Game-, Christian Heilmann (Yahoo, Mozilla) bei den Web-affinen Besuchern hoch im Kurs.
Unübersehbar waren zwei Aussteller, die zwei Produkte zudem miteinander kombiniert hatten: Die Hammer X8 von The Blackdrone ist eine mit 80×80 cm ausgewachsene Kameradrone mit acht 18”-Propellern und einer Flugzeit von maximal einer Stunde. An der Unterseite war eine Kamera von RED installiert – die ihren Stand direkt nebenan hatten. Ebenfalls im größten Ausstellungsraum von allen, dem zentralen Foyer des Instituts in Berlin, zeigten Ambient ihre neuesten Produkte, wie überall direkt zum Ausprobieren und Anfassen. Das LockIt-System ist zum vollwertigen Produktionstool gewachsen, das Arbeitsabläufe von der Planung bis zur Post stark vereinfacht und beschleunigt. Mit einem kostenlosen Cloud-System und umfangreicher Kommunikation über die Metadaten verschiedener Systeme, besonders Kameras und Recorder, können Timecode-genau Takes und Audiospuren direkt mit allen notwendigen Informationen versehen, gesucht und zugeordnet werden. Die Script/Continuity hat ständig aktuellen Zugriff auf alles mit einer App. Ebenfalls zu sehen waren neue Audio-/Video-Rackrecorder, die eigentlich mit allem ausgestattet sind, was wünschenswert ist. Alle gängigen Videoformate in allen Auflösungen, bis zu 64 Kanäle Audio, MADI, DANTE, parallele Aufnahme auf SSDs, Stromversorgungsredundanz und vieles mehr machen den PIX-270i zum absolut produktionssicheren Werkzeug. Geradezu belagert war das “Wacken-Rig” von Tectum. Zum Einsatz gekommen sind mehrere der speziellen 3D-Schulterkamerabestecke beim Dreh zu Wacken – The Movie.
Wer wollte nicht schon mal in eine Traumwelt eintauchen und dort Monster durch anbrüllen in die Flucht schlagen? Das Projekt eines Studententeams des SAE-Instituts in Köln ermöglichte genau das – und so sah man viele Besucher mit Oculus Rift VR Headsets, die bei dieser Tätigkeit zwar etwas merkwürdig wirkten, aber sichtlich ihren Spaß hatten. “Erstellerseitig” war beispielsweise 3Dconnexion mit seinen innovativen 3D-Mäusen vor Ort.
Um sich auf dem Campus zurechtzufinden, hat die eigens erstellte App sehr gute Dienste geleistet, die darüber hinaus auch ein kleines soziales Netzwerk ermöglicht hat – in Echtzeit konnte man demnach Eindrücke erfahren und Fotos bestaunen. In der realen Welt konnte man auch bei vielen Herstellern und Vertrieben aus der Audio-Branche hands-on Produkte austesten und mit den durchweg äußerst kompetenten “Besatzungen” der Messestände und Studiosuiten in aller Ruhe Fachgespräche führen. Es gab einige Neuheiten zu entdecken: An einem eher unscheinbaren, mit nur einem iMac und ein paar Kopfhörern ausgestatteten Messestand, zeigten Sonible aus Graz die Beta-Version ihres Plug-Ins frei:raum, eines kombinierten Smart-EQs und frequenzselektiven Dereverberators, welcher darüber hinaus noch harmonische und unharmonische Komponenten steuerbar macht – und verdammt gut funktioniert! DAW-Anbieter Avid war mit direkt drei Ständen vor Ort, zeigt die S6-Konsole und das neue S3LX-System für Live- und Studioanwendungen – natürlich im Betrieb und bedienbar. Sennheiser war unter anderem mit seinem neuesten Mikrofon MK 8 vor Ort, bei Schoeps gab es etwas zu gewinnen: Wer sich mit dem V4 U fotografieren ließ, konnte bei der Verlosung auf der abendlichen Party das Mikrofon mit etwas Glück mit nach Hause nehmen. Roland zeigte mehrere Produkte, an denen fleißig gedreht werden durfte. Neu im Programm ist der HS-5 Session Mixer, welcher mit zahlreichen Features, etwa Effekten, eingebautem Audio-Inteface, USB-Recorder, schlauem Routing und Total Recall sehr viele Aufgaben übernehmen kann.
In einem separaten Zelt neben den zahlreichen leckeren Gastronomieständen auf dem Hof des Instituts gab es eine Kooperation zwischen dem SAE Institute Köln und dem Fraunhofer Institut IDMT zu bestaunen: Anhand dreier in den SAE-Studios entstandenen Musikproduktionen konnte das objektbasierte 3D-Soundsystem SpatialSound Wave zeigen, was es kann. Und es kann einiges: Alle Klangquellen lassen sich frei im Raum positionieren, das System ist frei skalierbar und rendert für das bestehende Setup in Echtzeit. SAE-Mitarbeiter Florian Richter, der die Kooperation betreut, nannte es “für beide Seiten sehr hilfreich”, dass das SAE Institute aus der Praxis Feedback geben konnte und ein “weites Feld für mögliche Fach- oder BA-Arbeiten”.
Wer glaubte, es hätte nur “technische” Messestände gegeben, der lag falsch: So waren beispielsweise Apple und die Softwareschmiede Goodgames mit Recruiting-Ständen auf dem Campus, Goodgames ließen verlauten, momentan nach gut ausgebildeten Mitarbeitern zu suchen – und fühlten sich auf der Convention gut aufgehoben. Sogar eine Rechtsanwaltsgesellschaft fand sich unter den Ausstellern. So manches vermeintliche Problem bezüglich Markenrecht, Copyright und dergleichen konnte dabei schon direkt am Stand erörtert werden.
“Adagio” war der Name der Partylocation am Marlene-Dietrich-Platz. Im großen Club in gediegener, aber dennoch lockerer Atmosphäre unter Gewölbebogen und Riesen-Diskokugeln wurde nicht nur gefeiert, gegessen, getrunken und getanzt, es gab auch die Gewinnerprojekte des Alumni-Awards zu bestaunen. Thijs Willemsen von der SAE Amsterdam durfte für sein Videospiel “Float” die Trophäe mit nach Hause nehmen, Angelo Felchle vom Stuttgarter Institut für seine Web-Produktion “One Day Star“. Eine Idee haben, konzipieren, drehen Audio aufnehmen, mischen, schneiden, Grafiken erstellen – das alles zusammen machen Cross-Media Produzenten – wie die Berlinerin Mim Phillipson, die für “3 by Three Berlin” den Alumni Award siegreich in die Höhe recken durfte. Chris Kerstan, SAE Köln, durfte für seinen Film “Steampunk Coke” einsacken, Nicolas Robin hat in Brüssel die Band Toxic Mixture produziert und für den Track „Run“ den Audio-Award erhalten.
Mehr zu den SAE Alumni Awards gibt es hier zu lesen: http://magazine.sae.edu/2014/10/26/sae-alumni-awards-2014-die-gewinner/