15 gebrochene Drumsticks, 2000 gefahrene Kilometer, 200 Stunden Arbeit, lädierte Finger und das eine oder andere Feierabendbier … so die Bilanz der Band „Vorstadthelden“ nach ihrer EP-Produktion. Die Zahlen lassen erahnen, dass hinter einer CD Produktion mehr steckt als nur die Aufnahme. Organisationstalent ist hier genau so gefragt wie das Wissen um die technische Umsetzung.
Text & Photos: Florian Schwärzler
Bevor man seine sieben Sachen packt und sich ins Studio stürzt ist es wichtig, sich einen Masterplan zurecht zu legen. Hierbei spielt die Vorproduktion eine große Rolle. Das heißt Klampfe aus der Hand und ab an den runden Tisch. Zu Beginn muss erst mal geklärt werden, wie viele Songs es auf die Platte schaffen sollen. Danach werden alle notwendigen Daten gesammelt: Welches Studio kommt in Frage? Welche Songs wollen wir Recorden und was für Equipment steht uns zur Verfügung? Solange diese Fragen nicht geklärt sind, ist es unmöglich ins Studio zu gehen. Das Resultat wäre chaotisch.
Die ausgewählten Songs wurden als Demos vorweg schon mal im Proberaum aufgenommen. Der Sound erinnerte dabei an eine Mischung aus 60er-Jahre-Garagen-Band und neuartigen, programmierten Rock-Drums. Die Drums wurden mit MIDI programmiert und die Gitarren über Klinke ins USB Audio Interface eingespielt. Der gewünschte Gitarren-Sound wurde dann über „Guitar Rig“ emuliert. Das Ziel dieses Demo-Recordings war es nicht, einen perfekten Sound zu erreichen, sondern an den Songs zu schrauben. Diese Methode erleichterte den Jungs die Arbeit an den Stücken und ermöglichte ihnen, Feinheiten zu korrigieren. Im Zuge dieser Ausarbeitung entwickeln sich auch das Arrangement sowie die Tempi der Songs. Ein positiver Nebeneffekt dieser Herangehensweise ist es, dass der benötigte Guidetrack für die Studiosession bereits erstellt wird. Dieser ist notwendig, um dem Musiker eine Orientierung im Song zu geben und aus ihm eine gute Performance heraus zu kitzeln. Die gesamte Vorproduktion fand in einem Zeitraum von zwei Monaten statt, ohne das Songwriting mit einzuberechnen.
Dass jeder nach dieser Zeit nun endlich in das ersehnte Tonstudio möchte ist klar. Doch zuvor müssen noch wichtige Dinge geplant werden. Wie viel Zeit muss ein-geplant werden? Reicht das Equipment der Band aus? Welche Mikrofone stellt das Studio zur Verfügung und wie möchte man sie einsetzen? Was für den Musiker meist uninteressant ist, ist für den Techniker von großer Bedeutung. Da bei dieser Produktion der Drummer der Band gleichzeitig auch Techniker und Produzent war, machte diesen Punkt umso wichtiger.
Um das Studio vernünftig zu buchen muss ein Zeitplan erstellt werden. Hierbei wird kalkuliert wie viel Zeit für die jeweiligen Instrumenten-Recordings benötigt wird. Im Wesentlichen kommt es auf zwei grundlegende Faktoren an: Wie gut ist der Musiker und wie gut ist meine Vorproduktion? Nachdem diese Punkte geklärt sind kann eine realistische Zeitplanung entstehen.
Letzter Punkt bevor es dann endlich ins Studio gehen kann ist der Check des eigenen Equipments: Sind alle Instrumente in Ordnung? Funktionieren alle Geräte? Sind auf den Gitarren neue Saiten aufgezogen und besitzt das Schlagzeug brauchbare Felle? Das alles sind Kleinigkeiten die zu einem guten Ergebnis beitragen. Sind diese Punkte endlich abgehakt kann das Recording beginnen.
Bei unserer Produktion begannen wir klassisch mit dem Drumset. Nach dem Aufbau wurde das Drumset gestimmt und mikrofoniert. Alle Kessel wurden mit Mikrofonen ausgestattet und als Hauptmikrofonie kam die A/B Stereotechnik zum Einsatz. Für den Raumklang stand ein Mikrofon als Mono-Raum etwa 2,5m vom Drumset entfernt. Das Drumrecording zählt ohne Zweifel zu den anspruchsvolleren Recordings. Es sind sehr viele Mikrofone auf engstem Raum positioniert so dass ein Übersprechen der anderen Instrumente kaum vermeidbar ist. Da jedes Mikrofon eine bestimmte Richtcharakteristik besitzt, kann mit einer cleveren Positionierung das Übersprechen verringert werden. Wichtig ist es die Stimmung der Kessel nach jedem Song zu kontrollieren um eine Verschlechterung des Sounds zu vermeiden, da beim Bespielen die Fellspannung nachlassen kann. Sind die Drums im Kasten wollen diese editiert werden. Hier wurden mit dem Helferchen „Beat Detective“ die Transienten selektiert, geschnitten und auf das Raster gezogen, um die Drums zu quantisieren.
Als Nächstes stand das Bass-Recording an. Verwendet wurde ein Bass Comboverstärker, abgenommen mit zwei Mikrofonen. Wichtig ist, dass Bass und Drumset miteinander harmonieren, denn diese beiden Instrumente bilden die Basis des gesamten Songs. Bei den darauf folgenden Gitarrenaufnahmen kamen wiederum jeweils zwei Mikrofone zum Einsatz. Die beiden Signale wurden beim Recording nicht zusammengemischt, da wir uns das Verhältnis der Mikrofone zueinander für den Mixdown aufheben wollten. Alle Gitarren wurden entweder verzerrt oder „clean“ aufgenommen. Die gewünschten Effekte waren für den Musiker beim Recording zwar zu hören, wurden aber nicht mit aufgezeichnet. Effekte die mit aufgezeichnet werden, können im Mixdown nicht mehr verändert, oder gar entfernt werden. Wir wollten erst im Gesamtmix entscheiden, wie viel von welchen Effekten zum Einsatz kommt. Auch bei den Gitarren immer aufs Tuning achten! Aus diesem Grund ist es notwendig, alle paar Takes ggf. nachzustimmen.
Um das Recording zu vervollständigen wurden als letztes die Vocals aufgenommen. Die Auswahl des Mikrofons spielt hierbei nochmals ein große Rolle, denn es gibt kein Mikrofon mit dem jede Stimme gut klingt. Das liegt daran, dass jede Stimme einen eigenen Klangcharakter besitzt. Es empfiehlt sich immer mit mehreren Mikro-fonen Testaufnahmen zu machen um so im A/B Vergleich das Mikrofon herauszufiltern das am besten zu der je-weiligen Stimme passt. Für ein paar Song-Parts wurden noch elektronische Elemente benötigt. Diese entstanden alle mit Software Instrumenten wie verschiedenen Synthesizern und speziellen Drumsounds. Abgerundet wurde das Ganze mit Klavierklängen und Streichern. Diese Sounds dienten dazu, andere Instrumente zu unterstützen aber auch dazu, eine besondere Stimmung zu erzeugen.
Die Nachbearbeitung zwischen Recording und Mixdown ist ein sehr wichtiger Arbeitsschritt: Hier wird nochmal alles zurechtgerückt und für die Mixdown-Session vorbereitet. Die Hauptaufgabe liegt darin, dafür zu sorgen, dass alle Spuren miteinander harmonieren – das heißt harmonisch wie auch rhythmisch zusammenpassen.
Kleinere Fehler können hier noch mit verschiedenen Tools korrigiert werden. Beim Bearbeiten der Drums wurden die Toms freigeschnitten, da diese nicht so häufig gespielt werden. Bevor der Mixdown begonnen wird, sollte die Session gesäubert werden. Alle Audio Files die nicht im Mix verwendet werden sollten extrahiert, oder gelöscht werden, um die Session übersichtlich zu halten.
Sind die bisherigen Schritte alle getan, kann nun mit dem lang ersehnten Mixdown begonnen werden. Sinnvoll wäre hierbei, sich einen Rough-Mix zu erstellen, damit die Lautstärkenverhältnisse schon grob stehen. Es gibt sehr viele verschiedene Herangehensweisen beim Mixdown. Hier wurden die Einzelsignale wenn nötig mit einem technischen EQing bearbeitet, um Störfre-quenzen zu beseitigen. Danach kamen in mehreren Kanälen Kompressoren zur Verringerung der Dynamik zum Einsatz. Es ist darauf zu achten, nicht zu viel zu komprimieren um das Signal nicht kaputt zu machen.
Um nun der Mischung eine bestimmte Klangfärbung zu geben ist der Kreativität keine Grenze gesetzt. Hier können wiederum mit verschiedenen Kompressoren bestimmte Sounds erzielt werden. Wir verwendeten verschiedene Halleinstellungen, um für bestimmte
Instrumente eine gewisse Räumlichkeit zu erzeugen. Aber auch hier lautet die Devise: „Weniger ist mehr!“. Schon dezente Effekte können einen großen Einfluss auf das Endergebnis haben. Für die fertige Mischung wurde ungefähr ein Tag pro Song benötigt.
Sehr wichtig ist es, mit ausgeruhten Ohren an diese Sache ranzugehen. Länger als sechs Stunden am Stück zu mischen ist nicht empfehlenswert, da beim Gehör recht schnell Ermüdung eintreten kann. Regelmäßige Pausen mit ein paar Minuten völliger Stille sind da recht hilfreich, um die Ohren wieder in Schwung zu bringen. Das Abhören auf verschiedenen Lautsprechern ist ein Muss bei dieser Arbeit. Wie gut es auf den Studioabhören klingt interessiert den Kunden recht wenig. Daher dienen die Anlage im Auto, ein Handy oder der CD Player der Oma als Referenz. Sind die Songs fertig gemischt gibt es beim Mastering noch den letzten Schliff. Diese Arbeit wurde an ein externes Studio abgegeben um zusätzlich die objektive Meinung und Ideen eines anderen Engineers mit einfließen zu lassen. Das Resultat dieser Produktion ist eine 4 Song EP die sich mit Sicherheit hören lassen kann.