Im ersten Teil der Reportage habt ihr das Team von Galaxy Instruments kennengelernt. SAE-Absolvent und Mitentwickler, Stephan Lembke, hat uns die Kriterien zur Auswahl eines geeigneten Instrumentes näher gebracht. Jetzt blicken wir auf die Pianos und Studios, die bei der Produktion der Definitive Piano Collection für Native Instruments letztendlich zum Einsatz kamen und legen das Augenmerk auf die Vorbereitung der Aufnahmen.
von Marc Bohn
Teil 2 von 3: Die Entscheidung für Grandeur, Gentleman und Maverick
Der Grandeur stand bereits in der Fattoria Musica, einem professionellen Tonstudio in Osnabrück. Dort wurden auch die Demoaufnahmen durchgeführt und es war schnell klar, dass der Flügel auch genau dort bleiben kann. Schon während den Demos konnte das Team einen sehr genauen Eindruck vom späteren Klang bekommen. Der Gentleman stand privat in der Nähe von Bonn und wurde von einem Klaviertransport in ein Tonstudio nach Hennef gebracht. Auf der Suche nach einem weiteren Flügeln ist das Team von Galaxy Instruments durch Zufall auf den Maverick gestoßen. Er stand neben einem der Steinway D Flügel, die zum Test aufgenommen wurden und beim „einfach mal in die in die Tasten hauen“, hatten sie das Gefühl: „Das ist etwas besonderes, das klingt irgendwie anders als das was wir bisher hatten und man bisher kennt.“ Stephan ist von dem Instrument absolut begeistert: „Man spielt nicht nur eine Taste an, sondern man will wirklich direkt Musik machen.“ Das war schon der Grund warum sie dieses Instrument nicht mehr aus dem Kopf bekommen haben. „Der ist uns einfach zugelaufen, und wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ In dem Fall spielte auch keine Rolle ob er nur noch aus Originalteilen besteht oder ob alles bereits überarbeitet wurde.
Auswahl der Studios
Bei der Studiosuche steht der Raumklang an erster Stelle, dicht gefolgt von Nebengeräuschen. Wenn man einen schön klingenden Konzertsaal hat, der aber an einer Bundesstraße liegt, ist das bereits ein Ausschlusskriterium. Dort wäre es undenkbar ein Sample-Instrument in dem Umfang aufzunehmen, da eine längere Zeit an absoluter Stille nicht realisiert werden kann.
Nebengeräusche können natürlich auch innerhalb eines Studios auftauchen aber auf Einstreuungen von außen hat man oft keinen Einfluss.
„Während der Aufnahmen in der Fattoria Musica musste ich eine Krähe verscheuchen, die man während der Aufnahme vom Dach her hörte.“
So Stephan über den Abwechslungsreichtum seiner Arbeit.
Weiteres Kriterium: „Lässt sich der Transport des Instruments einfach gestalten?“. Es ist ein riesen Vorteil, wenn der Flügel schon in einem Studio steht oder das Studio einen ebenerdigen Ein- und Ausgang besitzt. So lassen sich die Instrumente ohne großen logistischen Aufwand transportieren und es müssen keine Beine abgeschraubt werden und die Pianos durch enge Kellerluken gepresst werden.
Natürlich ist auch das Equipment des Studios wichtig. Das Team von GI arbeitet mit einem Pro Tools System und darum ist es von Vorteil, wenn das Studio mit der gleichen Software arbeitet und man sich einfach “andocken” kann. Wird eine andere Software genutzt oder ist die technische Ausstattung nicht ausreichend, müsste eigentlich das eigene Studio mitgebracht werden – dafür ist der logistische Aufwand einfach zu groß.
Aufnahme-Setup
Ein Instrument wird beim Sampling so genauso mikrofoniert, wie man das auch bei einer Musikproduktion tut. Es werden viele Tests gemacht mit verschiedenen Mikrofonen an unterschiedlichen Positionen am Instrument direkt und im Raum. Das Team von GI hat bereits ein Standard-Setup entwickelt nach dem sie vorgehen, das jedoch von Session zu Session erweitert wird. Egal ob 24, 32 oder 48 Kanäle zu Verfügung stehen, es werden immer alle genutzt um möglichst flexibel zu bleiben.
Übrigens wird die Aufnahme ohne Kompressoren und EQ´s durchgeführt, um den natürlichen Charakter der Instrumente einzufangen. Auf Grund ihrer langjährigen Erfahrung wissen sie bereits vor der Aufnahme welche Kombinationen aus Mikrofonen und Vorverstärkern zusammen gut klingen. Aber dennoch wird auch hier immer wieder rumprobiert um den Sound zu verfeinern
Soundcheck
Wenn alle Mikrofone aufgebaut sind ist es Zeit für den Soundcheck. Hier geht es um den Klang an sich, die exakte Positionierung der Mikrofone, das Stereobild und die Räumlichkeit. Der essenzielle Part ist allerdings das Einpegeln auf die enormen Dynamikunterschiede. Natürlich darf bei lauten Tönen die Clipping-Grenze nicht erreicht werden, und die leisen dürfen auch nicht im Rauschen verschwinden. Dieser Prozess nimmt wegen der hohen Anzahl an Mikrofonen sehr viel Zeit und Geduld in Anspruch. Auf die Frage nach der Dauer des Soundchecks und der Entscheidungsfindung antwortet Stephan: „Man kann davon ausgehen, dass es mindestens einen Tag dauert um alles aufzubauen und soweit für den ersten Aufnahmetag fertig zu haben. Am nächsten Morgen hören wir dann nochmal rein und fällen unsere Entscheidung über das Setup. Während der Aufnahme wird dieses nichtmehr verändert sondern läuft komplett über 5-6 Tage am Stück und 24 Stunden am Tag durch.“ Es wird also Tag und Nacht aufgenommen. Das ist auch der Grund, warum die drei Pianos in getrennten Sessions aufgenommen wurden. Man braucht eine gewisse Zeit, bis man nach einer solchen anstrengen Produktion wieder vergessen hat, wie hoch der Aufwand ist und man mental wieder für die nächste Runde bereit ist.
Vorbereitung der Instrumente
Die richtige Stimmung der Pianos ist während der Aufnahme besonders relevant. Die Pianos werden auf die Aufnahmen vorbereitet und von einem der Hausstimmer von Galaxy Instruments oder einem Stimmer, der das Instrument am besten kennt, durchgestimmt. Nach dem Soundcheck, bei dem das Instrument besonders durch lautes Anschlagen aus der Stimmung gebracht wird, aber auch während der Aufnahme wird das Piano immer wieder nachgestimmt.
Beim Sampling darf kein Detail ungeachtet bleiben. Alle Settings werden auch mehrmals überprüft, um einfach sicher zu sein, dass alles passt. Das geht eben auch mal an die psychische Substanz. Wenn alle Vorbereitung getroffen sind, kann der Aufnahme-Marathon zur Definitive Piano Collection starten. Mehr dazu im nächsten Teil.
Gleich weiterlesen:
Teil 3: Die Aufnahme – Über Monotonie und Meditation zu einem perfekten Klangerlebnis
_____________________________________
Über den Autor:
Marc Bohn ist Systeminformatiker und Absolvent der SAE in Köln – Bachelor of Arts (Hons.) Audio Production. Er arbeitet derzeit als Produzent und Audio Engineer für verschiedene Tonstudios und Labels in Köln. Zudem ist er als freier Mitarbeiter für die SALZBRENNER STAGETEC MEDIAGROUP tätig und schreibt als Press Release Assistant dort Reportagen, Fachmagazinartikel und Pressemeldungen.
Bilder: Lembke und Hermes
1 Comment
Pingback: Making of Definitive Piano Collection - Teil 1 | SAE Alumni Association Europe