Plugin-Hosts – Das Outboard der Zukunft

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Es scheint so, als würden Plugin-Hosts im Live-Bereich zunehmend das Outboard am FOH ersetzen. Sie bieten dem Tontechniker die Möglichkeit Software-Plugins über einen Laptop oder eine externe DSP-Einheit in die Konsole einzuschleifen. Aber auch Audio-Hersteller integrieren bereits solche Systeme in ihre digitalen Pulte.

von Marc Bohn

Doch werden Plugin-Hosts wirklich das 19“ Rack ersetzen? Bevor wir zu dieser Frage kommen, möchte ich euch zunächst zwei unterschiedliche Systeme dieser Art vorstellen:

Waves Multirack

Mit Waves Multirack können Waves Plug-Ins auch Live eingesetzt werden. Hier gibt es zwei Varianten: Die erste, die native Lösung, besteht aus einer Kombination aus Laptop und Multichannel Audio Interface, von dem aus die Signale mit dem Pult verbunden werden. Die Plug-Ins werden hier von der Prozessoreinheit des Laptops berechnet. Die zweite Variante ist Waves Multirack SoundGrid. In dieser Form werden die Plug-Ins auf einer externen DSP-Einheit berechnet, bei der Waves selbst eine sehr geringe Latenz verspricht. Bei der nativen Variante sind die Latenzen dagegen höher. Zusätzlich wird eine Waves I/O-Karte und mindestens ein SoundGrid Server benötigt. Ein weiterer wird als Backup empfohlen.

Screenshot Waves Multirack (http://www.waves.com/downloads/graphic-library)

Waves Multirack (http://www.waves.com/downloads/graphic-library)

Multirack SoundGrid ist allerdings herstellerabhängig und wird nur von den Pulten der Firmen DigiCo, Yamaha und Allen & Heath unterstützt. Die Bedienung läuft hier über den integrierten Monitor in den digitalen Konsolen. Multirack-Native wird dagegen von vielen digitalen und MADI-fähigen Konsolen unterstützt. Beide Systeme können mit bis zu 64 virtuellen Racks ausgestattet werden. Jeder Signalzug kann dabei aus bis zu 8 Plug-Ins bestehen. Mit diesen Systemen sind auch Mono und Stereo Inserts sowie Parallel Effects und Side Chaining möglich.

Universal Audio Apollo

UA Apollo Audio ist ein Interface im 19 Zoll Format, dass dem User acht analoge Eingänge sowie 14 analoge und 10 digitale Ausgänge zur Verfügung stellt und auch als Standalone-Preamp genutzt werden kann. Die integrierte UAD2-DSP-Karte bietet außerdem die Möglichkeit UAD-Plugins in Echtzeit, bzw. laut Hersteller mit einer Latenz von 2 ms, Live und auch im Studiobetrieb einzusetzen.

UAD Plugins (http://www.uaudio.com/press/resources/apollo)

UAD Plugins (http://www.uaudio.com/press/resources/apollo)

Es gibt zwei verschiedene Versionen von UA Apollo: Duo und Quad. Beide unterscheiden sich nur in der Leistung. In der Duo-Variante sind zwei, und in der Quad-Variante vier Sharc-DSPs integriert. Letztere ist also leistungsstärker und kann dadurch mehrere Plugins simultan berechnen. Die Anzahl von Ein- und Ausgängen ist identisch und beide nutzen den gleichen Wandler. Die Verbindung zwischen Konsole und UA Apollo läuft über eine Firewire 800 Schnittstelle. Ein Thunderbolt Einschub kann zusätzlich erworben werden. Schaltzentrale ist die Mixer-Software Console. Hier können die UAD Plugins den jeweils vier Inserts zugeordnet werden. Der Vorteil daran ist, dass kein zusätzliches Equipment benötigt wird, da alles in einem System kombiniert ist. In der Grundausstattung verfügt Universal Audio Apollo über eine Emulation des legendären 1176LN, dem LA-2A und dem Pultec EQP-1A. Weitere Plungins können über den eigenen Shop gekauft werden.

Erfahrungen aus der Praxis

Lukas Middelmann, Absolvent der SAE in Köln und Tontechniker im Live-Bereich: „Es gibt sehr viele Hersteller mit unterschiedlichen Konzepten. Herstellerunabhängige Plugin-Hosts sind leider selten. Ich arbeite häufig mit Pulten von Digidesign, in denen eine DSP-Einheit integriert ist und man direkt im Pult auf die Plugins zugreifen kann.“ Lukas weiter: “Man muss sich schon vor einer Tour die Soundfrage stellen und sich Gedanken um ein Pult machen, mit dem der gewünschte Klang erzielt werden kann. Danach kann man die Möglichkeiten abschätzen, die das Pult bietet. Ich nutze in erster Linie die internen Effekte der Pulte und die Plugins als Ergänzung.“ Auf die Frage, ob er sich vorstellen kann, dass Outboard komplett ersetzt wird, antwortet er: „Es ist natürlich auch eine Frage der Liebhaberei. Aber man ist mit dem externen Outboard einfach auf der sicheren Seite, weil man weiß, dass man noch etwas als Backup hat um in gewissen Umständen reagieren zu können. Natürlich ist das ganze auch Abhängig vom Budget und vom verfügbaren Platz im Tour-Bus.“

Der wohl größte Vorteil solcher Systeme

Andy Weiss ist Toningenieur bei der Produktion der zweiten Staffel der Castingshow The Voice of Switzerland. Er nutzt das Waves Multirack über eine MADI-Verbindung mit einem CRESCENDO-Pult der Firma STAGETEC. Für ihn ist die Verknüpfung von Plugin-Server und Pult eine äußerst wichtige Neuerung im Vergleich zur ersten Staffel. Weiss selbst: “Ich kann nun innerhalb des Plug-ins verschiedene Setups speichern und sie später von der Konsole aus laden.“ Die Zeitersparnis, die sich durch diese intelligente Verknüpfung bietet, nutzt Andy Weiss, um sich intensiver mit dem Sound der Songs auseinanderzusetzen.
Weiss weiter: „Erst erstelle ich für jeden der Kandidaten während dem Soundcheck ein Setting, das ich dann zur Aufzeichnung oder den Live-Shows einfach über das Pult aufrufe. Das erleichtert meine Arbeit enorm und beschleunigt außerdem den Wechsel zwischen den einzelnen Kandidaten.“

Fazit

Das Speichern und Laden aller Settings und die Möglichkeit diese über das Pult aufzurufen ist wohl der größte Vorteil dieser Systeme. Bei einer Produktion wie The Voice of Switzerland mit über 80 Kandidaten und mehreren Aufzeichnungen und Live-Shows, sind solche Systeme eine große Unterstützung für den Toningenieur. Allerdings verfügen digitale Konsolen über eigene Effekte und die gleichen Funktionen. Also warum sollte man noch zusätzliche Systeme nutzen? Das positive dieser Debatte ist wohl, dass dabei der Sound im Vordergrund steht. Aus diesem Grund wird sich das Outboard auch nie komplett aus dem Live-Bereich verabschieden. Jeder Toningenieur hat seine eigene Sound-Vorstellung und seine eigene Philosophie, mit der er an die Gestaltung herangeht. Durch einen zusätzlichen Plugin-Host ist man in der Tongestaltung äußerst flexibel und es bleibt jedem selbst überlassen, in welcher Verbindung man die unterschiedliche Techniken miteinander kombiniert. Die Möglichkeiten sind auf jeden Fall vorhanden.

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Marc Bohn - AuthorÜber den Autor:
Marc Bohn ist Systeminformatiker und Absolvent der SAE in Köln – Bachelor of Arts (Hons.) Audio Production. Er arbeitet derzeit als Produzent und Audio Engineer für verschiedene Tonstudios und Labels in Köln. Zudem ist er als freier Mitarbeiter für die SALZBRENNER STAGETEC MEDIAGROUP tätig und schreibt als Press Release Assistant dort Reportagen, Fachmagazinartikel und Pressemeldungen.

Titelbild: Lukas Middelmann

 

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