“Audio Deconstructed” – Tips & Tricks für Remixer

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Jeder der schon einmal versucht hat einen Song zu remixen bzw. eine clubtaugliche Version eines Chartbreakers zu basteln, kennt das Problem: In den wenigsten Fällen ist es möglich die Multitracksession der Originalversion in die Finger zu bekommen, außer es handelt sich um eine  Auftragsarbeit. Meistens aber bildet der Originalsong in Form eines Stereofiles den Ausgangspunkt  der Arbeit.  Was kann man also anstellen, um möglichst viel flexibles Material aus der Originalaufnahme herauszulösen?

Text und Grafiken: Maximilian Schnutt

Abgesehen von der relativ einfachen Isolierung von Samples (z.B. Drumsamples) auf der Schnittebene liefert die M/S Stereophonie sehr brauchbare Ansätze auf der Suche nach wiederverwertbarem Material.

Sowie man beim M/S Aufnahmeverfahren das Mitten- und Seitensignal auf getrennten Kanälen festhält, um sich erst beim Mixdown für das richtige Pegelverhältnis entscheiden zu müssen, so ist es auch möglich ein Stereosignal in umgekehrter Weise durch Matrizierung in seine Bestandteile (Mitten- und Seitensignal) aufzuteilen.

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Aus einem Stereoaudiofile lassen sich eine ganze Reihe von Signalen bilden: L, L-, R, R-, M, M-, S+

Zuerst wird das Stereofile des Originaltracks in einen Audiosequenzer importiert und dabei in zwei Monospuren (L & R) aufgesplittet. Wenn man diese beiden Signale summiert (Panregler in die Mitte und beide Fader auf Unity stellen!), erhält man durch Auslöschungseffekte gegenphasiger Signalanteile der linken und rechten Seite eine neue Monomitte (M). Diese enthält vorwiegend alle mittig gemischten Spuren wie z. B. Leadgesang, Snaredrum, Bassdrum oder Bass. Umso weniger sich diese Songelemente frequenztechnisch überlagern, umso eher ist es nun möglich mit Hilfe von steilflankigen Filtern brauchbares Material herauszulösen. Mittels Highcut Filter kann man beispielsweise  versuchen die Bassgitarre zu isolieren. Liegt die Bassdrum im Frequenzspektrum deutlich höher, erhält man nach der Filterung ein sehr sauberes Basssignal. Sollte dieses durch die starke Frequenztrennung zu viel an Höhen eingebüßt haben und etwas undefiniert klingen, kann man mit Hilfe eines attackreichen Synthesizerbasssounds und komplementärer Filterung für Abhilfe sorgen und auf diese Weise das Signal gewissermaßen renovieren. Kommen sich Snaredrum und Gesang frequenztechnisch nicht all zu sehr in die Quere, erhält man durch gezielte Filterung oftmals auch sehr brauchbare Vokalelemente.

Das Seitensignal (S+) ergibt sich durch die Summierung des linken mit dem phasengedrehten rechten Signal (Pans in die Mitte, Fader auf Unity). Wurden beim Mixdown einzelne Spuren nach links bzw. rechts gemischt, so finden sich diese Signale nun im Seitensignal (mono) in isolierter Form wieder und können mit etwas Glück durch gezielte Filterung getrennt werden. Wurde das gesamte Schlagzeug im Originalsong ausschließlich mittig gemischt, ist es im Seitensignal nicht mehr vorhanden. Gleiches gilt für Gesang und Bass.

Eine weitere Möglichkeit zur Isolierung nach links und rechts gemischter Signale erhält man durch gezielte Summierungen mit der in der Phase gedrehten Monomitte (M-). Die Gleichungen dazu sehen folgendermaßen aus:

Nach rechts gemischtes Signal ≈  R (rechter Teil des Stereofiles) minus Monomitte (L+R)                 [Pans in die Mitte]

Nach links gemischtes Signal ≈ L (linker Teil des Stereofiles) minus Monomitte (L+R)                      [Pans in die Mitte]

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Durch unterschiedliche Summierungen werden Löschungseffekte genutzt, um Remixmaterial zu gewinnen.

Durch das Hinzumischen der phasengedrehten Monomitte zum rechten oder linken Teil des Stereosplitfiles ist es möglich jene Signalanteile zu unterdrücken, die sich für die Bildung der Phantommitte verantwortlich zeichnen. Ist die Bassdrum z. B. Bestandteil der Phantommitte so finden sich natürlich auf beiden Seiten des Stereopanoramas Signalanteile, die durch diese Art der Summierung unterdrückt werden können. Um gute Ergebnisse zu erzielen, empfiehlt es sich jeweils mit dem Faderverhältnis der zwei Signale zueinander zu experimentieren. Bei dieser Art der Signaltrennung ist es mit bestimmten Faderstellungen möglich linken vor rechts gemischten Signalen (und vice versa) bezüglich ihrer Lautstärke den Vorzug zu geben, wenn man dabei eine weniger gute Unterdrückung mittig gemischter Elemente in Kauf nehmen kann.

Um Signale lautstärketechnisch hervorzuholen, die im Originalmix halb links/halb rechts gemischt worden sind, können folgende Summen gebildet werden:

L (linker Teil des Stereofiles: Pan in die Mitte; Fader auf Unity) leichtes Hinzumischen von R- (phasengedrehter rechter Teil des Stereofiles)

R (rechter Teil des Stereofiles: Pan in die Mitte; Fader auf Unity) leichtes Hinzumischen von L- (phasengedrehter linker Teil des Stereofiles)

Bei halb links/rechts gemischten Signalen enthalten jeweils beide Seiten des Stereopanoramas Signalanteile der selben Quelle, wenn auch mit unterschiedlich starkem Anteil. Durch die beschriebenen Summierungen werden gegenphasige Anteile durch den Phasendreher künstlich erzeugt und gezielt für Auslöschungeseffekte genützt. Wieder muss mit der Stellung der Fader experimentiert werden, um die besten Ergebnisse zu bekommen.

In allen angeführten Bespielen kann nie mit gänzlich sauberer Signaltrennung gerechnet werden. Vielmehr geht es um die Betonung einzelner Signale in ihrer Lautstärke, was im Kontext einer Remixarbeit aber sehr viel ausmachen kann. Produktionen, die vorwiegend mit intensitätsstereophonen Techniken entstanden sind eigenen sich besser zur Extraktion als solche bei denen Laufzeitunterschiede für Stereoeffekte verantwortlich sind.

Viel Spaß beim Experimentieren!

 

Maximilian.Schnutt@orf.at
Maximilian.Schnutt@lewitt-audio.com

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