Modulares Leveldesign ist im Zusammenhang mit der professionellen Videospieleproduktion wohl einer der am häufigsten erwähnten Begriffe. SAE-Bachelor-Student Hendryk Jaroslawsky gibt einen Einblick in den Umgang mit modularer Geometrie und erläutert die Grundvoraussetzungen für flexibel generierte komplexe 3D Umgebungen. Ein Prozess von dem jeder Einsteiger in die professionelle Spieleindustrie mit beginnendem Karrierestart profitiert und der selbst für eingefleischte Profis eine komplexe Herausforderung darstellen kann.
Text und Abbildungen: Hendryk Jaroslawsky
Der Begriff des modularen Leveldesigns ist untrennbar mit der professionellen Produktion von interaktiven 3D Inhalten verbunden und fest an der Produktionsbasis verankert. Wirft man einen Blick in die Vergangenheit der Spieleindustrie, finden sich zahlreiche exzellente Beispiele für den modularen Aufbau von fiktiven Welten. An dieser Stelle sollen Super Nintendos „Mario“ und „The Legend of Zelda“ besonders hervorgehoben sein. Diente die Wiederverwendung und variierende Anordnung der übersichtlichen Zahl an generierten Level-Elementen zu dieser Zeit dem Erstellen von möglichst langen spielbaren Passagen, hat sich heute, zumindest am Prinzip, nicht grund-legend etwas verändert.
Mit der fortschreitenden Entwicklung von Hard- und Software wachsen spielbare Welten stetig und legen exponenziell an Detailfülle zu. Der Levelaufbau und das Generieren der notwendigen Geometrie sind schon lange nicht mehr in den Händen eines Verantwortlichen. In der Produktion gibt es für diese eine strukturierte Gliederung in unterschiedliche Abschnitte und Aufgaben. Immer größere und detailliertere Welten benötigen dementsprechend mehr Inhalte um sie zu füllen. Stets an die hohen Erwartungen des Konsumenten gekoppelt bedarf dieser Umstand einer qualitativen und zeitlich effizienten Lösung.
Der Idealfall ist mit einmal generierten hochqualitativen Inhalten zahlreiche unterschiedliche Ergebnisse zu erzeugen. Der hohen Effizienz geschuldet ist in diesem Zusammenhang die ausschließliche Produktion von Bereichen, die sich im direkten Blickfeld des Konsumenten befinden und die dann seinen Qualitätsansprüchen genügen müssen.
Die Wahl der Modulgrößen
Die Grundlagen eines effektiven modularen Leveldesigns gliedern sich in die Faktoren einer konsistenten Modulgröße, einer optimalen Verwendung des Rasters und in eine gute Konzeption. Die Modulgröße der zusammengefassten Geometrie ist abhängig von der Beschaffenheit und der Hintergrundgeschichte der zu gestaltenden Szene. Erfährt der Konsument die zu generierende Stadt aus der Vogelperspektive, ist es vorstellbar einzelne Stadtbezirke als Modul zu betrachteten. Diese Module bestehen dann aus einer vorab festgelegten Anzahl unterschiedlicher Gebäudegeometrie. Ist das Ziel hingegen die Umgebung aus einer Ego- oder Third-Person-Perspektive zu erleben, erscheint es logischer die Etagen eines Gebäudes zu separieren und diese als einzelne Module zu verstehen.
Modularität bedeutet in dem gewählten Umstand, dass die Etage eines Gebäudes, in Kombination mit der Etage eines weiteren Gebäudes, ein drittes variiertes Gebäude bildet. Dieser Prozess lässt sich auf alle Umgebungen mit ähnlich zyklischen Elementen übertragen. Die Wahl der Modulgröße bestimmt also maßgeblich den Detailgrad der Szene.
Das Arbeiten mit dem Raster
Im direkten Zusammenhang mit der Auswahl der Modulgrößen steht auch die Verwendung des Rasters. Nahezu alle modernen Game-Engines und jede hochwertige 3D-Software bringen ein integriertes Raster mit sich. Für ein modulares Leveldesign ist die kontinuierliche Verwendung und exakte Einhaltung des Rasters unabdingbar. Zu Beginn des gestalterischen Prozesses gilt es zuerst zu klären welche Software welche Rastereinheiten zu Grunde legt und diese zu vereinheitlichen. Eine Evaluierungsmöglichkeit, um konsistente Größenverhältnisse zu garantieren, ist der Einsatz von Testgeometrie. Ein Würfel mit einer Kantenlänge von einem Meter der in alle im Workflow integrierten Applikationen importiert wird, garantiert dass auch komplexe Geometrie immer in der korrekten Skalierung dargestellt wird. Sind die technischen Voraussetzungen vereinheitlicht, ist es im weiteren Vorgehen wichtig, stetig dem Raster zu folgen und ausschließlich mit geraden Rastereinheiten zu arbeiten. Gibt eine Software vor dass eine Gebäudehöhe 256 Einheiten beträgt, ist das Ziel additionale Details mit 128, 64 oder 8 Rastereinheiten zu produzieren. Durch diese Vorgehensweise ist im gestalterischen Prozess ebenfalls die Verwendung von realen Maßen möglich. Reale Messdaten lassen sich auf das eigene Raster umrechnen und bilden automatisch glaubwürdige Dimensionen innerhalb der gewählten Game-Engine. So erspart ein gutes und durchdachtes Raster das Abschätzen von Größenverhältnissen und ein wiederholtes Austesten der Geometrie. Gut dokumentierte, im Team geteilte Dummy-Szenen garantieren eine immense Zeitersparnis und beugen Komplikationen bei dem Verschmelzen von separat generierten Arealen vor.
Die Konzeptionsphase
Voraussetzung für eine konkrete Anwendung, der vorherigen grundlegenden Faktoren des modularen Leveldesigns, ist ein durchdachtes Konzept. Das zu gestaltende Gebiet ist, unabhängig von seinem Hintergrund in einzelne Elemente zu gliedern. Speziell innerhalb des Konzeptes ist nicht die Größe der notwendigen Module entscheidend, sondern eine Identifikation der Geometrie die als Basis für den Levelaufbau verwendet wird. Gemeint ist die Unterscheidung in die Anzahl der Gebäudearten die notwendig sind um dem Konsumenten eine glaubhafte Erfahrung zu liefern. Die weiterführende Frage ist folglich, aus exakt wie vielen Modulen ein Gebäude bestehen muss um dieses glaubwürdig und effizient zu variieren.
Ist die Umgebung sinnvoll gegliedert und die Modulgröße der beinhalteten Bereiche geklärt, müssen ebenfalls alle eventuell auftretenden Sonderfälle Beachtung finden. Hier gilt es zu erörtern ob zum Beispiel für die unterschiedlichen Gebäude zusätzliche unterschiedliche Stufen des Verfalls notwendig sind, oder wie ein Fluss innerhalb eines Areals enden soll. In beiden Fällen wäre zusätzliche einzigartige Geometrie in Form eines Wasserfalls oder unterschiedlicher Mauersegmente vonnöten.
Aktuelle Produkte der Industrie generieren, je nach Genre, unterschiedliche Erwartungen seitens der Konsumenten. In der Konzeption ist es essenziell festzuhalten in welchem Maße zum Beispiel Backtracking oder das Verwenden von unsichtbaren Levelbarrieren vorgesehen ist. Solche unästhetische und unter Vorbehalt verwendete Elemente können aufgrund von Budget und Zeitdruck unabdingbar sein. Sie sind innerhalb der Konzeption ebenfalls zu bedenken, zu diskutieren und zu planen.
Absolute Flexibilität
Das penible Arbeiten mit dem Raster und eine klare verbindliche Konzeption können den modularen Prozess als sehr statisch und unflexibel erscheinen lassen. In der praktischen Anwendung entsteht so allerdings ein dynamisches und höchst flexibles System. Es ist wichtig im gestalterischen Prozess die Elemente zu identifizieren die ausschlaggebend für die Formsprache der Umgebung sind. Ausgehend von diesen „Mutterelementen“ sind dann weitergehende Duplikate zu erstellen, welche in variierender Form weiter auszuarbeiten sind. Es gilt immer: Nicht zu früh zu kleinteilig zu arbeiten. So ist es sinnvoller ein Gebäude grob in seine Etagen einzuteilen und mit den entstandenen Modulen unterschiedliche Variationen auszutesten, als für eine einzelne Etage zuerst die Fenster und weitergehende Unterteilungen zu erstellen.
Entsprechen die Varianten der gewünschten Formsprache und lassen sich diese unkompliziert zusammenstellen, können mit kleineren Rastereinheiten ebenfalls kleinere Detailstufen ausgearbeitet werden. Das Metaziel eines modularen Level-design ist seine absolute Flexibilität. Lassen sich Objekte und Module schon im Modellierungsprozess auf allen Achsen spiegeln, drehen, auf- und nebeneinander snappen, dann folgt der Aufbau innerhalb der Game-Engine einem klassischen LEGOPrinzip.
Das „Musterproblem“
Je nach der gewählten Detailstufe einzelner Module bilden diese in der finalen Verwendung ein wahrnehmbares Muster. Wird besonders prägnante Geometrie nur gespiegelt und stetig aneinander gereiht, ist das entstehende Muster auch für den Konsumenten identifizierbar. Nachdem alle wichtigen Elemente einer Umgebung definiert sind, ist es notwendig prägnante Muster zu verdecken. Sich wiederholende Elemente können schon allein mit dem variierenden Einsatz von Licht und Schatten andere Wirkungen erzielen. Hilfreich sind hier Objekte die Übergänge verdecken oder variieren können. Zum Beispiel Vegetation die an einem Gebäude empor wächst oder unterschiedliche Arten von verfallenem Mauerwerk, welches an immer unterschiedlichen Positionen der Gebäudefassade eingesetzt wird. Reicht das Ausschmücken der Module mit weiteren Elementen nicht aus, ist es aufgrund des Rasters auch nachträglich möglich, Module unkompliziert auszutauschen. Gerade zu Beginn eines Level-Aufbaus entsteht schnell der Eindruck wahrnehmbare Muster zu generieren. Anstatt direkt weitere Geometrie zu modellieren und Module auszutauschen, sollten alle weiteren formgebenden Elemente und eine grundlegende Lichtstimmung implementiert sein. Der daraus abzuleitende Eindruck der Szene kann so auschlaggebende Differenzen aufweisen.
Asymmetrische Elemente
Ist das Areal mit allen zyklischen Elementen ausstaffiert und eine aussagekräftige Formsprache der Szene erkennbar, ist es sinnvoll den modularen Prozess zu unterbrechen. Neben der Verwendung von zyklischen Modulen kann ein gutes Design auch von Asymmetrie und besonders prägnanten einzigartigen Objekten leben. Diese zu planen ist Teil der Konzeptionsphase. Diese speziellen Komponenten gilt es mit dem verbleibenden Zeitbudget ebenfalls zu integrieren. Auch wenn sie keine wiederkehrenden Elemente verkörpern ist es essentiell wichtig diese anhand des Rasters zu modellieren. Passen auch diese Elemente auf das Raster, sind sie leicht vom stetig angestrebten LEGO-Prinzip in einer Game-Engine zu adaptieren.
Ein praktisches Beispiel
Die begleitenden Abbildungen sind ein praktisches Beispiel für die Anwendung des modularen Leveldesigns. In diesen Aufbauten besteht ein Modul, also ein Gangsegment, aus den untergeordneten Modulen: Boden, Decke und Wand. Diese sind dann nach gewünschtem Detailgrad wieder in Sektionen aufgeteilt. So ist es zum Beispiel möglich innerhalb des Bodenmoduls zwei Gitterroste gegen ein vier geteiltes Plattenmodul zu tauschen. Diesem Beispiel zu Grunde liegt ein 1024×1024 Raster welches in 256 Sektionen á 64 Einheiten geteilt ist.
Modulares Leveldesign ist nicht immer in jedem Projekt realisierbar, aber es bietet diverse tech-nische Vorgaben und Ansätze die, für sich genommen, in jedem Projekt hilfreich sein können. Generell zu empfehlen ist eine konsistente Verwendung der zur Verfügung stehenden Rasterarten. Eine gute Konzeption der eigenen Level-Aufbauten gibt einen Überblick über das notwendige Gesamtvolumen der Umgebung und hilft stetig dabei nicht das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Bei dem unentwegt steigenden Anspruch der Konsumenten an fiktiven Welten ist die Ressourcenplanung ausschlaggebend um das Maximum des eigenen Workflows auszuschöpfen. So besteht die Chance, dass das eigene Design in einer einzigartigen Erfahrung gipfelt.